Die Weinreben sind bald Geschichte: 30 Olivenbäume sind es bereits, die Winzer Herrmann Frisch in Weinsberg (Kreis Heilbronn) angepflanzt hat. In Zukunft soll die ganze Weinbergfläche, die mit 2.400 Quadratmetern so groß wie drei Handballfelder ist, zum Olivenhain werden. Der Grund: Der Weinbau lohnt sich für Frisch finanziell nicht mehr. Als Hauptproblem nennt er billige Weinimporte aus dem Ausland.
Olivenbäume aus Italien
Der Großteil der Olivenbäume stammt aus San Michele all'Adige, einer Gemeinde in der italienischen Provinz Trient. Über einen Partneraustausch der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) mit einer Weinbauschule aus San Michele habe er die Olivenbäume bestellt, erzählt Frisch. Ein paar wenige Bäume stammen aus Kroatien. Dass die Bedingungen für den Anbau der Oliven stimmen, mache der Klimawandel möglich, so Frisch.
Von der Idee, Olivenbäume anzupflanzen, seien seine beiden Kinder, die den Betrieb übernommen haben, von Anfang an begeistert gewesen. Auch im Freundeskreis seien die Reaktionen sehr positiv, so Frisch. Die ersten Erträge erwartet der Winzer bereits in fünf bis sieben Jahren. Bis dahin will er noch weitere Bäume pflanzen, sodass auf dem Weinberg am Ende insgesamt 90 bis 100 Olivenbäume stehen.
Hessigheimer Winzer baut exotische Früchte an
Hermann Frisch ist nicht der einzige Winzer, der sich aufgrund der Herausforderungen, vor denen der Weinbau in Deutschland steht, nach einer Alternative umgeschaut hat. In Lauffen am Neckar (Kreis Heilbronn) hat Winzer Christian Seybold vor drei Jahren entschieden, etwas Neues auszuprobieren. Sechs Olivenbäume und ein paar Palmen stehen seitdem in seinem Weinberg.

Noch Exotischeres findet man bei einem Winzer kurz hinter der Grenze Heilbronn-Frankens. In Hessigheim (Kreis Ludwigsburg) hat Marc Müller vor sechs Jahren angefangen, in seinen Weinbergen Feigen, Kakis und Granatäpfel anzubauen. Oliven sind auch dabei, die ersten konnten bereits geerntet werden, erzählt er.
In diesem Jahr will er noch weiter ausbauen, sodass dann insgesamt auf fünf Hektar seiner Weinbergflächen Granatäpfeln und mehr wachsen. Müller rechnet damit, dass in den nächsten Jahren immer mehr Winzerinnen und Winzer auf Alternativen zum Weinbau umsteigen werden.
Nachfrage nach Wein sinkt
Dass der Weinbau in Deutschland vor vielen Herausforderungen steht, ist nicht neu. Zum einen spielen wirtschaftliche Faktoren eine große Rolle. Dazu gehören beispielsweise billige Importe aus dem Ausland. Mit diesen könnten und wollten deutsche Winzerinnen und Winzer nicht konkurrieren, so Hermann Morast, Geschäftsführer des Weinbauverbands Württemberg.
Dazu kommt, dass die Deutschen immer weniger Wein trinken. Wie das Deutsche Weininstitut mitteilte, wurden im vergangenen Jahr in Deutschland vier Prozent weniger Wein gekauft als noch im Vorjahr.
Rebsorten verlieren an Fläche
Die Herausforderungen, denen sich der Weinbau stellen muss, haben dazu geführt, dass es immer weniger Weinbaubetriebe gibt. Laut LVWO ist die Anzahl seit Beginn der Neunziger um 64 Prozent zurückgegangen. Den Grund dafür sieht Morast nicht nur im wirtschaftlichen Druck, sondern auch darin, dass viele Betriebe keine Nachfolger mehr hätten.
Des Weiteren verlieren Rebsorten in Baden-Württemberg an Fläche. Wie das Statistische Landesamt Baden-Württemberg mitteilte, sank die bestockte Rebfläche im vergangenen Jahr das erste Mal seit Beginn der 90er-Jahre unter die Marke von 27.000 Hektar.
Wir müssen uns bewusst werden als Gesellschaft, dass dieser Strukturwandel im Weinbau auch Auswirkungen für die Gesamtgesellschaft - ganz plakativ durch die Veränderung der Kulturlandschaft - hat.
Weinbauverband begrüßt Alternativen
Dass Winzer wie Herrmann Frisch aus Weinsberg nun auf den Anbau weiterer Pflanzen setzen, sehe der Weinbauverband Württemberg positiv, sagt Morast. Dies sei besser, als die Flächen gar nicht mehr zu nutzen und könne dazu beitragen, die Betriebe finanziell zu stützen. Morast ist davon überzeugt, dass es eine Zukunft für den Weinbau gibt - auch, wenn sich für diesen in den kommenden Jahren einiges verändern wird.