In Baden-Württemberg haben am Wochenende Tausende Menschen aus Syrien das Ende des Assad-Regimes in ihrer Heimat gefeiert. In der Karlsruher Innenstadt haben am Sonntag rund 300 Menschen gefeiert. Der Bürgermeister von Ostelsheim (Landkreis Calw) Ryyan Alshebl, der vor neun Jahren aus Syrien nach Deutschland geflohen war, freut sich im SWR-Interview über die Entwicklungen in seinem Heimatland.
SWR: Wie geht es Ihnen mit den aktuellen Entwicklungen in Ihrem Heimatland?
Alshebl: Es ist schwierig in Worte zu fassen. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen und alle fünf Minuten aufs Handy geschaut und die Nachrichten verfolgt. Am Morgen dann die Meldung, dass das Assad-Regime endlich vorbei ist. Das war eine große Erleichterung.
SWR: Hatten Sie in der Zwischenzeit Kontakt zu Menschen in Syrien?
Alshebl: Ich hatte hauptsächlich mit meiner Familie vor Ort Kontakt und auch mit der Facebook-Community. Dort gibt es minütlich neue Meldungen. Man möchte irgendwie auch dort sein, um die Dinge hautnah mitzuerleben, aber das ist unmöglich.
SWR: Was bedeuten die Entwicklungen für Sie?
Alshebl: Für meine Generation und die Generation meiner Eltern war ein Syrien ohne Assad inzwischen unvorstellbar. Dass ein Syrien ohne dieses Regime möglich ist, darauf hoffen jetzt alle. Jetzt geht es darum, Syrien neu aufzubauen, demokratisch und mit Chancengleichheit. Ich bin optimistisch, dass das klappt. Die Nacht auf Sonntag hat gezeigt, dass es Hoffnung gibt.
SWR: Seit 9 Jahren sind Sie inzwischen in Deutschland, haben auch die deutsche Staatsbürgerschaft, können Sie sich vorstellen zurückzugehen?
Alshebl: Für mich ist es ein großes Anliegen, Syrien zu besuchen. Und das war bislang nicht möglich. Ich mache mir große Hoffnung, dass ich das im kommenden Sommer machen kann und auch meine Eltern wiederzusehen. Was langfristig sein wird, ist noch vollkommen unklar. Und meine Eltern hoffen, dass sie ihre drei Söhne, die alle ins Ausland geflohen sind, endlich wiedersehen können.
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Ryyan Alshebl floh 2015 aus Syrien nach Deutschland. Seit einem Jahr ist er Bürgermeister im Nordschwarzwald. Und dringt auf eine schärfere Asylpolitik - wie passt das zusammen?
SWR: Was bedeutet der Umsturz für die vielen Geflüchteten aus Syrien?
Alshebl: Es sind so viele Menschen in Deutschland, in Europa allgemein, aber auch vor allem in der Türkei oder Jordanien. Nun ist der Bürgerkrieg vorbei und es geht um die nächsten Schritte. Tatsache ist, dass viele Menschen zurückgehen werden, davon bin ich überzeugt. Viele wollen in die Heimat, um beim Wiederaufbau zu helfen.
SWR: Haben Sie auch Befürchtungen, dass nun Extremisten die Macht übernehmen könnten?
Alshebl: Ich bin optimistisch und ich sehe das auch als gemeinsame Aufgabe. Ich appelliere auch sehr stark an die Politik. Wir müssen auch als Deutsche helfen und unterstützen. Es ist nicht die Zeit sich wegzuducken, sondern die Hand auszustrecken und zu helfen.