Das Mosbacher Landgericht

Verfahren wegen Geiselnahme und Missbrauchs

"Life-Coach"-Prozess in Mosbach: Hauptangeklagter zu mehr als elf Jahren Gefängnis verurteilt

Stand
Autor/in
Friederike Kroitzsch
Friederike Kroitzsch
Onlinefassung
Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim

Das Landgericht Mosbach hat einen Mann zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Der 38-Jährige hatte in seinem Haus in Walldürn Frauen festgehalten und missbraucht.

Im Prozess um einen selbst ernannten "Life-Coach" aus Walldürn (Neckar-Odenwald-Kreis) ist der Hauptangeklagte am Montag vom Mosbacher Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von elfeinhalb Jahren verurteilt worden. Sein mitangeklagter Bruder muss drei Jahre ins Gefängnis. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Als "Life-Coach" in Walldürn Frauen angelockt

Der 38-jährige Hauptangeklagte hatte als so genannter "Life-Coach" (Lebenstrainer) seine Angebote dazu genutzt, um Kontakt zu Frauen aufzunehmen, um sie später in seinem Haus in einem Walldürner Ortsteil festzuhalten, zu erniedrigen und immer wieder zu misshandeln.

Frauen manipuliert und vergewaltigt

Der Prozess hat im Februar begonnen und seitdem unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Medien und Besucher waren nur zur Urteilsverkündung zugelassen. Laut Gericht hatte der Mann Kontakt zu Frauen aufgenommen, die bei ihm Trainings und Workshops zur Persönlichkeitsentwicklung gebucht hatten. Was vergleichsweise harmlos begann, entwickelte sich im Laufe der Jahre weiter: Laut Gericht begann der 38-Jährige, Frauen zu manipulieren und zu vergewaltigen. Spätestens seit dem Jahr 2020 waren auch harte Drogen mit im Spiel.

Die ursprüngliche Anklageschrift war 400 DIN A4 Seiten lang; auf 180 Seiten davon ging es um die konkreten Vorwürfe gegen den Mann. Die Anklage lautete auf Geiselnahme, besonders schwere Vergewaltigung und gefährliche Körperverletzung.

Der Hauptangeklagte wurde zu elfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, sein Bruder zu drei Jahren.
Der Hauptangeklagte wurde zu elfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, sein Bruder zu drei Jahren.

Prozess in Mosbach: Bruder als Opfer und Mitangeklagter

Die Taten hatte der jetzt Verurteilte zwischen September 2019 und Oktober 2022 begangen. Dabei hatte er sieben Frauen wiederholt sexuell missbraucht und körperlich schwer misshandelt. Die Opfer erlitten neben psychischen Verletzungen unter anderem Knochenbrüche. Außerdem wurden ihnen Zähne ausgeschlagen. Darüber hinaus hatte der Angeklagte auch seinen eigenen Bruder körperlich misshandelt, der zusammen mit ihm angeklagt war und sich im Prozess wegen Beihilfe zur Geiselnahme und Vergewaltigung verantworten musste.

In diesem Haus soll der Hauptangeklagte Frauen gefangen gehalten und vergewaltigt haben.
In diesem Haus in Walldürn hatte der Hauptangeklagte Frauen gefangen gehalten und vergewaltigt.

Heimlicher Notruf im Haus des "Life-Coachs" in Walldürn

Ein nächtlicher Notruf hatte am 18. Oktober 2022 die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Eine Frau hatte sich aus dem Haus des 38-Jährigen im kleinen Walldürner Ortsteil Altheim per Handy heimlich an eine Freundin gewandt. Diese hatte daraufhin die Polizei alarmiert.

Die Beamten trafen im Haus des Angeklagten vier Frauen an, zunächst galten drei davon als Opfer. Später jedoch zeigte sich schnell, dass der Kreis der möglichen Opfer größer sein könnte.

Selbst ernannter Coach und "Psycho-Trainer"

Der Haupttäter war in den vergangenen Jahren unter anderem als "Life-Coach" tätig, veröffentlichte zahlreiche Videos und veranstaltete Online-Seminare zu verschiedensten Themen. Seine Videos haben im Internet mehrere tausend Aufrufe. In einem seiner Kurz-Videos rät er unglücklichen Menschen: "Lerne, Dich zu kontrollieren!".

Mann wollte Frauen kontrollieren

Die Staatsanwaltschaft war davon überzeugt, dass es dem 38-Jährigen darum gegangen sei, andere zu kontrollieren. Im Laufe der Zeit habe er über seine Coaching-Angebote insbesondere junge, verunsicherte Frauen gesucht und ihnen einen vermeintlichen Halt angeboten. Die Frauen seien dann zu einem sogenannten Boot-Camp, einem Trainingslager, nach Walldürn eingeladen worden. Hier wurde laut Anklage der Widerstand der Frauen "durch verbale Erniedrigungen und routinemäßige schwere Gewalt-Anwendungen" gebrochen, um sie mehrfach sexuell zu missbrauchen.

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