Zwei Fans des Fußball-Zweitligisten Karlsruher SC sind am Donnerstag wegen einer Pyroaktion im Wildparkstadion zu Bewährungs- und Geldstrafen sowie einem Stadionverbot verurteilt worden. Beim Heimspiel gegen den FC St. Pauli im Herbst 2022 waren mehrere Menschen teilweise schwer verletzt worden. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 9.500 Menschen auf der Südtribüne des Stadions, darunter viele Kinder und Jugendliche.
SWR-Reporterin Louisa Guy hat die Verhandlung vor dem Amtsgericht Karlsruhe verfolgt:
Bewährungsstrafe, Geldstrafe und Stadionverbot für zwei KSC-Fans
Einer der beiden Angeklagten wurde in der Verhandlung vor dem Karlsruher Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ein zweiter zu zehn Monaten verurteilt. Beide Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Die beiden müssen jeweils eine Geldstrafe im Höhe von 5.000 Euro bezahlen. Außerdem wurde für die zwei Männer ein einjähriges Stadionverbot ausgesprochen.
Verletzte nach "Jubiläumsfeier" von Fans im Wildparkstadion
Den beiden Männern wurde vorgeworfen, zusammen mit anderen Mitgliedern einer KSC-Ultra-Fangruppe im Wildparkstadion die Aktion durchgeführt oder vorbereitet zu haben. Laut Staatsanwaltschaft war kurz vor dem Spiel des KSC gegen den FC St. Pauli am 12. November 2022 eine Choreografie zum zwanzigsten Bestehen der Ultra-Fangruppe geplant. Dabei wurden Bengalos, Rauchtöpfe und Böller gezündet.
Mindestens elf Personen wurden durch den massiven Rauch im Stadion verletzt, darunter ein Kind. Eine Person erlitt laut Staatsanwaltschaft einen bleibenden Lungenschaden. Stadionbesucherinnen und Besucher klagten über Atemprobleme, Augenbrennen, starke Hustenanfälle, Halskratzen, Kopfschmerzen und Übelkeit.
Zeugen schildern dramatische Szenen aus dem Stadion
Bei dem Prozess am Amtsgericht hat ein Polizeibeamter ausgesagt, dass die Zahl der Verletzten höher als elf hätte gewesen sein müssen, weil die Rauchentwicklung so stark gewesen sei. Nicht alle hätten sich anschließend bei der Polizei gemeldet, so der Beamte vor Gericht. Er schilderte außerdem dramatische Szenen, die sich auf der Damentoilette abgespielt hätten. Jede Kabine sei besetzt gewesen mit jemandem, der sich übergeben habe.
Ein weiterer Zeuge, der Hauptkommissar, der die Ermittlungen durchgeführt hat, sagte vor Gericht, dass er "in 20 Jahren Erfahrung solche Ausmaße noch nicht gesehen hat." Es sei dem Zufall zu verdanken, dass es nicht zu einer Panik gekommen sei.
Chatverläufe von KSC-Fans ausgewertet
Die Polizei hat Chatverläufe der Ultras ausgewertet, die Informationen zur Planung der Aktion enthielten. Allerdings sei dort der Konsens gewesen, dass alles Brisante nur persönlich geklärt würde, so der Hauptkommissar. In den Chatverläufen sei schon lange vorher klar gewesen, dass Pyrotechnik angewandt werden soll.
Durchsuchungsaktion gegen KSC-Ultras im Januar 2023
Bei einer Durchsuchungsaktion im Januar 2023 hatten Ermittler in 25 Wohnungen im Stadt- und Landkreis Karlsruhe, aber auch in Heidelberg und Baden-Baden Pyrotechnik und Vermummungsmaterial sichergestellt. Daraufhin wurden mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Gegen Mitarbeiter des Karlsruher Fanprojekts wurde in diesem Zusammenhang wegen Strafvereitelung ermittelt, gegen sie wurden Geldstrafen verhängt. Sie hatten sich geweigert, in Verhören Namen der Verantwortlichen der Pyroaktion zu nennen.
Pyro- und Vermummungsmaterialien gefunden Pyrotechnik bei KSC-Spiel: Polizei stellt Beweismittel sicher
Im November hatten KSC-Fans im Wildparkstadion verbotene Pyrotechnik gezündet. Nun haben Polizei und Staatsanwaltschaft Karlsruhe mehrere Wohnungen von Verdächtigen durchsucht.
Mehr als 20 Verfahren gegen KSC-Fans vor dem Amtsgericht
Weitere Verhandlungen werden folgen. Beim Amtsgericht Karlsruhe liegen mehr als 20 Verfahren gegen Mitglieder oder Unterstützer der Ultra-Fangruppe des KSC im Zusammenhang mit dem Pyroskandal vor. Laut Gericht werden in den kommenden Monaten die Verhandlungstermine festgelegt.
Nach wie vor ist nicht geklärt, wie die große Menge an Pyromaterial trotz Sicherheitsvorkehrungen ins Karlsruher Wildparkstadion gelangen konnte.