Sparauflage wird halbiert

Warmer Geldregen für Haushalt in BW: Grün-Schwarz hat mehr zu verteilen als gedacht

Stand
Autor/in
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik

Von "finanzpolitischer Zeitenwende" war die Rede. Es gebe wegen der miesen Wirtschaftslage kaum noch Geld zu verteilen, sagte Ministerpräsident Kretschmann. Ganz so ist es dann doch nicht.

Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg kann dank eines unerwartet hohen Überschusses aus dem Jahr 2023 und zusätzlicher Einnahmen durch den Zensus deutlich mehr investieren. Wie das Finanzministerium am Montagabend erklärte, haben Grüne und CDU unter dem Strich rund 1,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als noch im Frühjahr von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) geplant

Ärger zwischen Grünen und CDU wegen 1270 neuer Stellen

Das erleichtert die Aufstellung des Haushalts für die Jahre 2025 und 2026 deutlich: So soll die ursprüngliche geplante Sparauflage von einer Milliarde Euro für die Ministerien um 500 Millionen Euro halbiert werden. Und es ermöglicht der Koalition im letzten Etat vor der Landtagswahl 2026 noch weitere Akzente zu setzen. Der Spielraum für neue politische Projekte soll um etwa 300 Millionen Euro auf rund 1,3 Milliarden Euro erhöht werden.

Deshalb wachsen auch die Begehrlichkeiten: Die Ministerien fordern etwa 1.270 neue Stellen - vor allem in der Verwaltung und den Regierungspräsidien. In der Sitzung der Spitzen der grün-schwarzen Koalition in der Haushaltskommission am Montagabend stellte die CDU diese neuen Stellen allerdings infrage. Dagegen wolle man die über 1.000 neuen Lehrerstellen und gut 350 Polizeistellen mittragen. 

Ohne Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der wegen Krankheit nicht teilnehmen konnte, wurde die Sitzung am frühen Abend überraschend vertagt. "Es sind noch eine Reihe von Fragen offen, etwa zu den Mehrbedarfen oder Stellenanforderungen", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Während sich die CDU-Seite nicht äußerte, betonte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz, man wolle sich bei den Investitionen auf Bildung, Sicherheit, Innovationen und Klimaschutz konzentrieren. Die Gespräche sollten noch vor der Sommerpause - etwa Anfang nächster Woche - fortgesetzt werden.

Nicht ausgegebenes Geld wird wieder eingezogen

Die überraschenden Zusatzeinnahmen erklären sich folgendermaßen: Zu Beginn eines Jahres überprüft das Finanzministerium, ob geplante Ausgaben auch tatsächlich getätigt wurden. Wenn zum Beispiel eine Landesstraße nicht gebaut werden konnte, weil die Planung zu lange dauert oder die Arbeiten nicht beginnen konnten, kann das Geld wieder eingezogen werden. Durch dieses Verfahren entstehen sogenannte Reste von Geldern, die auf den nächsten Haushalt übertragen werden können. Dieses Mal summiert sich das laut Finanzministerium auf gut 1,2 Milliarden Euro.

Hinzu kommen noch 300 Millionen Euro, die Baden-Württemberg in den Jahren 2025/2026 mehr aus dem Länderfinanzausgleich erhält, weil es beim jüngsten Zensus gut 600.000 Einwohnerinnen und Einwohner dazugewonnen hat.

Innenministerium weigert sich Sparbeitrag zu liefern

Weil die Steuereinnahmen wegen der lahmenden Wirtschaftsentwicklung deutlich weniger sprudeln als in den vergangenen Jahren, hatte Finanzminister Bayaz im Frühjahr eine Sparauflage von insgesamt einer Milliarde Euro für alle Ministerien vorgesehen. Das Geld sollte teilweise auch dafür verwendet werden, neue Schwerpunkte zu setzen und investieren zu können. Nun sollen 500 Millionen Euro der überraschenden Zusatzeinnahmen dafür verwendet werden, dass die Ministerien weniger sparen müssen.

Die ursprüngliche vereinbarte Sparsumme hatte in den Ministerien denn auch für massiven Unmut gesorgt. Zum Beispiel weigerte sich nach SWR-Informationen das Ressort von Innenminister und Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU), den vorgesehenen Sparbeitrag von rund 100 Millionen Euro zu liefern. Auch die nun geplante Summe von etwa 50 Millionen Euro ist Strobl noch zu viel.

Hohe Investitionen in Sprachförderung und Sicherheitspaket

Der Innenminister sieht demnach nicht ein, warum er auf der einen Seite ein millionenschweres Sicherheitspaket schnüren darf und andererseits sparen soll. Grüne und CDU hatten bisher vereinbart, dass rund 250 Millionen Euro für das Sprachförderpaket in Kitas und Grundschulen fließen soll. Das zuständige Kultusministerium wird von den Grünen geführt, deshalb gibt es im Gegenzug auch einen ähnlichen Betrag für das CDU-Innenministerium. Damit sollen unter anderem der Digitalfunk der Polizei, das neue Gebäude des Landeskriminalamts sowie neue Stellen bei der Polizei finanziert werden.

Damit wären jetzt noch gut 800 Millionen Euro übrig, die noch auf neue politische Projekte verteilt werden können. Strittig ist noch, wie viel Geld Grüne und CDU den Kommunen zugestehen wollen. Klar ist dagegen, dass Bayaz insgesamt 140 Millionen Euro zurücklegen will, um mögliche Ausfälle auszugleichen, die durch Steuerentlastungen der Ampel-Bundesregierung entstehen könnten.

Investitionen in Deutschlandticket und Kliniken

Darüber hinaus sieht sich die Landesregierung auch in der Lage, mithilfe der zusätzlichen Einnahmen mehr gemeinsame Projekte mit dem Bund weiter zu finanzieren. Dieser sogenannte zwangsläufige Mehrbedarf wird von 1,3 Milliarden Euro auf 1,7 Milliarden Euro erhöht. Hier könnte etwa der BW-Beitrag zum Deutschlandticket finanziert werden - oder auch das vom Bund angeschobene Investitionsprogramm für die Krankenhäuser. Aus diesem Topf werden auch Mehrkosten wegen der Inflation gedeckt, etwa wenn die Verpflegung von Häftlingen teurer geworden ist.

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Soll nun der Pensionsfonds trotzdem gekürzt werden?

Die Spitzen von Grünen und CDU um Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) müssen zudem klären, wie sie mit der geplanten Kürzung der regelmäßigen Zahlungen an den Pensionsfonds umgehen. Dadurch wollte die Koalition eine Milliarde Euro für den Haushalt mobilisieren. Das hatte für heftige Kritik vom Beamtenbund und der FDP geführt.

Das Land legt seit gut 15 Jahren zusätzlich Geld für die steigende Zahl der Pensionärinnen und Pensionäre zurück. Ende vergangenen Jahres waren demnach rund 11 Milliarden Euro in dem Fonds. Eigentlich sollten in den Jahren 2025 und 2026 fast 1,7 Milliarden Euro in den Fonds für die derzeit rund 151.000 pensionierte Beamtinnen und Beamte fließen.

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