An insgesamt 20 Orten im gesamten Nordschwarzwald soll es von Juli bis September Ausstellungen, Aktionen und Kunst im öffentlichen Raum geben. Die Ornamenta will sich auf künstlerische Weise mit fünf großen Zukunftsthemen beschäftigen. Themen wie Umwelt, technologischer Fortschritt oder künftige Lebensformen. Für sie stehen symbolisch fünf Themengemeinden - mit Namen wie "Inhalatorium", "Bad Databrunn" oder "Zum Eros".
Kulturförderung Meinung: Ornamenta in Pforzheim: Elitäres Projekt statt Kultur für alle
Die Ornamenta in Pforzheim soll Kultur in der Region fördern. Das Projekt entwickelt sich aber zu einer elitären Veranstaltung, befürchtet Reporterin Annika Jost.
Abstrakte Begriffe, mit denen sich viele Menschen in Pforzheim bislang jedoch eher schwertun. Wer sich in der Stadt umhört, erntet beim Stichwort Ornamenta meist ein ahnungsloses Schulterzucken. Daran änderte die Vorstellung des Konzepts im vergangenen September ebenso wenig wie diverse Veranstaltungen, die folgten. Eine Gala im Pforzheimer Hauptbahnhof etwa, auf der unter anderem eine Künstlerin bei einer provokanten Kunstaktion eine Schaufensterscheibe abschleckte.
Ornamenta: Kritik an Verschwendung von Steuergeldern
Seither reißt die Kritik an der Ornamenta nicht mehr ab. Kritiker sprechen von einem "Eliteprojekt" oder kritisieren, dass noch immer kein vollständiges Programm vorliege. Auch im Pforzheimer Gemeinderat wird die Ornamenta zunehmend mit Skepsis betrachtet. Zu den schärfsten Kritikern gehört FDP-Stadtrat Hans-Ulrich Rülke. Den Machern sei es bis heute nicht gelungen, dem Bürger die Ornamenta zu erklären, so Rülke, der unter anderem auch Fraktionschef der FDP im baden-württembergischen Landtag ist.
Auch immer mehr Angehörige anderer Fraktionen im Pforzheimer Gemeinderat befürchten inzwischen, das Ereignis könnte ein Flop werden.
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3,8 Millionen Euro wird die Ornamenta kosten. Das Geld kommt je zur Hälfte von der Stadt Pforzheim und Sponsoren. Geld, das man besser für wichtigere Projekte hätte ausgeben sollen, hört man bereits vereinzelt aus dem Gemeinderat. Dem widerspricht der parteilose Stadtrat Andreas Sarow vehement.
Er hält Kultur grundsätzlich auch für Wirtschaftsförderung. Gleichwohl findet Sarow es bedenklich, dass es bislang nicht gelungen sei, die Bürger mitzunehmen. Die Gratwanderung, Kultur mit überregionaler Strahlkraft zu schaffen und gleichzeitig die Menschen niederschwellig zu erreichen, sei nicht gelungen, stellt er ernüchtert fest.
Ornamenta-Chef hält Erwartungen für überzogen
Ornamenta-Geschäftsführer Christian Saalfrank kann viele der Kritikpunkte nicht nachvollziehen. Das Ereignis werde schlechtgeredet, bevor es überhaupt stattfinde, moniert er. Vor allem den Vorwurf des noch immer fehlenden Programms weist er zurück. Die Künstler, die Ausstellungsorte, die Themen, die Kunstwerke und Aktionen im öffentlichen Raum – alles stehe fest und werde bei der Programmvorstellung am 25. April im Detail präsentiert. Womöglich gebe es aber überzogene Erwartungen, mutmaßt Saalfrank.
Bislang mehr Begeisterung außerhalb Pforzheims
In Amsterdam und Paris, in Basel und Berlin habe er die Ornamenta vorgestellt, so Christian Saalfrank. Überall sei er auf großes Interesse gestoßen. Und wenn er dann nach Pforzheim zurückkomme, höre er nur: Was macht ihr da eigentlich?
Außerhalb Pforzheims sei das ganz anders, stellt Saalfrank fest. Etwa kürzlich in Nagold (Kreis Calw), wo ein begeisterter Gemeinderat mit großer Mehrheit Ornamenta-Projekte beschlossen habe.
Auch im Schwarzwaldstädtchen ist ein Projekt der Themengemeinde "Zum Eros" geplant. Im Apothekergarten in Nagold soll ein aphrodisierender Garten entstehen.
Fast alle Kunst exklusiv für Ornamenta geschaffen
Viele wollten am liebsten jetzt schon sehen, was da ab Juli passiere. Aber das sei schlicht nicht möglich, sagt Christian Saalfrank. Denn fast alle Kunstwerke würden exklusiv für die Ornamenta produziert. Doch bis zur Eröffnung am 5. Juli werde alles fertig sein, verspricht er. Dann dürfe man riechen, schmecken, fühlen und erleben.
Die Besucher könnten sich 13 Wochen lang auf eine Ausstellungsroute begeben, beschreibt Willem Schenk vom dreiköpfigen Kuratorenteam das Ornamenta-Konzept. In den Pforzheimer Wildpark zum Beispiel, wo eine von fünf Gruppenausstellungen stattfinden soll. Hier gehe es um neue Formen von Liebe und Beziehungen – nicht nur zu Menschen, auch zu Tieren, Objekten oder der Natur. Dort arbeiteten die Künstler auch mit ansässigen Schmuckfirmen zusammen, so Schenk.
Kunstwerke im öffentlichen Raum sollen bleiben
Für die Themengemeinde "Schmutzige Ecke" – hier geht es unter anderem um Nachhaltigkeit - soll aus Überresten abgerissener Gebäude ein Park in Mühlacker (Enzkreis) entstehen. Die Gemeinde Solartal präsentiert in Calw Sonnenuhren für Bürogebäude. Und in der Themengemeinde "Inhalatorium" beschäftigen sich junge Künstler im Schmuckmuseum mit dem Thema Luft.
Viele Kunstwerke im öffentlichen Raum sollen nach der Ornamenta bestehen bleiben – etwa ein künstlicher Regenbogen über der Enz in Pforzheim, an dem die Künstlerin Veronika Selmaier seit zwei Jahren arbeitet.
Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) glaubt, dass das Interesse für die Ornamenta in den kommenden Wochen stetig wachsen werde – trotz aller kritischer Stimmen im Vorfeld. Diese habe es auch vor der ersten Ornamenta im Jahr 1989 gegeben, so Boch. Danach hätten es alle großartig gefunden.
Die Ornamenta 2024 werde für jeden etwas bieten, verspricht Organisator Christian Saalfrank. Dem ausgesprochenen Kunstkenner ebenso wie dem Museumsmuffel. Sie werde ein Ereignis für alle Sinne werden und Lust darauf machen, Kunst neu zu erfahren und zu begreifen.