Vom europäischen Haftbefehl, der Auslieferung und juristischen Rädchen

Wie die Automatensprenger von Offenau zurück nach Deutschland kamen

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Jan Arnecke
Jan Arnecke

Sie sollen in Deutschland zahlreiche Automaten gesprengt haben, kommen in den Niederlanden frei und werden dann doch ausgeliefert. Was steckt hinter dem Fall von Offenau?

Eine Gruppe Männer aus den Niederlanden soll zahlreiche Geldautomaten in Deutschland gesprengt und so jede Menge Geld erbeutet haben. Fünf von ihnen sitzen inzwischen in Deutschland in Untersuchungshaft. Doch bis dahin war es ein weiter Weg - nicht nur wortwörtlich.

Zum Beispiel sollen die fünf Männer im Juni 2024 einen Geldautomaten in der Markthalle Offenau (Kreis Heilbronn) gesprengt haben. Auf der Flucht wurden sie dann von niederländischen Beamten gefasst. Doch trotz eines europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, die den Fall übernommen hat, kamen die fünf mutmaßlichen Täter in den Niederlanden unter Auflagen zunächst auf freien Fuß. Die Auslieferung nach Deutschland erfolgte erst knapp drei Monate nach der Tat in Offenau, und zwar am 10. September. Das warf nicht zuletzt beim Offenauer Bürgermeister Michael Folk (SPD) Fragen auf: "Man kann nur den Kopf schütteln", sagte er nach der Freilassung der fünf Tatverdächtigen dem SWR-Studio Heilbronn.

Frei trotz Haftbefehl?

Aber wieso kamen die Männer zunächst frei? Welche Voraussetzungen müssen überhaupt erfüllt sein, um einen europäischen Haftbefehl und somit eine Auslieferung erwirken zu können? Und wie geht es für die fünf Tatverdächtigen jetzt in Deutschland weiter?

SWR-Reporter Jan Arnecke hat sich mit diesen Fragen beschäftigt.

Von Offenau in die Niederlande und dann nach Düsseldorf

Über die genauen Beweggründe des Gerichts in Amsterdam, dass die fünf Männer im Juni unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt hat, kann Julius Sterzel, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, nur spekulieren. Denn vonseiten des Amsterdamer Gerichts heißt es weiterhin, dass es sich damals um eine nicht-öffentliche Anhörung und somit auch um eine nicht-öffentliche Entscheidung gehandelt habe. Das Gericht sagt also nichts zu seiner Entscheidung. Sterzel vermutet aber, dass die niederländischen Behörden eine Fluchtgefahr durch die Auflagen ausgeschlossen haben. Wenn das der Fall war, sollten sie recht behalten, denn inzwischen sitzen alle fünf in Deutschland in Untersuchungshaft.

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Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat den Fall - beziehungsweise die Fälle - übernommen, da sich ein Großteil der Taten in Nordrhein-Westfalen abgespielt haben soll. Dabei hätten die mutmaßlichen Täter in unterschiedlichen Konstellationen agiert, so Sterzel weiter. Daher wird es wohl mehrere Verfahren geben. Für die fünf jetzt ausgelieferten Männer geht es konkret um drei Fälle: Die Automatensprengung in Offenau am 20. Juni, eine Tat in Großmehring (Kreis Eichstätt, Bayern) im Januar 2024 und eine weitere Anfang Juni 2024 in Kist (Kreis Würzburg, Bayern). Hier liege der "dringende Tatverdacht des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion" vor, so Sterzel weiter - Strafmaß: mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Diese beiden Punkte - das Strafmaß und der "dringende Tatverdacht" - sind ausschlaggebend, um einen europäischen Haftbefehl und damit auch die Auslieferung der Verdächtigen erwirken zu können.

Gerichtstermin in Deutschland noch offen

Die Auslieferung selbst fand dann am 10. September statt. Allerdings können die Angeklagten nicht einfach an der Grenze von den niederländischen an die deutschen Behörden übergeben und direkt in Untersuchungshaft gesteckt werden. Auch hier sieht die deutsche Strafprozessordnung (StPO) vor, dass die Angeklagten einem Haftrichter vorgeführt werden, der den Haftbefehl dann auch in Deutschland in Kraft setzt.

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Wann allerdings die tatsächliche Verhandlung beginnen wird, das ist noch offen. Noch gibt es keine Anklage. Wann die fertig ist, komme auch darauf an, ob und wie sich die Männer zu den Vorwürfen äußern würden, erklärt Sterzel. Allerdings gelte der Grundsatz des Beschleunigungsgebots, sprich die Anklage soll so schnell wie möglich fertig werden.

Täter nutzten festen Sprengstoff und aufgemotzten Audi

Die fünf Männer sollen unter anderem am 20. Juni in der Markthalle Offenau einen Geldautomaten gesprengt haben. Mit einem Audi RS6 Avant, den man wohl einfach auf über 300 Kilometer pro Stunde aufmotzen kann, sind sie in die Niederlande geflüchtet. Dieses Auto kam auch schon in der Vergangenheit bei solchen Taten als Fluchtfahrzeug zum Einsatz.

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Das Vorgehen ist eigentlich immer dasselbe, allerdings haben Geldautomatensprenger immer wieder die Art des Sprengstoffs gewechselt, erklärt Julius Sterzel. Früher sei auch TATP (Acetonperoxid) zum Einsatz gekommen, ein hochexplosiver und äußerst gefährlicher Stoff. Dann seien die Täter auf Gase umgestiegen, erklärt der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft. Jüngst hätten sie aber wieder auf festen Sprengstoff zurückgegriffen. Sterzel vermutet, es könne sich hierbei um sogenannte Cobra Sprengsätze handeln, die legal erworben werden können und beispielsweise auch bei der kontrollierten Sprengung von Lawinen zum Einsatz kommen.

Markthalle Offenau fast drei Monate geschlossen

Die Markthalle in Offenau wurde damals jedenfalls schwer beschädigt, der Schaden wurde auf eine halbe Million Euro geschätzt und die Halle war monatelang geschlossen. Eine Woche nach der Auslieferung der fünf tatverdächtigen Männer nach Deutschland konnte sie allerdings wieder geöffnet werden.

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