Die Anzahl der Straftaten, die in Freibädern in Baden-Württemberg begangen wurden, ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr um fast sechs Prozent zurückgegangen. Das geht aus Zahlen des Landesinnenministeriums hervor, die die AfD-Landtagsfraktion angefragt hat.
Für das Jahr 2023 verzeichnet die polizeiliche Statistik demnach 1.105 Straftaten in Freibädern. Laut Innenministerium liegt die Zahl der Straftaten weiterhin unter den Werten von vor der Pandemie. Nach der Corona-Delle und dem steilen Anstieg 2022 habe sich die Lage nicht mehr verschärft.
Zahl sexueller Belästigungen hat sich verdoppelt
Ein Anstieg ist allerdings bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, also zum Beispiel sexuelle Belästigungen, zu verzeichnen: 76 von diesen wurden 2023 in Freibädern in Baden-Württemberg erfasst, im Jahr zuvor waren es noch 51. Diese Entwicklung sei maßgeblich auf den Anstieg der Fallzahlen im Bereich der sexuellen Belästigung um 17 auf 34 Fälle zurückzuführen, heißt es aus dem Innenministerium. Im Jahr 2019 vor der Corona-Pandemie waren 55 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfasst worden.
Deutlich über dem Niveau von 2019 lagen zuletzt auch die Zahlen bei Rohheitsdelikten und Straftaten gegen die persönliche Freiheit, darunter fallen vor allem Körperverletzungen. Erfasst wurden im Jahr 2023 insgesamt 182 Taten, 2019 waren es noch 159. Die meisten Delikte waren 2023 Diebstähle, nämlich 577 - 2019 waren es mit 751 Taten allerdings noch deutlich mehr.
Schlägereien und Sexualdelikte in Freibädern Kretschmann: Keine Angst vor Schwimmbädern schüren
Auch in Baden-Württemberg gab es diesen Sommer bereits mehrere Zwischenfälle in Freibädern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht aber kein allgemeines Problem.
Die Zahl der erfassten Straftaten in Hallenbädern stieg 2023 im Vergleich zum Vorjahr leicht an. Mit 848 gab es hier jedoch insgesamt weniger Straftaten als in Freibädern. Zugenommen haben auch hier Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (2023: 111, 2019: 89) sowie Rohheitsdelikte (2023: 111, 2019: 79).
Mehr als 60 Prozent der Tatverdächtigen sind Deutsche
In ihrer Anfrage wollte die AfD auch wissen, welche Staatsangehörigkeit die Tatverdächtigen haben. Das Ergebnis: 60,8 Prozent der Tatverdächtigen in Freibädern 2023 hatten einen deutschen Pass, Ausländer waren demnach für knapp 40 Prozent der Straftaten verantwortlich. Von den 240 Ausländern war knapp jeder Vierte (23,3 Prozent) ein Asylbewerber oder Geflüchteter. Die Aufklärungsquote der Taten in Freibädern lag 2023 laut Ministerium bei 44,5 Prozent, in Hallenbädern mit 44,3 Prozent auf fast demselben Niveau.
Sind Bäder in Baden-Württemberg also sichere Orte? Für die Opfer der 1.953 insgesamt erfassten Straftaten waren sie es nicht. Im Verhältnis zu den Besucherzahlen in allen baden-württembergischen Bädern erscheint ihre Zahl jedoch eher gering: Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft öffentliche Bäder Baden-Württemberg, der die größten kommunalen Bäderbetriebe angehören, kamen zwischen Anfang Mai und Mitte September vergangenen Jahres mehr als 4,1 Millionen Besucherinnen und Besucher in die Freibäder.
AfD kritisiert Landesregierung Freibad-Gewalt: Strobl sieht keine Probleme wie in Berlin
Wegen Gewalttaten in Freibädern wirft die AfD der Landesregierung Versagen vor. Innenminister Thomas Strobl betont: Die Anzahl der Straftaten in Freibädern ist im Vergleich zur Zeit vor Corona rückläufig.
Badbetreiber: Hemmschwelle für Aggressionen sinkt
Badbetreiber klagen unter anderem über eine höhere Aggressivität und eine ausgeprägte Bereitschaft, das Personal der Bäder vor allem im Eingangsbereich verbal oder sogar körperlich anzugreifen. "Die Fallzahlen gehen zurück, die Hemmschwelle allerdings auch", sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft öffentliche Bäder Baden-Württemberg, Necdet Mantar. Bereits vor Ausbruch der Pandemie hätten viele Bäder Sicherheitspersonal eingesetzt, nicht zuletzt auch, um das eigene Personal zu entlasten.
Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen spricht angesichts der zunehmenden Pöbeleien und mit Blick auf schlagzeilenträchtige Vorfälle in einigen Bädern von einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen, das sich auch in Bädern abbilde. "Der Respekt der oft jungen Männer nimmt ab. Früher war der Bademeister mal eine Respektsperson. Wenn der gepfiffen hat, war klar, was zu tun ist", sagt Ann-Christin von Kieter von der Gesellschaft für das Badewesen. Ähnliche Erfahrungen machten allerdings auch Polizei- und Lehrkräfte. Oft gehe es da auch um Profilierungssucht und eine sich hochschaukelnde Gruppendynamik, angefeuert durch die sozialen Medien und Videos.
Bademeister-Verband fordert konsequente Bestrafung für Störer
Auch nach den Erfahrungen des Landesverbands Deutscher Schwimmmeister müssen sich Bademeisterinnen und Bademeister immer stärker mit Anfeindungen und Pöbeleien auseinandersetzen. Betroffen seien demzufolge vor allem Freibäder an der Grenze zu Frankreich, die besonders stark von jungen Menschen aus dem Nachbarland besucht würden. "Da werden Anweisungen des Bäderpersonals ignoriert und es gibt kaum noch ein geeignetes Mittel gegen die oft in Gruppen auftretenden Störer", sagt der Landesvorsitzende Edgar Koslowski aus Elzach. Kolleginnen und Kollegen würden gar nicht mehr wahrgenommen, bei Hausverboten werde Verstärkung organisiert und es fehle jedes Verständnis für Strafe. Auch Koslowski sieht die Bäder nur als Spiegelbild: "Die innere Sicherheit im Land spiegelt sich wider in den Freibädern." Er forderte mehr Konsequenz: "Ordnung und Strafe dürfen nicht mehr nur angedroht, sie müssen auch durchgesetzt werden."