Investor Gröner steigt aus

Hinterzimmerpolitik in Karlsruhe? Kritik nach geplatztem Majolika-Deal

Stand
Autor/in
Rebekka Plies
Ein Bild von Rebekka Plies
Mathias Zurawski
Mathias Zurawski

Durch den Einstieg des Immobilieninvestors Gröner schien die Keramikmanufaktur Majolika in Karlsruhe gerettet. Nun wird der Betrieb Ende Mai geschlossen. Es gibt scharfe Kritik.

Die Übernahme durch den Investor Gröner Family Office GmbH im September 2022 sollte die Rettung für die traditionsreiche, seit Jahren kriselnde Majolika Manufaktur in Karlsruhe bringen. Doch nun sind die Verhandlungen nach Unternehmensangaben gescheitert. Gröner bestätigte gegenüber dem SWR, dass der Betrieb Ende Mai eingestellt werden soll. Die Stadt habe seit Ende April davon Kenntnis, dass Gröner den Geschäftsbetrieb einstellen wolle, so die Stadt am Montag auf SWR-Anfrage.

Das sei auch Folge fehlender Transparenz und Hinterzimmerpolitik im Rathaus, sagen Kritiker.

Gröners Bedingung nicht erfüllt - Investor zieht sich zurück

Viele im Karlsruher Gemeinderat waren von Beginn an skeptisch. Jetzt zieht sich Gröner Family Office aus dem Projekt Majolika zurück, weil sich im Gemeinderat keine Mehrheit für eine Übergabe des Grundstücks durch Erbpacht an den Investor abzeichnete.

Der Kauf des Grundstücks war eine von Gröners Bedingungen für den Weiterbetrieb der Manufaktur. Nur so hätte der defizitäre Geschäftsbetrieb über eine Querfinanzierung bei der Vermietung dauerhaft aufrechterhalten werden können, so der Investor in einer Mitteilung. Das Unternehmen will über bereits investierte 600.000 Euro hinaus keine weiteren Mittel für die Majolika zur Verfügung stellen.

Die Karlsruher Keramikmanufaktur Majolika steht erneut vor einer unsicheren Zukunft
Die Karlsruher Keramikmanufaktur Majolika steht erneut vor einer unsicheren Zukunft

Die Stadt steht nach einer mehr als eineinhalbjährigen Hängepartie erneut vor einem Scherbenhaufen.

Damit ist wohl die Schließung dieses außergewöhnlichen Kulturgutes unvermeidbar.

Der Rückschlag für die Entwicklung des Karlsruher Prestigeobjekts ist das Eine. Das Andere ist die Art und Weise, wie Ein- und Ausstieg des Investors zustande kamen. Hier sei nicht mit offenen Karten gespielt worden, kritisiert die FDP-Gemeinderatsfraktion. Es sei von Anfang an ein Fehler gewesen, den Gemeinderat in Sachen Majolika nicht einzubeziehen, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Thomas Hock.

Das war definitiv Hinterzimmerpolitik, von Anfang an!

Karlsruher Stadträte kritisieren fehlende Transparenz und Information

Auch Friedemann Kalmbach, langjähriger Stadtrat der Fraktion FÜR Karlsruhe, spricht im Zusammenhang mit dem geplatzten Majolika-Deal von mangelnder Transparenz. Entscheidende Punkte seien im kleinen Kreis zwischen Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD), Investor Christoph Gröner und Kulturbürgermeister Albert Käuflein (CDU) besprochen worden. Er als Stadtrat habe sich nicht gut informiert gefühlt, so Kalmbach gegenüber dem SWR. Auch der Geschäftsführer der Fraktion Die Linke, Wolfgang Opferkuch, spricht von offener Einflussnahme für Gröner durch Bürgermeister Käuflein und Oberbürgermeister Mentrup.

Wenn wir Entscheidungen treffen müssen, brauchen wir Informationen!

Renate Rastätter von den Grünen, seit Jahren mit dem Thema Majolika befasst, hält die Vorgehensweise von Stadt und Oberbürgermeister dagegen für richtig. Man könne schließlich nicht jedes Detail der Verhandlungen in der Öffentlichkeit diskutieren, so die Stadträtin der größten Fraktion im Gemeinderat. Sie betont im Gespräch mit dem SWR, dass ihre Fraktion immer gegen den Einstieg von Gröner bei der Majolika gewesen sei.

Die Linke sieht Intransparenz im großen Stil und will dagegen vorgehen

Die Linke im Karlsruher Gemeinderat geht mit ihrer Kritik noch weiter. Man sehe die Hinterzimmerpolitik bei vielen großen Projekten, beispielsweise auch beim weiterhin nicht bebauten C-Areal in der Karlsruher Nordstadt, so Fraktionsgeschäftsführer Wolfgang Opferkuch.

Karlsruhe

Investoren mit besten Verbindungen zur Politik Warten auf 1.000 Wohnungen: Bauprojekt in Karlsruhe wird endlose Geschichte

Überall fehlen bezahlbare Wohnungen. Auch in Karlsruhe. Doch große und wichtige Bauprojekte stehen auf der Kippe. Die Verantwortlichen sind oft dieselben.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Die Fraktion kämpft seit Wochen darum, Antworten auf Anfragen zu den stockenden Projekten der Investoren Christoph Gröner und Martin Müller öffentlich im Gemeinderat zu bekommen. Man habe in nun bald fünf Jahren keinen vergleichbaren Fall erlebt, dass Anfragen nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden und damit für große Teile der Öffentlichkeit unsichtbar bleiben, so die Fraktion. Die Stadt verweise zur Begründung auf das Steuer- und Betriebsgeheimnis beziehungsweise auf den Umfang der Fragen.

Wir werden eine Prüfung des Vorgehens der Stadtverwaltung durch das Regierungspräsidium erwägen!

Stadt Karlsruhe: Tagelang kein Kommentar zur Majolika

Zum drohenden Ende des Betriebs der Majolika Ende Mai gab es bis Montag keinen Kommentar aus dem Karlsruher Rathaus. Für alle Themen aus nicht öffentlichen Sitzungen gelte eine Verschwiegenheitspflicht, hieß es zunächst in einer Antwort auf eine entsprechende Anfrage des SWR. Am Montag bestätigte die Stadt auf erneute Anfrage, dass "Herr Gröner Ende April mitgeteilt hat, dass er den Geschäftsbetrieb einstellen wird". Gleichzeitig wird auf ein anstehendes, bereits vereinbartes Gespräch zwischen Oberbürgermeister Frank Mentrup und Christoph Gröner verwiesen.

Die Stadt versucht, mögliche Perspektiven zu entwickeln.

Vertraulichkeit, Vertrags- oder Betriebsgeheimnisse wurden im Rathaus zuletzt mehrfach als Gründe für die Nichtbeantwortung von Anfragen angeführt. Die Informationspolitik habe sich in den vergangenen Jahren verschlechtert, kritisiert Stadtrat Friedemann Kalmbach (FÜR Karlsruhe). Auch FDP-Stadtrat Thomas Hock betont, es entstehe der Eindruck, die Verwaltung hoffe, dass Anfragen vergessen werden. Bürgerbeteiligung, so mehrere Stadträte, bleibe so auf der Strecke.

Karlsruhe

Kritik an Informationspolitik Meinung: Von Müllchaos bis Majolika - Die Mauer des Schweigens im Rathaus Karlsruhe

Große und wichtige Themen werden in Karlsruhe im kleinen Kreis behandelt, statt Bürgerinnen und Bürger über den Stand der Dinge zu informieren. Hat das System? Ein Kommentar.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Mehr zu Gröner in Karlsruhe

Karlsruhe

Investor Gröner steigt aus Hinterzimmerpolitik in Karlsruhe? Kritik nach geplatztem Majolika-Deal

Durch den Einstieg des Immobilieninvestors Gröner schien die Keramikmanufaktur Majolika in Karlsruhe gerettet. Nun wird der Betrieb Ende Mai geschlossen. Es gibt scharfe Kritik.

Karlsruhe

Endlose Geschichte geht weiter Insolvenz der Gröner Group: Zweifel an "Greenville" in Karlsruhe werden größer

Das lange Warten auf rund 1.000 neue Wohnungen im Norden von Karlsruhe und ein Ende ist nicht in Sicht. Nach der Insolvenz eines Gröner-Unternehmens werden Zweifel an der Realisierbarkeit lauter.

Mehr zur Majolika in Karlsruhe

Karlsruhe

Investor setzt Stadt unter Druck Schließung vom Tisch? - Karlsruher Majolika wird zur Zerreißprobe

Die traditionsreiche Karlsruher Keramikmanufaktur Majolika steckt seit Jahren in der Krise. Im vergangenen Herbst wurde sie von einem Investor übernommen. Der drohte jetzt mit Schließung.

SWR4 BW aus dem Studio Karlsruhe SWR4 BW aus dem Studio Karlsruhe

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.