Früh am Morgen ist die Luft dick und dampfig im Brennhäusel der de Bortolis in Kraichtal-Unteröwisheim. Die Wände sind gekachelt. Der Fußboden ist blanker Estrich und mitten im Raum steht der kupferne Brennkessel mit der großen, runden Luke. Hier passen 146 Liter Maische, das ist der zum Gären angesetzte Obstbrei, hinein. Die dickflüssige Suppe muss zwei bis drei Stunden köcheln und heraus kommen am Ende etwa sechseinhalb Liter hochprozentiger Schnaps mit 62 bis 63 Volumenprozent Alkohol.
SWR-Reporter Heiner Kunold hat die Schnapsbrenner bei ihrer Arbeit begleitet:
Sohn schon als kleiner Junge mit dabei
Aber das Brennen ist für Vater und Sohn de Bortoli keine Arbeit, eher eine Belohnung, beschreibt Sohn Kai de Bortoli. Seit er ein kleiner Junge ist, hat er immer in der Brennerei geholfen. Mit der Oma zusammen hat er schon die Äpfel aufgelesen, vor über 40 Jahren. Später hat er noch als Jugendlicher die ersten eigenen Zwetschgenbäume gesetzt, weil er schon damals genau wusste, dass er daraus einmal Schnaps machen möchte.
Der 79-jährige Senior Bernhard de Bortoli führt das Kommando für den zweiten Brand und den dicken Schlauch aus dem Maischfass in die Brennkammer des Kupferkessels. Mittlerweile ist es neun Uhr. Zeit für den zweiten von insgesamt sieben Bränden am ersten Brenntag. Am nächsten Tag folgen weitere sieben. Die sind alle beim Zoll angemeldet.
Der Zoll kommt unangemeldet zur Kontrolle
Und der ist auch schon da. Zwei gestrenge Beamte überprüfen, ob alles mit rechten Dingen zu geht. Generell gilt: Wenn gebrannt wird, dürfen die Türen nie zu sein, damit die Kontrolleure jederzeit und unangemeldet vorbeischauen können. Das war schon immer so.
Und auch die Brennmethode hat sich in den vergangenen 50 Jahren kaum verändert. Damit am Ende ein ordentlicher Schnaps in den Blecheimer läuft, müssen die eingemaischten Früchte einwandfrei sein. Fauliges Material liefert schlechten Schnaps.
Schnapsbrennen nach alter Väter-Sitte
Wenn der Brenner nicht aufpasst, wird der Schnaps ungenießbar. Nicht so bei Bernhard de Bortoli. Er beugt sich genießerisch über den kleinen Edelstahlhahn am Auslass und hält kurz die Zunge darunter. Um herauszufinden, ob nach dem Vorlauf endlich der ersehnte Mittellauf kommt.
Der Mittellauf, das ist das Herzstück, erzählt sein Sohn Kai. Und die Zunge ist das feinste Organ. Sie schmeckt gleich, ob da noch Fuselstoffe im Schnaps enthalten sind. Das sind Bestandteile, die den Schnaps unangenehm schmecken lassen. Erst wenn keine mehr kommen, wird der Edelstahleimer für den Mittellauf unter den Hahn gestellt.
Der Rest, also Vor- und Nachlauf, werden nicht weggeschüttet. Sie werden weiter verarbeitet und ergeben später den Grundstoff für Industriealkohol, für die Kosmetikindustrie oder für Spiritus zum Beispiel.
Die Brennereien sterben auch in Kraichtal langsam aus
Die de Bortolis gehören zu den letzten Brennern in Unteröwisheim. Eine Handvoll gibt es noch, die meisten weit über 60 Jahre alt. Ihr Problem: Sie finden keine Nachfolger, denn viele Junge interessieren sich nicht mehr für das Schnapsbrennen. Vielleicht, weil weniger Hochprozentiges getrunken wird?
Ganz bestimmt aber, weil es eine harte und mühevolle Arbeit ist. Die de Bortolis haben mehr Glück: Vater Bernhard und sein Sohn Kai schauen stolz auf die nächste Generation. Das ist der 17-jährige Enkel Jonas. Der macht gerade eine Ausbildung zum Winzer und das Brennen wird er wohl auch irgendwann übernehmen.