Extremismus, Antisemitismus und Verschwörungstheorien sind keine neuen Phänomene. Nach Untersuchungen des Verfassungsschutzes vergiften sie aber zunehmend die politische Debatte. In Mannheim haben Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik und der Jüdischen Gemeinde am Donnerstagabend darüber diskutiert, wie sich das konkret in Mannheim auswirkt. Dabei ging es unter anderem um die Mannheimer Erklärung.
Ist die Mannheimer Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt gefährdet?
Die Mannheimer Erklärung wurde 2009 als Bekenntnis der Stadtgesellschaft zu einem respektvollen Zusammenleben in Vielfalt verabschiedet. Bei der Diskussion im Gemeindesaal der Jüdischen Gemeinde wurde allerdings klar, dass um diesen Respekt gerungen werden muss wie vielleicht noch nie zuvor. Nicht unbedingt, weil es mehr Extremismus gebe als früher, aber weil sich die Akzeptanz des Extremen in der Mitte der Gesellschaft ausgebreitet habe, meinte etwa der ehemalige Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). Auch Menschen, die keine extremen oder rechtspopulistischen Meinungen vertreten, nähmen das einfach hin.
Was bedeutet das für die Gruppen, die der Mannheimer Erklärung zugestimmt haben? Wie schafft man es, die Loyalität zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen, Kulturen und Identitäten zu erhalten? Bei der Podiumsdiskussion zeichnete sich ab, dass es auf diese Fragen keine einfachen Antworten gibt.
Boris Weirauch (SPD): "Die Stadt steht vor einer Zerreißprobe"
Der SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch sprach von einer Zerreißprobe, vor der die Stadt stehe, während sich für die Antisemitismusbeauftragte der jüdischen Gemeinde Susanne Benizri bereits ein Scherbenhaufen abzeichnet. Einfache Lösungsvorschläge hatte niemand zur Hand. Ändern könne man diese Atmosphäre nur, indem man Debattenräume offen halte. Und dabei akzeptiere, dass diese Debatten mitunter schmerzvoll seien.
Zu der Veranstaltung, die von der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Deborah Kämper moderiert wurde, waren rund 60 Personen gekommen. Viele von ihnen sind Gemeindemitglieder, die nach dem Podiumsgespräch ihre Sorge vor antisemitischem Extremismus äußerten. Boris Weirauch hatte in einem Anfangsstatement allerdings klargemacht, dass es auch darum gehe, ausländerfeindlichen und linksradikalen Extremismus im Auge zu haben.