Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas hat nach Auskunft von BW-Innenminister Thomas Strobl (CDU) wegen zahlreicher Versammlungen und Straftaten in Baden-Württemberg zu einer angespannten Lage geführt. Es sei gut, dass es im Land bislang keine Bilder wie etwa aus Berlin gegeben habe, so Strobl am Montag in Stuttgart. Hass und Hetze hätten sich nicht "unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit" auf den Straßen ausbreiten können. Dennoch bleibe die Lage "freilich angespannt". Der Landesinnenminister sprach von großen Herausforderungen, denen BW in den kommenden Wochen und Monaten gegenüberstehe. Alle seien aufgerufen, antisemitisches Gedankengut "entschlossen zu bekämpfen".
Seit Angriff der Hamas zahlreiche Versammlungen in BW
Seit dem Angriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 seien im Zusammenhang mit der aktuellen Entwicklung im Nahen Osten 89 Versammlungen (Stand: Montag, 23.10.2023) mit rund 13.100 Teilnehmenden bekannt geworden, sagte Strobl. 38 der Versammlungen seien pro-israelisch und 36 pro-palästinensisch gewesen. 15 konnten laut Strobl nicht zweifelsfrei zugeordnet werden, sieben Versammlungen seien verboten worden.
Allein am vergangenen Wochenende fanden demnach 15 Versammlungen mit rund 3.000 Teilnehmenden in Baden-Württemberg statt, die in Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt standen. Vier davon seien pro-israelisch, neun pro-palästinensisch gewesen. Alle Veranstaltungen seien überwiegend friedlich verlaufen.
Nicht immer Videoaufzeichnungen und Dolmetscher Polizei Stuttgart: Keine verbotenen Parolen bei pro-palästinensischen Demos
Bislang hat die Polizei nicht festgestellt, dass bei drei pro-palästinensischen Demos am Wochenende in Stuttgart antisemitische Parolen gerufen worden sind. Man ermittle weiter.
Am Montagnachmittag fand in Freiburg eine weitere Kundgebung statt. Auf dem Augustinerplatz kamen rund 800 Menschen unter dem Motto "Stoppt den Krieg" zusammen. Auf Plakaten wurde unter anderem die Bombardierung des Gaza-Streifens kritisiert. Bis zum Ende der Veranstaltung mit mehreren Redebeiträgen gab es, laut Polizei, keine Zwischenfälle. Zu der angemeldeten Demonstration hatte die Gruppierung "Palästina spricht Freiburg" aufgerufen.
Straftaten überwiegend gegen Israel-Symbole
Außerhalb von Demonstrationen habe es im Zusammenhang mit dem neuen Nahost-Konflikt "Straftaten im hohen zweistelligen Bereich" gegeben, hieß es vom Innenministerium. Hierbei handele es sich überwiegend um die Beschädigung oder das Entfernen von Flaggen des Staates Israels. Mehr als 3.000 Polizistinnen und Polizisten seien bisher im Einsatz gewesen. Laut Strobl sind die Einsatzkräfte auf "problematische und spezifische Lagen" vorbereitet. Die Polizei setze auf fremdsprachenkundige Kräfte. So soll auf strafrechtlich relevante Aussagen oder auf verbotene Symbole und Handzeichen schnell reagiert werden können.
Mehrere Vorfälle in Baden-Württemberg Israel-Fahnen abgerissen, verbrannt und mit Eiern beworfen
Israelfeindliche Aktionen in Baden-Württemberg: In mehreren Städten wurden israelische Flaggen geschändet. Der Zentralrat der Juden befürchtet wachsenden Antisemitismus.
Baden-Württemberg hat Bezug zu Israel und palästinensischen Gebieten
Baden-Württemberg unterhält vielfältige Beziehungen zu Israel, aber auch zu den Palästinensischen Gebieten. Bei den Exporten nach Israel dominieren nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes vom Montag vor allem Maschinenbau, Automobilindustrie und Pharma. Im Gegenzug importiert Baden-Württemberg aus Israel vor allem Erzeugnisse in den Bereichen Chemie, Datenverarbeitung und ebenfalls aus der Pharmaindustrie.
Da die Palästinensischen Gebiete keinen eigenständigen Staat mit souveränen Außengrenzen kennzeichnen, dominiert im palästinensischen Außenhandel die Ein- und Ausfuhr aus und nach Israel. Ebenso müssen Warenlieferungen aus dem Ausland, die für palästinensische Endkunden bestimmt sind, über israelische Häfen beziehungsweise Grenzübergänge eingeführt werden. Sie treten somit in den Statistiken der Exportländer meist als Exporte nach Israel auf.
Im Jahr 2022 lebten in Baden-Württemberg 1.540 Menschen mit israelischer Staatsangehörigkeit und 1.145 Menschen aus den Palästinensischen Gebieten.