Eine Mehrheit der Bundesländer will nach Darstellung von Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) die umstrittene Krankenhausreform vorerst aufhalten. "Wir gehen in den Vermittlungsausschuss", kündigte der Minister am Donnerstagabend in der SWR-Sendung "Zur Sache! Baden-Württemberg" an. Dadurch wolle man das Gesetzesvorhaben weder verzögern noch verhindern. "Wir wollen es besser machen", sagte Lucha.
Die gesamte Sendung vom 24.10.2024:
BW-Landkreise fürchten Minus von 900 Millionen Euro dieses Jahr
Die Krankenhausreform war vergangene Woche vom Bundestag beschlossen worden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will damit den finanziellen Druck auf die Kliniken verringern und durch eine Spezialisierung der Kliniken eine bessere Versorgung für Patientinnen und Patienten erreichen.
Vor allem die unionsgeführten Länder und auch Grün-Schwarz in BW üben schon länger Kritik an verschiedenen Punkten der Reform. Sie wollen die Planungshoheit über ihre Kliniklandschaft behalten und fordern mehr Geld für den Unterhalt der Krankenhäuser, wofür der Bund zuständig ist. Der baden-württembergische Landkreistag weist seit Monaten darauf hin, dass die Kliniken im Land in diesem Jahr ein Minus von 900 Millionen Euro einfahren werden.
SPD BW fürchtet Blockade bis nach der Bundestagswahl
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats. Doch wenn eine Mehrheit der Bundesländer es in den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag schickt, kann es deutlich verzögert werden. Vor allem unionsgeführte Bundesländer wie Bayern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und mehrere Ost-Länder wollen gegen die Reform stimmen.
Florian Wahl, der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, warnte in der Sendung davor, dass die Verzögerung so lange dauern könne, dass das Gesetz vor der Bundestagswahl im September 2025 nicht mehr in Kraft treten könne. Das wäre aus seiner Sicht eine "Katastrophe".
Bettendichte in BW am niedrigsten
Minister Lucha sagte, Baden-Württemberg habe den Konzentrationsprozess bei den Kliniken schon hinter sich - anders als etwa Nordrhein-Westfalen. Die Zahl an Kliniken hat sich in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter verringert. Im Jahr 2000 gab es noch knapp 300 Krankenhäuser. Derzeit sind nach Angaben des Sozialministeriums 199 Krankenhäuser übrig. Die Bettendichte ist hierzulande im Bundesvergleich am niedrigsten. Laut Statistischem Bundesamt kamen in Baden-Württemberg zuletzt 467 Klinikbetten auf 100.000 Menschen, während der bundesweite Schnitt bei 565 lag.
Krankenhausgesellschaft warnt vor weiteren Klinikschließungen
Der Chef der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, Heiner Scheffold, wies erneut auf die schlechte finanzielle Lage vieler Kliniken im Land hin. "Dagegen tut die Reform nichts", sagte Scheffold. Er rechne damit, dass durch die Unterfinanzierung der kalte Strukturwandel weitergehe: Seiner Ansicht nach drohen damit weitere Standortschließungen.
Die Tübinger Ärztin Lisa Federle sieht durch die Krankenhausreform die Versorgungssicherheit auf dem Land langfristig nicht gewährleistet. "Ich glaube, dass wir an die Wand fahren", sagte Federle in der Sendung. Zudem kann die Reform ein wesentliches Problem aus ihrer Sicht nicht lösen: den Mangel an Fachkräften. Man müsse deshalb mehr Mediziner und Pflegekräfte gewinnen. "Die Leute, die auf dem Land sind, die müssen jederzeit das Gefühl haben, ich kann jederzeit zu einem Arzt gehen, der mich auch korrekt versorgt."