Collage aus Stolperstein von Julius Hirsch aus Karlsruhe und einem Fußball auf einem Spielfeld

"Für alle, die sich nicht wegducken"

In Karlsruhe verwurzelt - Julius Hirsch Preis des DFB erinnert an die Opfer

Stand
Autor/in
Mathias Zurawski
Mathias Zurawski

Seit 2005 vergibt der DFB den Julius Hirsch Preis an Menschen, die sich gegen Diskriminierung einsetzen. Der Karlsruher Hirsch war Jude und Nationalspieler. Sein Enkel ist Mitglied der Jury.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erinnert jedes Jahr mit dem Julius Hirsch Preis an die Opfer des Nationalsozialismus. Der Preis geht auf den jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch aus Karlsruhe zurück. Sein Enkel Andreas Hirsch ist Mitglied der Jury. Aus seiner Sicht ist der Preis in diesem Jahr besonders wichtig. Der Preis wird am 13. November in Berlin unter anderem an den Trainer des SC Freiburg, Christian Streich, verliehen.

Hamas-Terror gibt Julius Hirsch Preis zusätzliche Bedeutung

Die Ereignisse des 7. Oktober, der Terror der Hamas gegen Israel, hätten ihn zutiefst erschüttert, sagt Andreas Hirsch. Der Enkel von Julius Hirsch spricht vom größten Pogrom seit dem Holocaust.

Hirsch ist Unternehmer in Karlsruhe und seit 2005 Mitglied der Jury des Julius Hirsch Preises. Der Krieg im Nahen Osten wirke sich natürlich auf einen Preis aus, der zu Ehren eines Menschen jüdischen Glaubens gestiftet wurde, betont er. Die Auszeichnung stehe für Zivilcourage und für den Kampf gegen Diskriminierung.

Jetzt zeigt sich, was Zivilcourage bedeutet und wie wichtig sie für uns ist. Diese Zivilcourage wird unsere Demokratie retten können!

Bei den Demonstrationen in Deutschland nach dem Angriff der Hamas auf Israel sei deutlich geworden, was heute wieder möglich sei, so Hirsch, beispielsweise verfassungsfeindliche Äußerungen. Die Menschen wagten wieder, es zu tun und Grenzen zu überschreiten. Es handele sich um eine Zeitenwende, in der auch ein starker Staat gefordert sei.

Stolperstein in Karlsruhe erinnert an Julius Hirsch

Der Fußballnationalspieler, zweifache deutsche Meister und Spieler des Karlsruher Fußball-Vereins (KFV), Julius Hirsch, verließ 1933 seinen Verein. Der KFV, wie viele andere große Vereine in Deutschland auch, hatte damals entschieden, Juden auszuschließen. Nach mehreren vergeblichen Fluchtversuchen wurde Hirsch 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo er ermordet wurde.

Der Stolperstein vor dem ehemaligen Wohnhaus des Fußballnationalspielers Julius Hirsch aus Karlsruhe im Stadtteil Weiherfeld
Der Stolperstein vor dem Wohnhaus des Fußballnationalspielers Julius Hirsch aus Karlsruhe im Stadtteil Weiherfeld

Neben dem Stolperstein vor seinem ehemaligen Wohnhaus erinnert auch die Julius-Hirsch-Straße am Ort des früheren Stadions an der Telegrafenkaserne in der Karlsruher Nordweststadt an den jüdischen Fußballer. Der Stolperstein wurde 2006 eingelassen, 61 Jahre nach Kriegsende. Die Benennung der Straße folgte 2013.

Julius Hirsch Preis erfolgreich gegen Antisemitismus im Sport

Der Julius Hirsch Preis habe seit der ersten Verleihung im Jahr 2005 für eine spürbare Verbesserung gesorgt, so Andreas Hirsch. Antisemitismus im Sport werde nun nicht mehr widerspruchslos hingenommen. In vielen großen und kleinen Initiativen habe der Preis eine Gegenbewegung verursacht. Besonders gut in Erinnerung sei ihm eine Initiative von Fans des TSV 1860 München geblieben. Die "Löwenfans gegen Rechts" hatten sich im Stadion mit Aktionen und deutlichen Worten unter anderem gegen Rechtsradikale zur Wehr gesetzt und wurden 2009 mit dem Julius Hirsch Preis ausgezeichnet.

Insgesamt gab es in 18 Jahren rund 1.000 Bewerbungen. Hirsch spricht von einem Generationswechsel: Die Sorge um die Gesellschaft werde hier mittlerweile weitergegeben. Er selbst habe hundertprozentiges Vertrauen in den Preis und in die Arbeit des DFB. Die Entscheidung, der Benennung des Preises nach seinem Großvater zuzustimmen, sei richtig gewesen. Seit Beginn ist die Familie Hirsch in der Jury des Preises vertreten.

Die Julius-Hirsch-Straße in der Nordweststadt von Karlsruhe neben dem ehemaligen Gelände des Karlsruher FV
Die Julius-Hirsch-Straße in der Nordweststadt von Karlsruhe neben dem ehemaligen Gelände des Karlsruher FV

Christian Streich nimmt Julius Hirsch Ehrenpreis entgegen

Der Trainer des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg, Christian Streich, erhält in diesem Jahr den Julius Hirsch Ehrenpreis. Streich nehme kein Blatt vor den Mund, so das Jury-Mitglied Andreas Hirsch, und meistens stimme, was er sagt.

Seit einem Jahrzehnt nutze Streich die Bühne des Profifußballs, um ehrlich und klar Stellung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung zu beziehen und sich für Respekt und demokratische Grundwerte einzusetzen, heißt es in der offiziellen Begründung der Jury.

Ich sehe mich als Stellvertreter für alle diejenigen in unserem Land, die sich nicht wegducken und Dinge sagen, wie sie sind.

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Er sei überrascht, den Preis zu bekommen, sagte der Freiburger Trainer. Schließlich sei er nicht aktiv in politischen Gruppierungen tätig. Gut und wichtig sei es, dass auch Vereine mit dem Preis ausgezeichnet werden.

In diesem Jahr sind das die Chemnitzer Vereine ASA-FF und Athletic Sonnenberg, die SG Bornheim 1945 Grün-Weiss aus Frankfurt am Main und der jüdische Sportverband Makkabi Deutschland. Der Ehrenpreis wird in unregelmäßigen Abständen verliehen.

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