Pflegekinder in Hohenlohe

Ohne Mama und Papa - Weihnachten im Kinderdorf

Stand
Autor/in
Eva Röder
Eva Röder

Lucie hat ihr Leben als gut bezahlte Umweltingenieurin aufgegeben, um Kindern zu helfen. Nach ihrer Ausbildung erlebt sie ihr erstes Weihnachtsfest als Kinderdorfmutter.

Fünf Kinder sind schon eingezogen bei Lucie und ihrer Tochter im Kinderdorf in Waldenburg (Hohenlohekreis), drei weitere sollen noch kommen. Das Weihnachtsfest feiert die besondere Familie aber erstmal zu siebt.

Normalerweise ist Lucie nicht alleine für die Kinder verantwortlich. Vier Erzieherinnen und Erzieher helfen ihr - sie arbeiten im Schichtdienst, wohnen aber woanders. Doch Weihnachten will sie es sich mit den Kindern gemütlich machen, alles nehmen, wie es kommt, denn das hat sie schon gelernt: Man kann viel planen im Kinderdorf und es kommt doch anders.

Wir haben Lucie mehrere Monate begleitet, wie nach und nach mehr Kinder einziehen und wie alle damit umgehen. Den Film dazu gibt es hier:

Vom Job in renommiertem Institut zur Kinderdorfmutter

Als Lucie Hopfensack vor einigen Jahren ihren Eltern verkündet, dass sie ihren Job bei einem renommierten Forschungsinstitut hinschmeißen und stattdessen Kinderdorfmutter werden will, sind ihre Eltern zunächst wenig begeistert. Doch Lucie lässt sich nicht beirren und zieht mit Mann und kleiner Tochter von Wuppertal nach Hohenlohe, um ihre Ausbildung zu beginnen. Lucie und ihr Mann trennen sich und sie zieht inzwischen die "Berufung Kinderdorf" alleine durch. Aufzugeben und umzukehren stand für sie nicht zur Debatte.

Ich denke, das Allerwichtigste, was die Kinder brauchen, ist einfach Liebe, Geborgenheit und ein Ort, wo sie sein können.

Und diese Sicherheit bekommen die Kinder nicht, wenn nach den wichtigsten Menschen im Leben des Kindes jetzt auch noch die Kinderdorfmutter aufgibt, sagt Lucie. Auch wenn die Kinder erst seit einigen Monaten bei ihr Leben, ist Lucie zur wichtigsten Bezugsperson geworden. Da fällt es manchen Kindern schwer, zu akzeptieren, wenn sie mal kurz weg muss.

So rennt zum Beispiel einer der Jungs eines Abends in sein Zimmer und knallt die Tür, als Lucie zum Elternabend gehen will. Er schreit: "Du wirst da nicht hingehen." Lucie versucht, ihn zu beruhigen, die Situation zu erklären, doch er schreit weiter: "Dann komme ich mit, ich bleibe hier nicht."

Lucie bekommt von allen Kindern eine Wassermelone gereicht
Lucie Hopfensack wird bald für ihre Tochter und sieben weitere Kinder verantwortlich sein.

Kinderdorf-Team versucht Eltern am Leben der Kinder teilhaben zu lassen

In sein altes Zuhause kann er aber erstmal nicht zurück. Denn ins Kinderdorf kommen Kinder, die dort nicht mehr leben können. Ihre Eltern waren gewalttätig, haben sie vernachlässigt oder sie wurden aus anderen Gründen aus der Familie genommen. Das Jugendamt vermittelt vor allem Kinder ins Dorf, die wahrscheinlich auch dort groß werden.

Trotzdem versucht das Team um Lucie, die Eltern am Leben ihrer Kinder teilhaben zu lassen. So können sie zum Beispiel nach Absprache zu Besuch kommen. Doch auch das klappt mal mehr und mal weniger gut.

Manchen Kindern fehlt ihre leibliche Familie

In der Weihnachtszeit geht es im Kinderdorf zu wie in anderen Familien auch. Es wird gebacken, gebastelt, gesungen. Für manche Kinder ist das nicht selbstverständlich. Deshalb schauen die Kinder auf "das Fest der Liebe und Familie" aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln, sagt Lucie.

Für manche Kinder ist es ja das erste Weihnachtsfest, das dann auch so richtig mal gefeiert wird. Für andere fehlt die richtige, die leibliche Familie schon.

"Ich weiß nicht, wie es dieses Jahr sein wird", fügt Lucie noch hinzu. Vielleicht sind einige Kinder traurig, vielleicht bekommen nicht alle das Geschenk, dass sie sich gewünscht haben - wie in anderen Familien auch. Aber auf eins können sich die Kinder verlassen: Lucie wird da sein.

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