Auch Özdemir geht AfD hart an

BW-Grünen-Parteitag: Bundeschefin Lang will sich AfD stärker entgegenstellen

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Autor/in
Henning Otte

Beim Landesparteitag der Grünen in Baden-Württemberg wird heiß diskutiert: Es geht um einen härteren Umgang mit der AfD, Solidarität mit Israel und humane Migrationspolitik.

Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang hat eine deutlich stärkere Auseinandersetzung mit der AfD angekündigt. "Wir müssen sie inhaltlich stellen", sagte Lang am Sonntag beim Grünen-Landesparteitag in Weingarten im Kreis Ravensburg. Die AfD stilisiere sich als Partei der kleinen Leute, dabei richte sich ihre Politik gegen diese Menschen. So wolle die Rechtsaußen-Partei das Renteneintrittsalter hochsetzen und die Gewerbesteuer abschaffen, was viele kommunale Leistungen in Gefahr bringen würde. "Die AfD ist eine unsoziale Partei, die dieses Land destabilisieren will und das werden wir nicht zulassen", so Lang. Es sei unverantwortlich, dass die AfD einen Austritt Deutschlands aus der EU und der NATO fordere.

Die AfD ist eine unsoziale Partei, die dieses Land destabilisieren will und das werden wir nicht zulassen.

Lang mahnt: "Demokratie ist unsere kritischste Infrastruktur"

Lang beklagte eine Atmosphäre der Angst im jüngsten Landtagswahlkampf in Bayern. Grüne Wahlkämpfer hätten sich teilweise nicht getraut, auf die Straße zu treten. Die Grünen-Chefin forderte: "Unter Demokraten muss klar sein: Niemand von uns darf Angst haben, für seine Politik einzustehen." Sie appellierte an die "demokratischen Parteien", sich auf drei Dinge im politischen Wettkampf zu einigen: "Respekt, Anstand und Wahrheit." Sie forderte die Grünen auf, trotz des Gegenwinds immer weiter für grüne Werte zu kämpfen. "Unsere Demokratie ist die kritischste Infrastruktur, die wir haben."

Der Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz will die AfD stärker inhaltlich angehen. "Die AfD ist ein trojanisches Pferd. Sie verspricht einfache Lösungen, bringt aber tatsächlich Probleme ins Haus", sagte Schwarz dem SWR.

Beim baden-württembergischen Landesparteitag der Grünen haben die Parteimitglieder am Samstag auch über das richtige Vorgehen in der Asylpolitik diskutiert:

Özdemir kritisiert immer mehr Falschbehauptungen in politischen Debatten

Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ging die AfD hart an. Sie sei eine "Partei mit klar faschistoiden Einstellungen". Im Ukraine-Konflikt gelte deren Loyalität dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er rief die Grünen auf, auch auf unzufriedene Bürgerinnen und Bürger zuzugehen. "Um die müssen wir ringen." Diese Menschen dürften die demokratischen Parteien nicht an die Populisten verlieren. "Auch da kommt es auf uns an."

Er mache sich große Sorgen, "in welcher Gesellschaft meine Kinder aufwachsen". Es werde in der politischen Debatte immer mehr mit Falschbehauptungen hantiert. So habe Uli Hoeneß behauptet, der Landwirtschaftsminister wolle den Zucker im Kaffee verbieten. "Das zeigt, wie sehr die Debatte in Deutschland vor die Hunde gegangen ist." Er appellierte an die eigenen Reihen, bei einer solchen Debatte nicht mitzumachen. Die Aufgabe der Grünen sei der "Brückenbau". Er stellte klar: "Meine Politik ist keine Politik, die den Leuten Vorschriften macht, was sie essen sollen."

Özdemir: "Warum müssen Juden immer daran erinnern, was passiert?"

Auch die Auswirkungen des Terrorangriffs der islamistischen Hamas auf Israel waren Thema des Landesparteitags. Bereits am Samstag gedachten die Grünen in einer Schweigeminute der Opfer. Özdemir forderte von der Mehrheitsgesellschaft in Deutschland mehr Einsatz gegen Judenhass. Meist seien es Jüdinnen und Juden, die nach Angriffen Trauerkundgebungen organisierten. "Warum eigentlich? Warum müssen Juden immer daran erinnern, was passiert? Warum schafft es nicht mal die Mehrheitsgesellschaft? Wo sind wir jetzt gerade? Wo sind unsere Massenkundgebungen?", sagte Özdemir am Sonntag beim Landesparteitag. Özdemir gilt als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Die Gesellschaft müsse sich an die Seite der jüdischen Gemeinde stellen, so Özdemir. Wenn man von der deutschen Staatsräson spreche, sei man jetzt vor allem im Inland gefordert. "Die Staatsräson kann man sich sparen, wenn wir diese Bilder, wie wir sie in Neukölln, in Duisburg und anderswo hatten, nicht unterbinden", sagte der Grünen-Politiker. Dafür müssten geltende Gesetze hart angewendet werden. "Das Verbrennen der (israelischen) Fahne ist verboten. Die Leute, die das machen, müssen bestraft werden. Und zwar mit der ganzen Härte des Gesetzes."

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Grünen-Chefin will "Humanität und Ordnung" in Migrationspolitik

Zur Diskussion um eine Verschärfung der Asylpolitik sagte Ricarda Lang in ihrer Rede: "Wir wollen eine Migrationspolitik der Humanität und Ordnung." Wichtig sei, dass die Empathie mit den Flüchtenden nicht hinten runter falle. Sie attackierte CDU-Chef Friedrich Merz, der im Zusammenhang mit ukrainischen Geflüchteten von "Sozialtourismus" gesprochen habe. Auch seine Behauptung, Asylbewerber ließen sich in Deutschland die Zähne machen und nähmen deutschen Patienten die Termine weg, sei unverantwortlich. "Das hat mit christlicher Nächstenliebe ähnlich viel zu tun wie mit Wirtschaftskompetenz, nämlich gar nichts." Lang sprach sich dafür aus, dass Migranten vom ersten Tag an arbeiten können sollten. "Wer hier lebt, soll seinen Lebensunterhalt selbst verdienen können."

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Die Grünen-Vorsitzende zeigte Verständnis für die Kommunen, die in der Migrationskrise teilweise über ihre Belastungsgrenze hinaus gegangen seien. Sie kündigte an, dass die Grünen sich in der Ampel-Bundesregierung als "Anwälte unserer Kommunen" zeigen werde. Städte und Gemeinden bräuchten deutlich mehr Geld vom Bund, um ihre Aufgaben bei der Aufnahme von Geflüchteten und Migranten zu bewältigen.

Özdemir, der selbst türkische Wurzeln hat, forderte Geflüchtete und Migranten auf, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Sie müssten Deutsch lernen, um am gesellschaftlichen Leben hierzulande teilnehmen zu können. "Wer hier herkommt, muss sich in den Arbeitsmarkt integrieren lassen." Wenn man die Hand ausstrecke, könne man auch erwarten, dass arabische Geflüchtete sagen: "Hamas ist eine Terrororganisation". Wer in Deutschland leben wolle, müsse mit beiden Beinen auf dem Grundgesetz stehen. "Nicht nur mit den Zehenspitzen", so Özdemir.

Leitantrag zur Kommunalwahl vorgestellt

Am Sonntag verabschiedeten die Delegierten auch noch den Leitantrag zur Kommunalwahl im kommenden Jahr. Darin legt die Partei dar, wie in Städten und Gemeinden im Land Klimaschutz aus ihrer Sicht konkret umgesetzt werden kann. Die Grünen-Landeschefin Lena Schwelling kritisierte auf dem Landesparteitag das bisherige Vorgehen bei der Vermeidung von CO2 - das Land komme zu langsam voran, im Verkehrsbereich seien die Emissionen im vergangenen Jahr sogar gestiegen.

Schuld daran ist laut Schwelling auch die CDU, die die Umsetzung der Mobilitätsgarantie im Land verhindere. "So sieht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht aus. Liebe CDU Baden-Württemberg, ihr habt den Koalitionsvertrag unterschrieben und wir erwarten von euch, dass ihr seine Umsetzung nicht länger blockiert.", sagte die Grünen-Politikerin.

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