Bauern aus Bretten und Bad Liebenzell ziehen Bilanz

Ein Jahr nach den Bauernprotesten: "Wir haben uns mehr erhofft"

Stand
Autor/in
Susann Bühler
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Fabiola Germer
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Ein Jahr nach den Bauernprotesten sind Landwirte in der Region enttäuscht: Unter dem Strich habe sich wenig zum Positiven verändert. Politische Forderungen seien auf der Strecke geblieben.

Ein Jahr nach den bundesweiten Bauernprotesten ziehen Landwirte in der Region eine ernüchternde Bilanz. Obwohl einige Kürzungspläne etwa beim Thema Agrardiesel-Rückerstattung von der Regierung zum Teil zurückgenommen wurden, seien beispielsweise politische Forderungen nach Bürokratieabbau auf der Strecke geblieben. Auch das Aus der Ampel-Regierung habe dazu beigetragen, dass Pläne von der Politik nicht mehr in die Tat umgesetzt wurden. Trotzdem seien Landwirte insgesamt froh, sich bundesweit Gehör verschafft zu haben.

Bauer aus Kreis Calw: "Für uns hat sich eigentlich nichts verändert"

Marc Berger aus Bad Liebenzell-Maisenbach (Landkreis Calw) ist ernüchtert: Als zweiter Vorsitzender des Vereins "Land schafft Verbindung Deutschland e.V." (LsV) ging er vor einem Jahr wie viele seiner Kollegen auf die Straße, um für Bürokratieabbau und faire Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft zu demonstrieren. Ein Jahr später resümiert er: "Unter dem Strich hat sich für uns eigentlich nichts verändert."

Michbauer Marc Berger aus Bad Liebenzell-Maisenbach steht in seinem Stall und füttert seine Kühe.
Milchbauer Marc Berger aus Bad Liebenzell-Maisenbach steht in seinem Stall und füttert seine Kühe.

Landwirt aus Bad Liebenzell beklagt zuviel Bürokratie

Bauer Marc Berger kritisiert, dass die bürokratischen Hürden nach wie vor groß seien. Er hält auf seinem Hof am Ortsrand von Bad Liebenzell-Maisenbach 60 bis 70 Milchkühe. Um seinen Melkroboter besser auszulasten, würde er gerne seinen Bestand vergrößern. Für seine Tiere möchte er dazu einen offenen Laufhof mit Liegeboxen im Freien bauen. Das wäre auch eine Investition in mehr Tierwohl, so Berger.

In einem offenen Laufstall mit separaten Liegeboxen hätten die Kühe mehr Platz und Bewegungsfreiheit und könnten sich frei im Stall bewegen, in der warmen Jahreszeit sogar mit Zugang zur Weide. Das Problem beim offenen Laufstall: Die Geruchsbelästigungen, die vom Stall ausgehen können, liegen im Fall von Marc Berger rein rechnerisch über den erlaubten Richtlinien im Emissionsrecht, die dazu noch verschärft wurden.

"Ein offener Laufhof wird im Vergleich zu einem geschlossenen Stall im Emissionsschutzgesetz höher bewertet", so Berger, der deutlich macht, dass nicht nur er betroffen ist - viele andere seiner Kollegen würden an solchen bürokratischen Hürden scheitern. "Aber wenn man mehr Tierwohl will, muss man sich auch ehrlich machen und Erleichterungen für die Landwirte schaffen", so der Landwirt.

Alexander Kern: Wir haben uns mehr erhofft

Die Stimmung unter den Bauern in der Region beschreibt der stellvertretende Vorsitzende des Kreisbauernverbands Rhein-Neckar, Alexander Kern, als "durchwachsen". Die Landwirte hätten sich von den Protesten mehr erhofft. Ein paar Verbesserungen habe es durch die Proteste dennoch gegeben: Die Abschaffung grüner Kfz-Kennzeichen für landwirtschaftliche Fahrzeuge, sei gestoppt worden. Damit sind Traktoren weiterhin steuerbefreit - das sei ein Erfolg, so Kern.

Gut sei auch, dass die Landwirte durch die Proteste zusammengewachsen seien und sich das Bewusstsein der Gesellschaft im Hinblick auf die Landwirtschaft verändert habe. "Wir sind mit den Protesten jedoch noch nicht am Ende und nicht dort, wo wir sein wollen", so Alexander Kern.

Seine Kernforderung sei nach wie vor: Alle Agrarimporte sollen die gleichen Anforderungen erfüllen wie beim Anbau in Deutschland. Denn nur dann könnten die heimischen Produkte auch wieder preislich konkurrenzfähig werden. "Ich möchte nicht vom Staat abhängig sein, sondern ich möchte vom Verkauf meiner Produkte leben können", sagt der Landwirt. "Und das kann ich nicht, wenn ich mit Produkten konkurriere, die sich nicht an die deutschen Standards halten müssen."

Landwirt Alexander Kern aus Bretten beteiligt sich am Montag an den Bauernprotesten.
Landwirt Alexander Kern aus Bretten beteiligt sich am Montag an den Bauernprotesten.

Berger: Verbindliche Verträge für Erzeugnisse fehlen

Eine der Forderungen der Milchbauern war damals, Verträge vor der Produktion von landwirtschaftlichen Produkten einzuführen. Diese sollen die Preise für Erzeugnisse in Bezug auf Menge und Lieferzeit genau im Vorfeld festlegen. Doch in der Realität werde einfach weiter so viel wie möglich produziert - und erst danach abgerechnet. Das schaffe Unsicherheit und mache eine Kalkulation schwierig. "Wir Bauern wissen nicht, was wir am Ende ausbezahlt bekommen. Von der Politik werden wir wie Restgeld-Empfänger behandelt", kritisiert Milchviehhalter Marc Berger.

Unter der Grün-Roten Bundesregierung war bereits ein entsprechendes Positionspapier zur Neuordnung des §148 der Gemeinsamen Marktordnung vorbereitet worden. Dieses wurde jedoch politisch nicht mehr umgesetzt, das vorzeitige Ampel-Aus stoppte die Pläne. Ähnlich lief es auch mit anderen Forderungen zum Thema Bürokratieabbau, die durch das Ende der Bundesregierung nicht mehr in die Realität umgesetzt wurden.

Lukas Schaudel, stellvertretender Bezirksgeschäftsführer vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) in Achern, sieht die Ziele der Bauernproteste nur teilweise erreicht - vor allem bei der Agrardiesel-Subvention und den Steuererleichterungen hätten die massiven Proteste Erfolg gezeigt. Beim Thema Bürokratieabbau gebe es noch viel zu tun, deshalb hoffe man jetzt auf die neue Bundesregierung.

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