Der Baden-Badener Unternehmer Wolfgang Grenke ist seit 2013 Präsident der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe. Gewählt war der 73-Jährige bis 2026. Jetzt hat er seinen vorzeitigen Rückzug bekannt gegeben. Er will das Amt im April an den Vizepräsidenten der Kammer Volker Hasbargen aus Bruchsal übergeben.
Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für ihn, um zu gehen, sagte Grenke im SWR-Interview. Gleichzeitig fordert er die regionale Wirtschaft auf, in der Krise "die Ärmel hochzukrempeln".
SWR Aktuell: Sie hätten jetzt noch über ein Jahr im Amt gehabt als IHK-Präsident. Warum gehen sie vorzeitig?
Wolfgang Grenke: Der Grund ist eigentlich ganz einfach. Es gibt immer Brüche, die man irgendwann im Leben machen muss und dann muss man überlegen: Wann ist der optimale Zeitpunkt? Ich habe festgestellt, dass wir in unserem Präsidium zwar einen IT-Fachmann haben, dass aber die IT eine immer größere Rolle spielt. Ich würde ganz gern den Platz im Präsidium frei machen für einen Spezialisten im IT Bereich, damit noch mehr Sachkunde reinkommt. Und das geht am besten dadurch, dass ich meinen Stellvertreter gefragt habe, ob er nicht das Jahr übernehmen will. Und er hat es zugesagt.
SWR Aktuell: Sie sagen das mit einem Lächeln. Wie ist Ihr Gefühl jetzt, nachdem die Botschaft von ihrem Rückzug draußen ist?
Was mich erstaunt hat ist, wieviel Resonanz ich bekommen habe. Vor allem ist es auch eine gewisse Erleichterung. Man weiß jetzt: Das ist der Weg, den gehen wir jetzt. Ich habe so viele tolle Erfahrungen gemacht in diesem Amt. Ich hoffe, der Nachfolger wird das dann genauso erleben.
SWR Aktuell: Wenn Sie auf ihre Amtszeit seit 2013 zurückblicken: Was blieb positiv hängen, was hat Ihnen besonderen Spaß gemacht?
Das waren manchmal die Lösungen, wenn es schwierig war. Ich möchte nur an die Corona-Krise erinnern. Gerade in unserer Region war es ja sehr wichtig, weil wir ja viele Mitarbeiter in den Unternehmen haben, die im Elsass wohnen. Und wenn dann die Grenzen zugemacht werden, wenn man zurückfällt in die Zeit der Nationalstaatlichkeit aufgrund eines solchen Umstandes, dann ist das natürlich schwer, sehr schwierig. Als das dann nochmal gedroht hat, hatten wir eine gute Idee. Wir haben die Verteilung der Kits für die Impfung quasi an uns gezogen. Wir haben die Tiefgarage hier im Haus umfunktioniert in eine Verteilstation für diese Kits und konnten den Unternehmen helfen, das selber zu machen, zusammen mit Betriebsärzten. Es lief dann fast reibungslos und das war natürlich ganz toll.
SWR Aktuell: Das war ein Erfolg. Aber was hat sie genervt über die Jahre als IHK-Präsident?
Immer wieder in vielen kleinen Schritten diese überbordende Bürokratie. Dokumentationspflichten etwa, und dass man dabei zu wenig an die Umsetzung denkt. Geht das überhaupt und wie aufwändig ist das? Ist der Nutzen, der daraus entsteht, größer oder kleiner als das, was wir aufwenden? Bei der Bürokratie ist es so, dass es oft keine Schuld der normalen Beamten ist, die sich wiederum rückversichern müssen. Dadurch entsteht in vielen Fällen eine unnötige Diskussion, und das kann nerven.
SWR Aktuell: Über zehn Jahre sind sie jetzt im Amt. Wie bewerten Sie als scheidender Karlsruher IHK-Präsident die Schlagkraft dieser Wirtschaftsregion?
Ich glaube schon, dass wir da richtige Fortschritte gemacht haben. Wir haben ja sehr verschiedene Branchen. Wir haben große, große Unternehmen. Beispielsweise sind wir der zweitwichtigste Autostandort in Baden-Württemberg nach dem Großraum Stuttgart, mit Rastatt und mit Wörth. Das liegt zwar nicht im Kammerbezirk, gehört aber natürlich zur Technologieregion. Und da spürt man natürlich die Krise, die im Moment da ist. Auf der anderen Seite haben wir mit dem Cyberforum ein IT-Netzwerk, das sicher vorbildlich ist für viele Regionen und wovon wir viel profitieren. Natürlich haben wir viele Probleme, wie in ganz Deutschland, zum Teil sogar weltweit. Aber wir haben auch Stärken, und dadurch sehen wir, dass wir eigentlich relativ gut davonkommen. Die Stärken liegen vor allem im Bereich IT und Dienstleistungen. Und das sind die Dinge, die auch im Moment recht gut gehen.
SWR Aktuell: Sind das die Chancen, die die regionale Wirtschaft jetzt in der Krise nutzen muss?
Ja, wie eben angesprochen, der IT-Bereich. Aber auch die Bildungslandschaft. Da müssen wir vor allem zwei Dinge anschauen. Das eine ist die berufliche Bildung. Und die Zusammenarbeit mit den Hochschulen mit unserer Innovationsallianz. Aus solchen Dingen versuchen wir, so viel wie möglich an Know-how zu erarbeiten und dann an Unternehmen weiterzugeben. Der andere Bereich ist natürlich der Schulbereich. Aber das ist eine Landesaufgabe.
SWR Aktuell: Wie lautet Ihr Appell an die regionale Wirtschaft in der Krise?
Ärmel hochkrempeln und die Möglichkeiten ergreifen, die da sind!
SWR Aktuell: Nachdem jetzt alle wissen, dass sie als IHK-Präsident vorzeitig aufhören: Worauf freuen Sie sich?
Naja, ich habe ja auch so ein paar Hobbys. Da freue ich mich natürlich schon drauf. Und ich bin vor etwas mehr als einem Jahr noch einmal Vater geworden. Da freue ich mich natürlich, meine Tochter in dieser Lebensphase begleiten zu können. Und ich weiß auch, dass meine Nachfolger es schätzen werden, wenn ich Ihnen einen Hinweis gebe.