2023 haben mehr Menschen den BW-Regionalverkehr der Bahn genutzt als noch im Vor-Corona-Jahr 2019. Die gestiegenen Fahrgastzahlen führt die Landesregierung auf das Deutschlandticket zurück. Dennoch gibt es über den Preis des 49-Euro teuren Tickets Diskussionen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) äußerte am Dienstag während der Landespressekonferenz in Stuttgart seine Bedenken. Wenn man ein Ticket "auf so einem langen Weg einführe", könne man das nicht so einfach wieder abschaffen. "Ob es bei diesem Preis bleiben kann, ist eine ganz andere Frage", so Kretschmann.
Nur mit mehr Geld lasse sich die marode Infrastruktur in den Griff kriegen, die etwa aktuell während der Fußball-EM Verspätungen im Bahn-Verkehr verursache. Alle hielten Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Organisationsfähigkeit für deutsche Tugenden, aber: Was die EM-Fans aus dem Ausland teilweise in Sachen Unpünktlichkeit im ÖPNV erlebt hätten, "dass sie gar nicht zu den Spielen kommen, das trägt nicht gerade dazu bei, dass die das mit nach Hause nehmen".
Deutschlandticket: Mehr Fahrgäste im BW-Regionalverkehr
Trotz maroder Infrastruktur, die Fahrgastzahlen hat das Deutschlandticket mancherorts deutlich erhöht. Vor allem auf längeren Strecken zwischen Großstädten gebe es besonders viele neue Fahrgäste, heißt es in einer Antwort des Verkehrsministeriums auf eine gemeinsame Landtagsanfrage der Fraktionen von Grünen und CDU. Grund für den Anstieg der Fahrgastzahlen sei wohl der günstige Preis, so die Vermutung des Ministeriums. Auf kurzen Strecken sei die Nachfrage allerdings nicht so stark gestiegen.
Einige Beispielstrecken im Überblick:
- Linie Karlsruhe-Stuttgart-Aalen: Verdopplung der Fahrgäste zwischen dem ersten und dem zweiten Halbjahr des Jahres 2023
- Strecke von Stuttgart über Ulm nach Friedrichshafen (Bodenseekreis): 35 Prozent mehr Fahrgäste
- Auf der Strecke zwischen Engen (Kreis Konstanz) und Konstanz, dem Seehas: vier Prozent weniger Fahrgäste
- Auf mehreren Strecken rund um Offenburg: fünf Prozent weniger Fahrgäste
- Die Stadtbahn Karlsruhe: sieben Prozent weniger Fahrgäste
49-Euro-Preisgarantie für 2024
Über den Preis des Deutschlandtickets gibt es schon länger Diskussionen und Streit. Bund und Länder subventionieren das Angebot pro Jahr mit jeweils 1,5 Milliarden Euro. Eine Preisgarantie seitens des Bundes und der Länder gibt es nur noch für dieses Jahr. Schon 2025 könnte das Ticket für Nutzerinnen und Nutzer daher teurer werden.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) forderte vom Bund die Einhaltung seiner Finanzierungszusage. Das Ticket sei ein großer Erfolg. "Die Länder haben die Ko-Finanzierung des Tickets zum Preis von 49 Euro zugesagt, unter der Bedingung, dass der Bund seine Finanzierungszusage einhält." Dazu gehöre, dass die nicht benötigten Mittel aus dem Jahr 2023 für 2024 genutzt werden können, so Hermann. Das Kabinett habe die Zusage des Kanzlers dazu bislang nicht eingelöst. "Wenn der Bundesfinanzminister die Restmittel einkassiert und das Kabinett sich weiterhin nicht positiv entscheidet, schaufeln sie am Grab des 49-Euro-Ticket", warnte Hermann.
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Lindner fordert Investitionen
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte am Wochenende die Debatte um eine Preiserhöhung neu angefacht. "Irgendwann muss die Politik entscheiden, ob wir eher in die Schiene investieren wollen oder ob der Preis von 49 Euro bleiben soll", sagte Lindner. Der Schienenbeauftrager der Bundesregierung Michael Theurer (FDP) verwies gegenüber dem SWR auf die Verantwortung der Länder, darunter Baden-Württemberg: "Wir hoffen, dass die Länder jetzt auch alles tun, um dieses Ticket weiterhin zum Erfolg zu bringen. Da könnte noch mehr Tempo stattfinden, also Verkehrsverbünde gerade in BW könnten reduziert, Doppelstrukturen abgebaut werden."
Das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat gibt es seit dem 1. Mai vergangenen Jahres - erhältlich als digital buchbares, monatlich kündbares Abonnement. Unterschiedliche Zonen oder Tarifbereiche können Fahrgästen seitdem egal sein: Es berechtigt bundesweit zur Fahrt in allen Bussen und Bahnen des Nah- und Regionalverkehrs.