Auf einem Hausdach werden Solarmodule installiert. Landesregierung von BW will jetzt bei Regierungsgebäuden nachlegen.

Rückstand in BW bei Erneuerbaren Energien

Nach einem Jahr Streit: Grün-Schwarz einigt sich auf Ziele für Solaranlagen auf Landesgebäuden

Stand
Autor/in
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik

Beim Klimaschutz sollte die Landesregierung eigentlich Vorbild sein. Doch bei Solaranlagen und Wärmepumpen bei Landesgebäuden geht es nur schleppend voran. Das soll sich ändern.

Nach einem Jahr zäher Verhandlungen haben sich Grüne und CDU auf das Energie- und Klimaschutzkonzept für Landesgebäude verständigt. Der Plan sieht vor, bis zum Jahr 2030 "alle geeigneten Dachflächen" auf den etwa 8.000 Landesgebäuden mit einer Solaranlage auszustatten, erfuhr der SWR. Die Regierung hinkt beim Bau von Solaranlagen auf den eigenen Dächern hinterher. Bis vor Kurzem waren gerade mal gut 200 von 8.000 Landesgebäuden mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet.

Solaranlagen: Grüne setzen sich bei Ausbauzielen durch

Die grün-schwarze Regierung hat das Konzept schon am Dienstag beschlossen. Darin heißt es: "Der öffentlichen Hand kommt beim Klimaschutz eine besondere Vorbildfunktion zu." Bis zum Jahr 2030 will die Landesverwaltung demnach klimaneutral sein. Zuletzt hatten sich Grüne und CDU noch über die genauen Ausbauziele für Solaranlagen gestritten. Die Christdemokraten drangen auf deutlich ehrgeizigere Ziele, als im Plan von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) vorgesehen. Am Ende setzten sich jedoch die Grünen durch.    

Das bedeutet, dass die PV-Fläche auf Landesliegenschaften bis 2026 bei mindestens 250.000 Quadratmetern liegen solle. Ende 2022 waren aber nur rund 130.000 Quadratmeter sogenannte PV-Modulfläche installiert. Bis 2030 sollen es 600.000 Quadratmeter sein. Die CDU hatte ursprünglich das Doppelte gefordert. Die Grünen machten dem Vernehmen nach jedoch deutlich, dass diese Ausbauziele unrealistisch seien. Hintergrund sei, dass der Bau von Solaranlagen auf bestimmten historischen Gebäuden schwierig sei und auch längst nicht alle Dächer geeignet seien. 

SPD-Fraktion kritisiert Reduzierung des PV-Flächenziels

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch kritisierte, dass die Landesregierung ihre Ziele beim Ausbau für Solaranlagen auf landeseigenen Gebäuden nach unten korrigiert hat. "Die Landesregierung müsste eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen, doch nun kassiert sie einmal mehr eigene Klimaversprechen kleinlaut ein", sagte der Politiker.

Nach Berechnungen des SPD-Klimaexperten Gernot Gruber entspreche das Flächenziel von 600.000 Quadratmetern an PV-Fläche lediglich 1.025 bis 1.200 Solardächern bei insgesamt 8.000 Landesgebäuden. Das seien maximal 15 Prozent aller Landesdächer und "meilenweit" vom Versprechen des Regierungschefs entfernt, sagte Gruber. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe sich im Plenum die Welt grün angemalt und keinen wirklichen Plan für seine unrealistischen Versprechungen vorgelegt.

Die FDP empfiehlt, Dachflächen den PV-Anlagenbetreibern anzubieten, damit diese sie nutzen können. "Das wäre ein sinnvoller Beitrag und würde den Investitionsbedarf auf Landesseite senken", sagte ihr klimapolitischer Sprecher Daniel Karrais.

Bürofläche soll um ein Fünftel reduziert werden

Umstritten zwischen den Ressorts war dem Vernehmen nach auch die Forderung des Finanzministeriums, die Büroflächen bis 2030 um 20 Prozent zu reduzieren. Dabei sollen mehr Beschäftigte von zu Hause arbeiten oder sich im Büro Arbeitsplätze teilen.

Im Konzept heißt es nun, in Zeiten des Personalmangels in der öffentlichen Verwaltung und im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte müsse die Landesverwaltung ein "attraktiver Arbeitgeber" sein. Die Flächenreduktion um 20 Prozent dürfe nicht "zu einer Verminderung der Arbeitsplatzqualität führen und die Aufgabenerledigung nicht gefährden".

Regierung von BW: Wenig konkrete Ziele bei Wärmewende

Das Finanzministerium will auch die Wärmewende in Landesgebäuden voranbringen, nennt hier aber nur teilweise konkrete Ziele. Man wolle "schnellstmöglich" auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung umstellen, heißt es in dem beschlossenen Konzept. "Der Einsatz der Wärmepumpentechnologie wird deutlich verstärkt." Ein genaues Ausbauziel gibt es hier nicht. Auch hier kommt das Land nur langsam voran. Ende vergangenen Jahres gab es in den 8.000 Landesgebäuden nur knapp 50 Wärmepumpen.

Allerdings will das Land bis 2028 auf Heizöl verzichten. Auch Gas soll weitestgehend reduziert werden. "Erdgas zur Wärmeerzeugung wird bei neuen oder zu modernisierenden landeseigenen Anlagen grundsätzlich nicht mehr verwendet, es sei denn, die sichere Energieversorgung kann mit klimafreundlichen Lösungen nachweislich nicht sichergestellt werden."

Klimaneutral bis 2030 nur mit Kompensationszahlungen

Gleichwohl räumt die Regierung ein, dass es nicht möglich sein werde, den in Landesliegenschaften verursachten CO2-Ausstoß bis 2030 auf Null zu senken. "Das liegt an teilweise noch ungelösten technischen Fragen bei der Umstellung auf eine klimaneutrale landeseigene Wärmeversorgung sowie daran, dass etwa 50 Prozent der in Landesgebäuden benötigten Wärmemenge über externe Fernwärmeunternehmen bezogen wird." Zudem seien etwa 20 Prozent der Gebäude für Verwaltung, Kultur und Hochschulen angemietet. "In diesen Fällen hat das Land nur eingeschränkte Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß zu reduzieren."

Trotzdem wolle man an dem Ziel zur "netto-treibhausgasneutralen Landesverwaltung" festhalten. Die Lösung sollen Kompensationsmaßnahmen sein. Wie diese genau aussehen sollen, werde später entschieden. Unter Kompensation versteht man zum Beispiel Zahlungen zur Finanzierung von Treibhausgas mindernden Investitionen, wie etwa Windkraftanlagen in Entwicklungsländern oder Klimaschutzprojekte.

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel hatte zuletzt in der "Südwest Presse" beklagt, auf Landesgebäuden seien so gut wie keine Solaranlagen. "Da müssen wir jetzt liefern. Das Land kann Eigenheimbesitzern nicht etwas vorschreiben, wo es in der eigenen Zuständigkeit nicht vorangeht."

Zuvor hatte er der grünen Forderung nach einer Solar-Pflicht auch für ältere Privatgebäude eine Absage erteilt. "Wir wollen sie nicht", hatte Hagel gesagt. In Baden-Württemberg gibt es bisher eine PV-Pflicht bei Neubauten und Dachsanierungen.

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