Ablenkung durch Smartphone, Navi und Co.

Hochriskant: Handy und Autofahren - BW-Ministerium will jetzt gegensteuern

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Janey Schumacher
Janey Schumacher

Nachrichten schreiben oder einen Blick auf Social Media werfen - immer mehr Autofahrer in BW sind am Steuer abgelenkt. Ein Unfallrisiko. Das Verkehrsministerium plant Maßnahmen.

Ablenkung beim Autofahren durch Smartphones oder andere elektronische Geräte am Steuer ist ein erhebliches Unfallrisiko. "Inhaltlich treibt uns das Thema so sehr um, dass wir es zum Kernthema unserer Verkehrssicherheitskampagne machen", heißt es aus dem Verkehrsministerium. "Das Handy am Steuer ist heute gefährlicher denn je, weil es längst nicht mehr nur ums Telefonieren geht. Nachrichten, soziale Medien, Navigation und sogar Videostreaming - all das läuft inzwischen über ein einziges Gerät", sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). 

BW: Mehr Unfälle wegen Handy am Steuer

Nach Zahlen des Innenministeriums wurden im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg fast 90.000 Fahrerinnen und Fahrer mit Handy am Steuer erwischt. Fast 4.000 Unfälle geschahen wegen Ablenkung am Steuer. Das sind fast 700 mehr als im Jahr davor. In rund 2.000 Fällen kamen dabei Menschen zu Schaden, 47 starben. Im Jahr davor waren dabei 43 Menschen gestorben. Betrachtet man die tödlichen Unfälle insgesamt, so machten die durch abgelenkte Fahrerinnen und Fahrer verursachten Unfälle im vergangenen Jahr mehr als 13 Prozent aus. "Jede Sekunde, in der die Augen nicht auf der Straße sind, erhöht das Risiko für schwere Unfälle", betonte Hermann. 

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Erst seit einigen Jahren wird "Ablenkung" im Straßenverkehr überhaupt als Unfallursache erfasst - und das Thema gewinnt immer mehr an Bedeutung, wie ein Sprecher des Ulmer Polizeipräsidiums sagt. Laut einer Allianzstudie aus dem Jahr 2023 wird das Risiko für Unfälle dadurch um durchschnittlich 50 Prozent erhöht. 

Die Dunkelziffer ist enorm. Die Allianz schätzte in ihrer Studie die Zahl der Verstöße auf - "defensiv geschätzt" - mindestens eine Milliarde pro Jahr, erfasst wird nur ein sehr kleiner Bruchteil. Weitere Schätzungen gibt es dazu laut den Unfallforschern des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nicht. Jedoch einige Ideen, wie man Ablenkungen minimieren, Autofahrer warnen oder Ablenkungssünder schlicht besser ertappen könnte.

Zwei Punkte in Flensburg - Unfallforscherin für höhere Strafe

Mehr Kontrollen bei Regelverstößen seien vonnöten, sagte Kirstin Zeidler, Leiterin der Unfallforschung im GDV. "Wenn es ein gesetzliches Handyverbot am Steuer gibt, dann muss der Gesetzgeber das auch kontrollieren." Sie spricht sich zudem für eine saftigere Bestrafung aus: Bisher bekommen Handysünder 100 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg aufgebrummt, die Unfallforscherin ist für zwei Punkte. "Das ist unabhängig vom Geldbeutel und hat außerdem einen stärkeren erzieherischen Effekt. Denn der Führerschein wäre dann schneller weg", so Zeidler.

Polizeipräsidien im Land macht jedoch zu schaffen, dass Ablenkung am Steuer durch Handy, Touchscreen-Bedienung, Bordcomputer und Co. schwer nachzuweisen ist. Ohne eindeutige Zeugenaussagen sei das sehr schwierig, sagt ein Sprecher der Polizei Offenburg (Ortenaukreis). Bei schweren Unfällen sollte es der Polizei erlaubt werden, das Handy standardmäßig zu kontrollieren, schlägt daher Unfallforscherin Zeidler vor. Eine gute Möglichkeit könnten auch Ablenkungswarner sein, die ein Signal geben, wenn der Fahrer seine Augen zulange vom Steuer abwendet. 

Autofahren: Mehr Kontrolle durch Kameras

Auch ein Projekt in Rheinland-Pfalz sei vielversprechend: Kameras beobachten dort an einigen Stellen den Verkehrsfluss und erkennen, ob ein Autofahrer am Handy ist. "Das ist nur zu begrüßen", betont Zeidler. Für solche sogenannten Monocams lägen in Baden-Württemberg jedoch die rechtlichen Grundlagen nicht vor, wie eine Sprecherin des Innenministeriums sagt. Man beobachte die Entwicklung im benachbarten Bundesland aber genau. 

Diejenigen, die erwischt werden, reagieren durchaus unterschiedlich: "Einsicht, Verärgerung, Leugnung, Gleichgültigkeit", sagt ein Sprecher der Polizei Offenburg, alles sei dabei. Laut Allianzstudie wird der Griff zum Handy vielfach als eine Art Gewohnheitsrecht betrachtet. Oder man redet sich fantasievoll heraus, sagt eine Sprecherin des Pforzheimer Polizeipräsidiums und nennt als Beispiel die Ausrede eines Mannes, der demnach sagte: "Bei dem Smartphone handelte es sich um den Geldbeutel meiner Frau und mit diesem musste man die Wange wärmen."

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