In Pforzheim kommt keiner daran vorbei: große Werbeplakate an den Einfallstraßen, unübersehbar über die Fußgängerzone gespannte Banner machen reichlich Werbung für den Besuchermagneten dieses Spätsommers: das Oechslefest. Und die Ornamenta? Die muss man suchen. Die muss man sich richtiggehend erarbeiten, im Internet nach Orten und Zeiten forschen – und dann wird man tatsächlich auch fündig.
Skulptur "Haug" am Inselsteg in Pforzheim
So mache ich mich an diesem Freitagmorgen auf und steuere zuerst den Inselsteg an, eine kleine Brücke über der Enz. Dort, am Enzufer, begegne ich der Skulptur "Haug", die morgens und abends einen künstlichen Regenbogen über den Fluss zaubert. Genau fünf Besucher zähle ich – und alle sind begeistert von dem farbenprächtigen Schauspiel.
Vom restlichen Ornamenta-Programm hätten sie noch nichts gesehen, erzählt mir ein Ehepaar. Da hätten sie noch Nachholbedarf. Vor allem die Dauerausstellungen wollen sich die beiden noch anschauen. Wie etwa die im Wildpark, die zur sogenannten Themengemeinde "Zum Eros" gehört. Sie sei dort ab und zu als Aufsicht tätig, erzählt mir eine der Zuschauerinnen auf dem Inselsteg. Und bedauert, dass noch immer viel zu wenige Besucher kämen. Doch langsam würden die Zahlen steigen.
Neue Formen von Beziehungen, Liebe und Zuneigung könnten auf der interaktiven Ausstellung im Wildpark ausprobiert werden, heißt es auf der Ornamenta-Homepage. Das hätte ich mir gerne mal angeschaut. Doch Pustekuchen: "Geschlossene Gesellschaft" steht auf einem Schild an der verschlossenen Tür des "Ewald-Steinle-Hauses". Keine Entschuldigung, keine Erklärung. Also auf zum nächsten Ausstellungsort.
Ausstellungen ganz für mich alleine
Dieser liegt, etwas versteckt, am anderen Ende der Stadt im Ortsteil Arlinger. Für auswärtige Besucher ohne Navi schwer zu finden. Gerne hätte ich auch dort Besucher über ihre ersten Eindrücke befragt, nur: Es gab keine. Auch nach einigem Warten nicht. So konnte ich mir in der Matthäuskirche ganz allein den aus Hopfen und Knöterich hergestellten Kräuter-Drink "Knötti" munden lassen, der "neue Impulse für eine neue Verbindung zwischen der Deutschen Trinkkultur und einem sich wandelnden Ökosystem" setzen soll, wie das ausgelegte Info-Blatt aufklärt. Aha.
Tatsächlich sind viele der Ornamenta-Projekte dem Betrachter nicht sofort zugänglich. Man muss sich schon informieren, auch mal etwas nachlesen. Ohne Erklärung gehe nichts, berichtet mir eine Mitarbeiterin. Erst mit ihrer Hilfe könnten viele Besucher etwas mit den Kunstwerken anfangen.
Besucher kritisieren: zu wenig Information, zu unübersichtlich
Das gilt auch für den nächsten Ort meines Besuchs auf der Ornamenta. Im sonnigen Innenhof des Reuchlinhauses können Besucher unter einem riesigen Sonnensegel einen Solar-Salon besuchen und sich mit dem Thema "Sonne als alle Menschen verbindendes Element" beschäftigen. So wie die beiden Frauen, die ich als einzige Besucherinnen antreffe. Man müsse sich erst hereinfinden, gestehen sie. Interessante Objekte zeige die Ornamenta, aber die müsse man erst mal finden. Wann was wo stattfinde, müsse man sich als Besucher mühsam zusammensuchen.
Macher der Ornamenta wollen jetzt nachbessern
Die Ornamenta 2024 in Pforzheim – auch nach der ersten Halbzeit bleibt sie eine Herausforderung, so mein Eindruck. Immerhin heißt es von der Ornamenta-Leitung: Problem erkannt. Ein neuer Flyer und eine Info-Hütte in der Pforzheimer Fußgängerzone sollen den Besuchern bei der Orientierung helfen. Mit Rundfunkwerbung und umfangreicher Plakatierung will man auch bei der Werbung noch mal Gas geben.
Was zwingend nötig erscheint. Denn mit gerade mal rund 9.000 Besucherinnen und Besuchern zur Halbzeit blieb man bislang weit hinter den Erwartungen zurück. Da nützt es auch nichts, wenn Ornamenta-Chef Christian Saalfrank stolz vom breiten internationalen Interesse an der Veranstaltung erzählt – und von vielen berichtenden Medien, von der taz bis zur Washington Post.
Sie alle schreiben übereinstimmend von mutigen und innovativen Kunstprojekten. Von den Sonnenuhren, dem künstlichem Regenbogen, der flüssigen Schwarzwälder Kirschtorte, dem aus Recyclingmaterial geschaffenen Ziegelgarten in Mühlacker und dem aphrodisierenden Garten in Nagold. Spannende Geschichten, zweifellos, wenn man denn zu ihnen findet.
Kunstschau zwischen Pforzheim und Freudenstadt Ornamenta 2024 – Der Nordschwarzwald als Ort für Kunst und Design
Die Ornamenta 2024 präsentiert an über 20 Orten in der Region Pforzheim und Nordschwarzwald zeitgenössische Kunst von regionalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern.