Rückgabe geplant - Interview mit Luigi Toscano

Interview: Rückgabe der Orden als Wertesymbol

Stand
Autor/in
Christian Hauck

Luigi Toscano beschäftigt sich als Fotograf intensiv mit dem Holocaust. Die geplante Rückgabe des Ordens der Bundesrepublik Deutschland begründet er im Interview.

Das Interview führte Christian Hauck

SWR Aktuell: Sie haben angekündigt, nach der Bundestagsabstimmung Ihre Auszeichnung zurückgeben zu wollen. Warum? 

Luigi Toscano: Ich bin einfach entsetzt über diese Entscheidung, dass die CDU mit Hilfe einer teilweise gesichert rechtsextremen Partei dieses positive Abstimmungsergebnis erreicht hat. Und ich bin immer noch sprachlos, denn wo ist die Brandmauer, von der gesprochen worden ist? Wo sind unsere demokratischen Werte, die wir verteidigen wollen? Wo ist es gestern geblieben? Wo sind die Mitglieder des Bundestags, die nicht laut gerade sind, um zu sagen, dass das, was gerade passiert, demokratiegefährdend ist? Deswegen bin ich sehr aufgebracht. Und deswegen habe ich gemeinsam mit dem Holocaust-Überlebenden Albrecht Weinberg die Entscheidung getroffen, dieses Bundesverdienstkreuz, was ja auch symbolisch dafür einsteht, unsere Werte zu verteidigen, zurückzugeben.

SWR Aktuell:  Auch Albrecht Weinberg will sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben. Wie hat er das gestern erlebt?“  

Luigi Toscano: Zunächst einmal habe ich angekündigt, dass ich überlege es zurückzugeben. Und dann hat er es gelesen. Er hat sich dann sofort bei mir gemeldet und hat gemeint "Ich überlege auch gerade das zurückzugeben". Und dann haben wir kurz noch mal telefoniert. Er war genauso aufgebracht wie ich und er tat mir eben leid, weil wissen Sie, er ist ein Holocaust-Überlebender. Und das ist ein noch härterer Schlag ins Gesicht für ihn als Überlebender als für mich. Daraufhin habe ich gesagt "Komm Albrecht wir machen das." Wir stehen dazu, zeigen klare Haltung und klare Kante.  

SWR Aktuell: Wie genau soll die Rückgabe jetzt ablaufen? Wollen Sie und Albrecht Weinberg das noch mit einem öffentlichen Statement verbinden, zum Beispiel gegenüber dem Bundespräsidenten? 

Luigi Toscano: Ja, also im Moment bin ich ja gerade in Polen und damit beschäftigt einer Holocaust-Überlebenden den Ort zu zeigen, an dem sie deportiert worden ist als kleines Kind. Ich muss mich jetzt abstimmen, wie wir das gestalten können. Ich fliege zurück nach Berlin und dann nach Dresden zu meiner Ausstellung. Albrecht und ich werden uns organisieren müssen. Das hatte ich ja noch nie. Es kann sein, dass wir da vielleicht dahin tuckern und es beim Bundespräsidenten in den Briefkasten werfen. Ich weiß es nicht. 

SWR Aktuell: Hintergrund des Unionsantrags waren unter anderem die Anschläge beziehungsweise Angriffe von Männern aus Afghanistan und Syrien in Mannheim, Aschaffenburg und Solingen. Inwieweit haben Sie denn Verständnis dafür, dass sich vor dem Hintergrund viele Leute strengere Migrationsregeln wünschen?“ 

Luigi Toscano:  Ich kann das absolut nachvollziehen, und das ist auch richtig. Wir müssen uns in unserem demokratischen Gebilde auch damit auseinandersetzen. Das ist völlig klar, aber nicht zugunsten einer gesichert rechtsextremen Partei. Ich meine, eigentlich sind es doch kluge und intelligente Menschen, die da im Bundestag sitzen sollten. Dass denen nichts Besseres einfällt, als sich von einer gesichert rechtsextremen Partei Unterstützung zu suchen. Das geht nicht. Da muss es andere Wege geben oder sollte es andere Wege geben. Dass wir ein Problem haben, das ist klar. Und das tue ich auch in keinerlei Weise verniedlichen oder sonstiges. Aber nicht auf diese Art und Weise. Und sowas, das möchte ich ganz klar betonen, ist brandgefährlich. Wir sehen die Situation in den USA, was da passiert ist. Wir sehen es an verschiedenen anderen Ländern in Europa. Und verzeihen Sie mir den Zusatz: Viele Holocaust-Überlebende, mit denen ich in Kontakt bin in den letzten Tagen und Monaten, haben gesagt "Luigi, ähnliches ist genau damals passiert, als Hitler an die Macht gekommen ist."  Und deswegen muss man, verzeihen Sie mir, sein Maul ganz schön weit aufreißen.

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Christian Hauck
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