Hallo zusammen, ich bin Raphael Moos, Reporter im SWR Studio Heilbronn und das hier ist der Wochenrückblick. Diese Woche war es so warm, dass es einem selbst im Freibad aus den Sandalen gehauen hat und jetzt gehen auch noch die Ferien zu Ende. Deshalb kommt von mir heute mal ein schattiger Ausflugs-Tipp, bei dem es um einen berühmten Weinsberger (Kreis Heilbronn) und dessen Behausung geht. Die haben in den vergangenen Jahren deutlich weniger Menschen als früher besucht. Dabei ist das ehemalige Wohnhaus von Justinus Kerner nicht nur an heißen Tagen ein absoluter Museums-Tipp. Vor allem Dank der originellen Führungen eines emsigen Historikers. Ich verspreche euch, es gibt skurrile Dinge zu sehen. Außerdem klären wir, warum ein junger Mann trotz folgenschwerer Tat in Kupferzell (Hohenlohekreis) nicht ins Gefängnis muss. Da gab es am Montag ein Urteil, mit einem selten angewandten Paragraphen.
Die Themen der Woche im Überblick:
Das Kernerhaus – Von Botox bis Gewitterbrille
Kupferzell – Entzug statt Haft nach LSD-Rausch
Das Kernerhaus – Von Botox bis Gewitterbrille
Der Arzt, Medizinschriftsteller und Dichter Justinus Andreas Christian Kerner lebte von 1786 bis 1862 und ist der berühmteste Sohn der Stadt Weinsberg. In Baden-Württemberg sind einige Straßen, Schulen und sogar eine Rebsorte nach ihm benannt. Bekannte Werke sind zum Beispiel "Die Seherin von Prevorst" oder "Der reichste Fürst". Er hatte viele Freunde und prominente Patienten wie den Dichter Friedrich Hölderlin.
Kerner ließ 1822 ein Wohnhaus in Weinsberg bauen, dass heute ein kleines, cooles Museum ist. Hier lassen ein Verein und der Historiker Bernd Liebig die Besucherinnen und Besucher in das Leben des "eitlen" Oberamtsarztes, dessen Macken und seine Verdienste eintauchen. Eine Führung lohnt sich wirklich.
"Da hat man sonst den Exorzisten gerufen!"
Schon im Erdgeschoss gibt es in der medizinhistorischen Ausstellung für uns heute skurril anmutende Gerätschaften. Zum Beispiel einen "Nervenstimmer", um seelisch erkrankte Menschen zu behandeln. Für die damalige Zeit modern, denn bis dato galten psychisch Kranke als besessen und nicht als krank. "Da hat man sonst den Exorzisten gerufen", sagt Liebig.
Botox - das Gift aus der verdorbenen Wurst
Viren und Bakterien waren noch nicht entdeckt, zu Kerners Zeiten wurden Krankheiten zum Teil noch mit dem Aderlass behandelt. Seine größte medizinische Leistung war die Entdeckung und Beschreibung des Botulismus, der Vergiftung durch verdorbene Wurst. Das stark lähmende Gift Botulinumtoxin (kurz Botox) wird heute noch zu medizinischen Zwecken genutzt und auch bei Schönheitseingriffen verwendet.
Eitler als der Sonnenschein?
Im Obergeschoss stehen Möbel, wie eine Kommode mit Geheimentriegelung. Auch einen Toilettenstuhl, Glaskunstwerke und vieles mehr gibt es zu sehen. Im Dachgeschoss befindet sich das "Sargzimmer" mit dem runden Dach. Im Haus hängen viele Bilder von Kerner und dessen Familie. Wobei er in Wirklichkeit dicker war, und mehr Doppelkinn hatte, sagt Liebig und schmunzelt. Bei Portraits ließ er etwas schummeln. Photoshop oder Instagram-Filter hätten ihm also sicher gefallen.
Auch beim Thema Brille war Kerner eigen. Mal trug er sie, um intelligenter auszusehen, obwohl er sie nicht brauchte. Als er sie brauchte, zog er sie nicht gerne auf. Ein Besuchermagnet ist vor allem seine Gewitterbrille aus Horn. Die trug er stets bei Gewitter statt seiner normalen Brille, weil er Angst hatte, dann vom Blitz getroffen zu werden.
"Bettwäsche bei Räubern sehr beliebt"
Ein Geheimtipp im Sommer sind die Vorlesungen im Kernerhaus. Neben Liebig sprechen hier auch Gastdozenten wie der Gartenexperte Volker Kugel. Dieses Jahr sind Liebigs Themen unter anderem die Zahlenmystik oder die Affären der Habsburger. Der Eintritt zu den Vorträgen ist übrigens kostenlos. Es geht um Geschichte und Geschichten. So kann man im Vortrag über die Räuberbanden im Südwesten Ende des 18. Jahrhunderts erfahren, dass sie häufig aus Familien-Clans bestanden, Bettzeug ein beliebtes Diebesgut war und viele Räuber später hingerichtet wurden.
Deutlich milder fiel diese Woche die Strafe für einen 21-jährigen Angeklagten vor dem Landgericht Heilbronn aus.
Kupferzell – Entzug statt Haft nach LSD-Rausch
Das Landgericht Heilbronn hat einen 21-Jährigen zu einem Drogenentzug in einer geschlossenen Anstalt verurteilt. Der Mann hatte im vergangenen Jahr in Kupferzell (Hohenlohekreis) auf einem Feldweg eine Frau und ihren Hundewelpen überfahren. Ihr Partner konnte sich mit einem Sprung zur Seite retten. Die junge Frau überlebte nur knapp, lag im Koma, musste mehrere Operationen über sich ergehen lassen und ist bis heute arbeitsunfähig. Der Hundewelpe überlebte nicht.
Im Verfahren kam heraus, dass der Angeklagte vor der Fahrt die dreifache Menge seiner sonstigen Dosis an LSD genommen hatte. Das Gericht ging deshalb von einer Schuldunfähigkeit für die eigentlich Tat aus, verurteilte ihn aber im Sinne des selten angewendeten "Vollrausch-Paragraphen 323a" für den fahrlässigen Umgang mit der Droge. Er muss einen Entzug machen und auch sein Führerschein ist für mindestens drei Jahre weg. Auf eine zusätzliche Haftstrafe, wie sie Staatsanwaltschaft und auch der Anwalt des Opfers gefordert hatten, verzichtete das Gericht. Zum einen sei der junge Mann für sein Alter unreif, zum anderen finde auch der Entzug nicht in Freiheit statt, so die Begründung.
Das war diese Woche in Heilbronn-Franken sonst noch los:
Keine Notaufnahme Aus für Notfallpraxis in Brackenheim Ende März
Die Notfallpraxis in Brackenheim wird voraussichtlich Ende März endgültig geschlossen. In Randzeiten wird hier eine erste ärztliche Versorgung sichergestellt.
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Bei einer Kontrolle in der Autoposer-Szene hat die Polizei in Wertheim zahlreiche Mängel festgestellt: Zu laut, keine Betriebserlaubnis, kein Führerschein - die Liste ist lang.