Discounter verlangt "wahre Preise"

Heilbronner Experte: Penny nutzt den "Überraschungseffekt"

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Der Discounter Penny verlangt diese Woche für neun Produkte die "wahren Preise". Laut einem Heilbronner Experten will der Discounter damit auch sein veganes Sortiment anpreisen.

Der Discounter Penny bietet in dieser Woche in allen Märkten in Deutschland neun Produkte zum "wahren Preis" an. Die Kosten durch Umweltschäden, die bei der Produktion der Lebensmittel verursacht werden, sind eingepreist. Der Discounter hat mehr als 300 Filialen in Baden-Württemberg.

Joghurt, Käse und Würstchen sind teurer

Die Penny-Aktion betrifft vier Bio-Produkte (Joghurt, zwei Käsesorten und Würstchen), einen Joghurt aus regionaler Produktion, zwei Käsesorten sowie Würstchen aus konventioneller Produktion und ein veganes Schnitzel. Die prozentual größten Aufschläge ergeben sich für die konventionellen Produkte: Bei Maasdamer-Käse verdoppelt sich der Preis nahezu, für Wiener Würstchen beträgt der Aufschlag ebenfalls 88 Prozent, für Mozzarella-Käse 74 Prozent. Für Bio-Käse und Bio-Würstchen ergeben sich Aufschläge von 69 und 63 Prozent, Bio-Mozzarella wird 49 Prozent teurer. Beim regionalen Joghurt liegt der Preisaufschlag zwischen 38 und 45 Prozent, beim Bio-Joghurt noch bei 31 Prozent. Das vegane Schnitzel wird mit fünf Prozent hingegen kaum teurer.

Konsumenten erwarten drastische Preissteigerungen

Carsten Kortum von der Dualen Hochschule Heilbronn bestätigt, dass es ein paar renommierte Studien von Wissenschaftlern gibt, die eine Basis für die Aufschlagsberechnungen legen. Damit könnten ziemlich genau die zusätzlichen Kosten durch Umweltschäden berechnet werden, so Kortum im SWR-Interview. Jedoch käme es nicht auf den genauen Cent an, sondern darauf, dass den Konsumentinnen und Konsumenten klar gemacht werde, dass drastische Preissteigerungen auf sie zukämen.

Penny arbeitet für die Aktionswoche mit der Technischen Hochschule Nürnberg und der Universität Greifswald zusammen. Die Nachhaltigkeitswissenschaftlerin Amelie Michalke von der Universität Greifswald versicherte, es gehe nicht darum, die "wahren Kosten" unmittelbar für alle Lebensmittel einzuführen. Dazu fehlten die umfassenden wissenschaftlichen Grundlagen. "Wir erhoffen uns einen starken Impuls, damit wir Preise für Lebensmittel in einer anderen und verursachergerechteren Form diskutieren und betrachten", sagte Michalke dem SWR.

Kortum: Penny nutzt Überraschungseffekt

Carsten Kortum glaubt, dass der Discounter Penny mit den Preisgegenüberstellungen den Überraschungseffekt nutze. "Das gelingt eigentlich sehr gut", so der Handelswissenschaftler, denn die Aufmerksamkeit in den Medien sei hoch. Das führe dazu, dass das Thema wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt würde und Konsumenten wieder mehr über das Thema diskutierten, so Kortum weiter.

Auf der anderen Seite handele Penny sicher nicht selbstlos. Kortum ist überzeugt: "Eine Marketingmaßnahme von einem Händler wird immer wirtschaftliche Interessen haben." Im aktuellen Fall wolle der Discounter wahrscheinlich sein veganes Sortiment promoten.

Viele Umweltfaktoren würden bei den Produktpreisen derzeit nicht berücksichtigt, so Kortum. Das ließe sich politisch in der aktuellen Inflationsphase womöglich auch nicht durchsetzen. Dennoch sei der Preis ein Schlüsselfaktor. "Das macht Penny eigentlich ganz gut, weil es gibt schon viele vegane Produkte, die bereits günstiger sind als Fleischprodukte. Wenn der Konsument bei veganen Produkten Geld sparen kann und die dann auch noch schmecken, kann dieser Trend an Fahrt gewinnen", so Kortum weiter.

Umwelt- und Verbraucherschützer loben Aktion

"Die wahren Preise bei Penny machen anschaulich, dass viele Nahrungsmittel ohne Rücksicht auf Umwelt und Klima erzeugt werden", so die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Doch reiche dies nicht aus. Der Aktion im Supermarkt müssten endlich grundlegende Maßnahmen folgen. "Die Supermarktketten sind dabei ebenso in der Pflicht wie die Bundesregierung", sagte der Landwirtschaftsexperte der Organisation, Matthias Lambrecht. Greenpeace schätzt die Umwelt- und Klimaschäden durch die Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten in Deutschland auf rund sechs Milliarden Euro im Jahr.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderten bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur, das Problem der verdeckten Umweltkosten bei der Lebensmittelproduktion müsse endlich konsequent angegangen werden. "Wir halten es für notwendig, dass Produkte zu Preisen verkauft werden, die deutlich näher an ihrem 'wahren Preis' liegen", erklärte der BUND. Dabei müsse jedoch zwingend ein sozialpolitischer Ausgleich für finanziell schwächer gestellte Menschen stattfinden, betonte der Verband.

Kritik von Foodwatch und Bauernverband

An der Preisaktion gibt es jedoch auch Kritik. Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, urteilte: "Die Penny-Aktion zu 'wahren Kosten' ist vor allem ein auf Kosten der Bauern ausgetragenes Greenwashing-Projekt eines Discounters, der sich ansonsten wenig für faire Bepreisung interessiert."

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch sprach von einem reinen PR-Gag. Während Penny für gerade einmal neun seiner Produkte die "wahren Preise" verlange, drücke der Discounter gleichzeitig die Preise für etliche andere klima- und umweltschädliche Lebensmittel wie Fleisch aufs Minimum.

Mehreinnahmen gehen an Klimaschutz

Die Mehreinnahmen will die zur REWE-Gruppe gehörende Kette für ein Projekt zum Klimaschutz und zum Erhalt familiengeführter Bauernhöfe im Alpenraum spenden. Der Händler will mit dem Schritt nach eigenen Angaben mehr Bewusstsein für die Umweltbelastungen durch die Lebensmittelproduktion schaffen.

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