Wochenlang und tausende Kilometer weit

88-Jähriger aus Mannheim geht mit Elektro-Dreirad auf Reisen

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Meisoun Belgacem
Meisoun Belgacem

Man ist so alt, wie man sich fühlt - und wie 88 fühlt sich der Mannheimer Claus Polzer nicht. Auf seinem Elektro-Dreirad reist er wochenlang und legt tausende Kilometer zurück.

Seine erste große Fahrt mit dem Elektro-Dreirad ist noch gar nicht so lange her, doch Claus Polzer ist schon wieder auf Achse. Reisen, Neues entdecken, in Bewegung bleiben - für den 88-jährigen Rentner gibt es nichts Schöneres, als mit seinem besonderen Gefährt die Welt zu erkunden.

Mannheimer fährt einmal quer durch Frankreich

"Der Weg ist das Ziel", sagt Claus Polzer und schaut sich die Route an, die ihm bevorsteht. Mit dem Auto ist er am Donnerstagmorgen nach Mülhausen im Elsass gefahren und steigt dort auf sein Elektro-Dreirad um. Einmal Frankreich von Osten nach Westen.

Sein Weg führt ihn entlang des Rhein-Rhône-Kanals und der Flüsse Saône, Doubs und Loire. Ziel: Die Atlantikküste bei Saint-Nazaire, wo die Loire in den Ozean mündet. Drei Wochen wird er für die knapp 1.500 Kilometer brauchen, schätzt Caus Polzer.

88-Jähriger mit Elektrodreirad auf Reisen
Claus Polzer mit seinem liebsten Alltagsbegleiter, dem Elektro-Dreirad

Vom E-Bike zum Elektro-Dreirad

Sportlich und viel unterwegs war Claus Polzer schon immer. Als Zwölfjähriger fährt er an den Wochenenden regelmäßig mit dem Fahrrad von Mannheim nach Mosbach (Neckar-Odenwald-Kreis), als 14-Jähriger sogar bis an die Ostsee – in nur drei Tagen.

Als Erwachsener zieht es ihn oft aufs Wasser. Mit seiner Familie unternimmt er viele Segeltouren auf dem Mittelmeer, zum Beispiel von Mallorca nach Korfu. Auch hoch hinaus geht es – auf den Großglockner, den höchsten Berg Österreichs. Mit 85 läuft der Rentner dann den legendären Jakobsweg. Größtenteils zu Fuß, bevor er auf sein E-Bike umsteigt.

Ich bin immer unterwegs gewesen. Meine Kinder, meine Frau, die können Lieder davon singen: Der will immer raus, der will immer weg.

Und mit dem E-Bike plant er 2021 auch sein neues Abenteuer: Claus Polzer will den Donauradweg fahren, eine Strecke von 1.400 Kilometern. Doch es kommt alles anders. Eine Krebserkrankung und ein Oberschenkelbruch zwingen ihn, eine Pause einzulegen.

Claus Polzer wird wieder gesund. Und wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, bleibt er dran. Vor einigen Monaten kauft er sich ein Elektro-Dreirad. Das Gefährt ist nun sein täglicher Begleiter – nicht nur in Mannheim, sondern auch auf weiten Reisen.

88-Jähriger mit Elektrodreirad auf Reisen
22 Tage lang war Claus Polzer auf dem Donauradweg unterwegs

Erstes Dreirad-Abenteuer: Der Donauradweg

Im Mai konnte Claus Polzer endlich in sein erstes großes Elektro-Dreirad-Abenteuer starten. Von Donaueschingen geht es auf seinem 20 Kilometer pro Stunde schnellen Gefährt bis nach Budapest– am Ende werden es 1.458 Kilometer, die der Rentner in drei Wochen zurücklegt.

Entlang der Donau genießt er nicht nur die Natur, sondern auch die Gespräche mit fremden Menschen. Alle, die den 88-Jährigen auf seinem Dreirad sehen, reagieren positiv und interessiert – und können oft gar nicht glauben, dass Claus Polzer schon auf die 90 zugeht.

Der Kontakt mit anderen Menschen ist das, was mich am meisten erfüllt. Alles, was man mir erzählt, sauge ich auf wie ein Schwamm.

Nicht alles, was er entlang der Donau sieht, ist schön. Der Besuch des Konzentrationslagers Mauthausen in Österreich erschüttert Claus Polzer zutiefst. "Ich habe den großen Krieg ja schließlich noch miterlebt“, sagt er. Doch die meisten Tage seiner Reise kann Claus Polzer genießen. Und meistert alle Herausforderungen, die sich ihm stellen.

Größte Herausforderungen: Akkus, Unterkünfte und Beschilderungen

Ständige Sorge während der 22-tägigen Reise: Halten die beiden Akkus des Elektro-Dreirads immer lange genug, bis Claus Polzer ein Hotel für die Nacht gefunden hat? Denn im Vorfeld hat er nichts gebucht, um so flexibel wie möglich zu sein.

88-Jähriger mit Elektrodreirad auf Reisen
Die Natur zu genießen ist für Claus Polzer immer ein Highlight auf seinen Reisen

Diese Flexibilität ist oft bei den Unterkünften gefragt. Da viele Hotels ausgebucht sind, muss Claus Polzer auch mal in einem umgebauten Eisenbahnwaggon oder in einem Holzhäuschen auf einem Campingplatz übernachten.

Die Beschilderung ist nicht immer klar ersichtlich. Ich bin dann manchmal in die falsche Richtung gefahren. Dann hat mich meine Tochter wieder rausgeholt, die hat mich ja verfolgt, über das Handy.

Standort geht per App an Familie des Mannheimers

Eine Tracking-App, mit der Claus Polzers Tochter Susanne den genauen Standort ihres Vaters abrufen kann, führt den Rentner nicht nur wieder auf den richtigen Weg, sondern beruhigt die Familie zu Hause in Deutschland. Denn wenn der 88-Jährige auf Reisen geht, bleiben die Sorgen nicht aus.

Ja die sagen, bleib zu Hause in deinem Alter. Andere vielleicht, ich nicht. Wenn einer nicht mehr kann, ist es ok. Aber ich kann noch.

Ein Rückweg mit Hindernissen

Der Rückweg von Budapest nach Deutschland ist dann aber schwieriger als erwartet. Der Plan, das Elektro-Dreirad mit der Bahn zurückzubefördern, scheitert. Das Fahrzeug ist dafür ein paar Zentimeter zu lang.

Also nimmt Claus Polzer zunächst allein die Bahn von Budapest nach Donaueschingen, steigt dort in sein geparktes Auto und fährt zurück nach Ungarn. In einer Nacht-und- Nebel-Aktion bringt er sein Elektro-Dreirad zurück nach Hause. Zum Ärger seiner Familie.

Die haben es nicht gewusst. Wenn ich das gesagt hätte, wusste ich, dass das Turbulenzen gibt. Aber es hat alles geklappt, wunderbar.

Nächstes Abenteuer schon in Planung

Die gerade gestartete Reise durch Frankreich wird Claus Polzers letztes großes Abenteuer sein – aber nur für dieses Jahr. Für 2025 hat er schon genaue Pläne. Spätestens im Frühjahr will er mit seinem Elektro-Dreirad den Alpe-Adria-Radweg fahren, von Österreich nach Italien.

Was passiert eigentlich, wenn das Gefährt mal den Geist aufgibt? "Ich bin Premiummitglied beim ADAC, und die haben mir versprochen auch bei diesem Teil zu helfen", sagt der 88-Jährige und lacht.

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