BW-Minister Lucha schließt Klage nicht aus

Krankenhausreform kommt: Das bedeutet die Neuerung für BW

Stand
Autor/in
Iris Volk
Onlinefassung
Joana Kerschbaum

Der Bundesrat hat am Freitag grünes Licht für die Krankenhausreform gegeben. Das bedeutet sie für Krankenhäuser und Patientinnen und Patienten in BW.

Dass die Krankenhausreform kommen muss, darüber waren sich Bund, Länder und auch die Kliniken selbst einig. Aber aus Sicht der BW-Landesregierung und der Krankenhäuser hätte es noch Nachbesserungsbedarf am Gesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gegeben - die Nachbesserungen fallen jetzt aber aus. Sechs Länder, darunter Baden-Württemberg und auch Bayern, hatten im Bundesrat für einen Vermittlungsausschuss gestimmt, um Verbesserungen der Reform zu erreichen. Doch sie wurden überstimmt.

Wie steht BW zur Entscheidung des Bundesrats?

Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) teilte mit, man setze darauf, dass die nächste Bundesregierung nach Amtsantritt die nötigen Verbesserungen der Krankenhausreform auf den Weg bringe. Er schließt auch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nicht aus, um die Zuständigkeit der Länder für die Krankenhausstruktur zu klären. Vorerst müsse man aber mit dem Gesetz leben, heißt es in einer ersten Stellungnahme.

Was wollte BW im Vermittlungsausschuss verhandeln?

Baden-Württemberg hält die neuen Vorgaben des Bundes für zu starr, bei der Frage, welches Krankenhaus welche Leistung erbringen darf. Das Land hätte gerne selbst mehr Entscheidungsmöglichkeiten gehabt, zum Beispiel darüber, welche Kliniken vielleicht zusammenarbeiten können, um gemeinsam ein bestimmtes Qualitätslevel zu erreichen. Zudem befürchtet BW finanzielle Nachteile, weil hier im Vergleich zu anderen Bundesländern bereits mit der Zentralisierung von Krankenhäusern - ganz im Sinne der Krankenhausreform - begonnen wurde. Laut Landesregierung richten sich nämlich die Gelder, die künftig für das Vorhalten von Leistungen fließen sollen, nach den bisherigen Fallzahlen. Da diese in Baden-Württemberg aber schon niedrig sind, befürchtet das Land, dass es weniger Geld abbekommt. Das Bundesgesundheitsministerium sieht das allerdings anders. Baden-Württemberg werde, so teilt ein Sprecher mit, durch die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen nicht benachteiligt. Zwar ergebe sich die Vorhaltevergütung aus der Zahl der im Vorjahr im Land stationär behandelten Fälle und einem Indikator für die jeweilige Fallschwere. Sie sei aber von der Anzahl der Krankenhäuser unabhängig und damit auch vom Stand der Zentralisierung.

Was ist mit der Finanzierung der Krankenhäuser?

Noch ein Problem, das vor allem die Krankenhäuser selbst gerne im Zuge der Reform abgeräumt hätten, ist die bisherige Unterfinanzierung. Laut der Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg rechnen die Kliniken im Land für 2024 mit einem Defizit von 900 Millionen Euro. Die Länder haben sich deshalb für eine Überbrückungshilfe aus der Bundeskasse eingesetzt - aber ohne Erfolg.

"Für die Krankenhäuser in Baden-Württemberg ist das ein schlechter Tag", sagte der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und Landrat des Alb-Donau-Kreises, Heiner Scheffold (parteilos), dem SWR. Wegen der geplanten Vorhaltefinanzierung werde der laut Scheffold "kalte Strukturwandel" in den Kliniken in BW fortgesetzt. Er befürchtet stellenweise Kürzungen des medizinischen Angebots oder sogar Abteilungs- oder Klinikschließungen.

Ebenfalls um ihre Finanzierung fürchten die SLK-Kliniken Heilbronn und das Diakoneo Diak Klinikum Schwäbisch Hall. Die SLK-Kliniken hätten sich eine Überarbeitung der Krankenhausreform gewünscht. Das erklärte der Verbund der SLK-Kliniken in einer Mitteilung. Man stehe einer Reform zwar grundsätzlich positiv gegenüber, aber steigende Kosten, die den Klinikverbund jetzt schon vor Herausforderungen stellen, seien in der Reform nicht berücksichtigt, so ein Sprecher. Das Diakoneo Diak Klinikum in Schwäbisch Hall sieht sogar seine Existenz bedroht. Zum nächsten Jahr wird dort voraussichtlich der Träger wechseln. Die Reform bedrohe vor allem freigemeinnützige Träger wie Diakoneo, so eine Sprecherin. Es fehle an kurzfristigen Finanzhilfen und der Möglichkeit, regionale Besonderheiten zu berücksichtigen.

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Wie schwer sind die Auswirkungen dieser Probleme?

Aus Sicht der Patientinnen und Patienten ist positiv: An den Qualitätsstandards dürfen auch die Länder künftig nicht mehr rütteln. Dass die Vorhaltepauschalen niedriger ausfallen könnten, wenn ein Land schon vorgearbeitet hat, wäre ein Nachteil - verständlich, dass Baden-Württemberg da gerne noch nachgebessert hätte. Ein Gang in den Vermittlungsausschuss hätte das Gesetz aber möglicherweise im Ganzen gefährden und damit die Situation der Kliniken im Land noch verschlimmern können. Der Ausgleich des aktuellen Defizits der Kliniken hängt nicht direkt mit der Krankenhausreform zusammen. Den Punkt werden Landes- und Bundespolitik vermutlich unabhängig davon noch weiter besprechen müssen.

Was bedeutet die Reform für den geplanten Klinikverbund Mannheim-Heidelberg?

Die Reform könnte die Chancen für den umstrittenen Klinikverbund Mannheim-Heidelberg deutlich steigern. Das BW-Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hält den Beschluss der Krankenhausreform für eine gute Nachricht für den Klinikverbund. Die Reform enthält nämlich eine Gesetzesänderung, nach der die Möglichkeit besteht, dass nur das Land Baden-Württemberg den Klinikverbund genehmigen muss und nicht das Bundeskartellamt, das den Klinikverbund zuvor wegen Wettbewerbsgründen untersagt hatte. Diese Einwände dürften nun vermutlich keine Gültigkeit mehr haben, so das Ministerium in einer Pressemitteilung.

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Auch die Landtagsabgeordneten Elke Zimmer und Susanne Aschhoff (beide Grüne) aus Mannheim begrüßten in Hinblick auf den Klinikverbund, dass der Bundesrat die Krankenhausreform angenommen hat. Der Klinikverbund sei enorm wichtig für die Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten in der Region und für das Vorantreiben der Forschung. Zudem sorge er auch für den Erhalt der Mannheimer Medizin-Studienplätze, so Zimmer.

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