Der Landtag in Baden-Württemberg hat etwas mehr als eine Woche nach dem tödlichen Messerangriff in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) über die innere Sicherheit im Land debattiert. Innenminister Thomas Strobl (CDU) forderte, dass Straftäter je nach Schwere der Straftat konsequent abgeschoben werden müssten. "Wer als Geflüchteter in dem Land, das ihm Schutz gewährt, einen Menschen ermordet und einen weiteren schwer verletzt, der hat sich dafür entschieden, dass er in diesem Land nicht bleiben möchte", so Strobl. Der tödliche Angriff habe viele Menschen im Land erschüttert.
Innenminister von Baden-Württemberg: AfD instrumentalisiert Tat in Illerkirchberg
Strobl warnte jedoch davor, die Tat von Illerkirchberg politisch zu instrumentalisieren. Die AfD-Fraktion hatte den etablierten Parteien zuvor vorgeworfen, Mitschuld an der Gewalttat zu tragen. Der Vorwurf löste bei den anderen Parteien Empörung aus. Auch der CDU-Politiker wies den Vorwurf vehement zurück. Es sei bemerkenswert, wie auf eine "pietätlose, perfide, je geradezu perverse Art und Weise eine solche schlimme Tat politisch instrumentalisiert wird."
Es gebe keine Hinweise auf eine politisch, religiös oder extremistisch motivierte Tat. Die innere Sicherheit im Land sei gewährleistet. "In Baden-Württemberg können unsere Kinder sicher zur Schule gehen", sagte Strobl.
Grüne: Innere Sicherheit durch Rechtsextremen gefährdet
Auch Grüne, FDP und SPD warfen der AfD eine politische Instrumentalisierung der Tat in Illerkirchberg vor. Die innere Sicherheit sei nicht durch Geflüchtete gefährdet, sondern viel mehr durch Rechtsextreme, betonte Daniel Lede Abal (Grüne). Er verwies dabei unter anderem auf die Razzien gegen sogenannte Reichsbürger, die mit militärischen Mitteln einen Umsturz geplant haben sollen. Zu den Tatverdächtigen zählt unter anderem auch die Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann.
Christian Gehring (CDU) betonte, es sei zynisch, dass in diesem Zusammenhang gerade die AfD die Frage nach der inneren Sicherheit stelle. Auch FDP-Abgeordnete Julia Goll bezeichnete den von "Reichsbürgern" und Rechtsextremisten geplanten Angriff auf den Rechtsstaat als "wahre Gefahr für die innere Sicherheit".
SPD kritisiert AfD-Aufmarsch in Illerkirchberg
SPD-Innenexperte Sascha Binder betonte, die AfD instrumentalisiere die Tat für ihre Zwecke, wenn sie in Illerkirchberg eine Demonstration mit 100 Teilnehmern veranstalte. Er zitierte den Bürgermeister von Illerkirchberg, Markus Häußler, der Aufmarsch in einer Gemeinde, die gesamtheitlich trauert, und in der auch die Familie der Opfer leben, sei zutiefst unpassend. "Dem ist nichts hinzuzufügen", so Binder.
Zuvor hatte im Landtag eine Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer der Attacke stattgefunden. "Wir sind erschüttert", sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) zu Beginn der Plenarsitzung. "Es sind unvorstellbare Taten, die uns fassungslos zurücklassen und viele Menschen wütend machen", betonte die Grünen-Politikerin.
Baden-Württemberg Schwerpunkt der Razzien Nach Razzia gegen "Reichsbürger": Weitere Verdächtige in U-Haft
Nach einem deutschlandweiten Polizeieinsatz gegen eine terroristische Vereinigung sind 13 mutmaßliche "Reichsbürger" in Haft. Ein Schwerpunkt der Aktion war in Baden-Württemberg.
Vorfall aus 2019 in Illerkirchberg entfacht Abschiebungsdebatte
Hintergrund der jüngsten Abschiebungsdebatte ist nicht der Fall des getöteten Mädchens allein, sondern die Debatte um einen jungen Afghanen, der in einem Flüchtlingsheim - ebenfalls in Illerkirchberg - mit anderen Männern 2019 ein 14-jähriges Mädchen vergewaltigt hatte. Er war zu einer Haftstrafe verurteilt worden, ist aber mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Justizministerin Marion Gentges (CDU) hatte sich beim Bund dafür eingesetzt, dass der Mann nach Afghanistan abgeschoben wird. Die Bundesregierung hat Abschiebungen nach Afghanistan aufgrund der Sicherheitslage aber ausgesetzt.