Schulen in Baden-Württemberg und Islamunterricht

Auswirkungen des Gaza-Krieges

Trotz Kritik: Kretschmann hält an islamischem Religionsunterricht fest

Stand

Der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann hält nichts von einem Verbot von Islamunterricht in den Schulen. Wichtig sei es aber, eine staatliche Aufsicht zu gewährleisten.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat den islamischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der "Stiftung Sunnitischer Schulrat" verteidigt. Der Unterricht sei akzeptiert und alle seien darüber erfreut, sagte Kretschmann am Dienstag.

"Solange dieser Religionsunterricht unter staatlicher Aufsicht und Ausbildung stattfindet, muss niemand befürchten, dass in diesem Religionsunterricht Dinge vertreten oder propagiert werden, die unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und unseren Werten widersprechen", so der Grünen-Politiker. Ihm sei kein Fall bekannt, in dem das passiert wäre.

Aus Kretschmanns Sicht gibt es derzeit keine Alternative zum praktizierten Stiftungsmodell. "Wenn dieses Modell zerschossen wird, dann gibt es keinen islamischen Religionsunterricht mehr", sagte der Ministerpräsident. Dann werde die religiöse Unterweisung wieder privat stattfinden "in irgendwelchen Hinterhöfen". Darauf werde der Staat dann keinen Einfluss mehr haben.

Kritik an muslimischen Verbänden: Keine Verurteilung der Hamas-Taten

Die "Stiftung Sunnitischer Schulrat" wurde 2019 von der Landesregierung gegründet. Sie ist seitdem in Baden-Württemberg für die Organisation des Islam-Unterrichts zuständig. Partner sind der Landesverband der islamischen Kulturzentren (VIKZ) in Baden-Württemberg und die Islamische Glaubensgemeinschaft der Bosniaken. Nach Angaben des Kultusministeriums wurden im vergangenen Schuljahr gut 8.000 Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg von rund 200 Lehrkräften in islamischer Religionslehre unterrichtet. Das Angebot gibt es an 138 Schulen im Land.

Nach dem Beginn des Gaza-Krieges hatte es scharfe Kritik an der Reaktion muslimischer Verbände gegeben. Diese hätten sich zu spät geäußert und die Taten der Hamas nicht eindeutig genug verurteilt, hieß es.

Als Reaktion darauf hatte etwa Baden-Württembergs Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) gefordert, die Zusammenarbeit der Politik mit muslimischen Verbänden zu überprüfen. "Ich finde, wir müssen uns jetzt ehrlich machen: Wenn wir vieles auf den Prüfstand stellen, dann müssen wir auch die Zusammenarbeit mit diesen Verbänden auf den Prüfstand stellen", sagte Aras vor wenigen Tagen beim Landesparteitag der Grünen.

Aras: Muslimische Verbände müssen sich klar gegen Antisemitismus bekennen

In einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" knüpfte Aras zudem die Fortführung des islamischen Religionsunterrichts an ein klares Bekenntnis gegen Antisemitismus. "Die jetzige Vereinbarung gilt zunächst bis 2024. Jetzt ist also der richtige Zeitpunkt, mit den Verbänden über unsere Forderungen zu sprechen, etwa, dass Antisemitismus zu verurteilen ist", sagte die Landtagspräsidentin den Zeitungen. Wenn das nicht akzeptiert werde, müsse man die Zusammenarbeit mit den Verbänden beenden.

Beim Landesparteitag der Grünen kritisierte Aras die Reaktion einiger Verbände auf den Angriff der Hamas auf Israel. So seien die Stellungnahmen des Zentralrates der Muslime (ZDM) und des Koordinierungsrates der Muslime scheinheilig und relativierend gewesen. "Ich hätte in diesen Statements gerne gelesen und gehört, dass sie den Terror der Hamas verurteilen als das, was es ist: Ein durch nichts zu rechtfertigender, barbarischer Terrorangriff. Das haben diese Verbände nicht gemacht und damit, finde ich, haben sie ihr wahres Gesicht gezeigt", sagte Aras.

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Kretschmann nimmt Verbände in Schutz

Kretschmann nahm die beiden Partner des Landes in Schutz. Die Verbände, die in Baden-Württemberg das Stiftungsmodell tragen, seien an den fragwürdigen Äußerungen nicht beteiligt gewesen, sagte Kretschmann. In einer gemeinsamen Erklärung hatten im Jahr 2022 alle Kirchen und Religionsgemeinschaften, die in Baden-Württemberg am Religionsunterricht beteiligt sind, die Bekämpfung von Antisemitismus als wichtiges Ziel des Religionsunterrichts bezeichnet.

Darin heißt es: "Die den Religionsunterricht an baden-württembergischen Schulen tragenden Kirchen und Religionsgemeinschaften verpflichten sich insbesondere, antisemitische Äußerungen und Handlungen zu thematisieren und allen antisemitischen Haltungen entschieden entgegenzutreten."

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