Ein Heilbronner Unternehmer soll über Monate hinweg Geld vom Konto seiner Großmutter abgehoben haben und so an eine halbe Million Euro gekommen sein. Seit dem eigentlichen Prozessauftakt Anfang August vor dem Landgericht Heilbronn fehlt von dem Mann aber jede Spur. Die Polizei sucht seit Wochen mit einem Haftbefehl nach ihm. Auch für die Justiz hat das Verschwinden Auswirkungen. Das Gericht hat den Prozess auf Eis gelegt und sämtliche Termine erst einmal gestrichen - auch die ursprünglich für vergangenen Mittwoch geplante Urteilsverkündung.
Verfolgungsverjährung erst nach fünf Jahren
Nach Angaben des Landgerichts Heilbronn gilt generell, dass Flüchtige bis zum Eintritt der sogenannten Verfolgungsverjährung gesucht werden. Bedeutet, dass eine mutmaßliche Straftat dann durch die Behörden nicht mehr verfolgt und zur Anzeige gebracht werden darf, wenn nach dem Begehen der Straftat eine bestimmte Verjährungsfrist verstrichen ist. Bei Taten, bei denen eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden könnte, gilt eine Verjährungsfrist von 30 Jahren, dann kann die Tat nicht mehr vor Gericht verhandelt werden. Im konkreten Fall des untergetauchten Unternehmers ist mit einer Haftstrafe von einem bis zu fünf Jahren zu rechnen. Deswegen gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Ob es dem Angeklagten gelingt, die nächsten fünf Jahre unterzutauchen, wird sich laut eines Gerichtssprechers zeigen. Der Mann hat in Heilbronn eine Familie und führt ein Unternehmen.
Der Gesuchte soll zwischen Juli 2021 und Februar 2022 regelmäßig Geld vom Konto seiner inzwischen 89 Jahre alten Großmutter abgehoben und ohne ihr Einverständnis für eigene Zwecke ausgegeben haben. Insgesamt soll er so an 500.000 Euro gekommen sein. Nachdem der 33-Jährige zum Prozessauftakt nicht erschien, gab der Vater des Angeklagten vor Gericht an, dass er davon ausgeht, dass sein Sohn ins Ausland geflüchtet sei.
Haftbefehl wegen dringenden Fluchtverdachts
Der Angeklagte ist seit Prozessauftakt zur Festnahme ausgeschrieben - aufgrund des dringenden Fluchtverdachts. Welche konkreten Maßnahmen zu seiner Festnahme führen sollen und was zurzeit über einen möglichen Aufenthaltsort bekannt ist, will die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bekanntgeben. Auf SWR-Anfrage erklärt des Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg, dass sich "Art, Umfang und Intensität der Fahndung generell unter anderem nach [...] Schwere der Tat richten". Eine Zusammenarbeit mit den Behörden im Ausland finde dann statt, wenn Fahndungserkenntnisse dies erfordern. Der polizeiliche Nachrichtenaustausch mit dem Ausland läuft in der Regel über das Bundeskriminalamt (BKA). Ob das im Fall des Heilbronner angeklagten Enkels auch so ist, sagen die Behörden nicht.
Polizei trägt die Ermittlungskosten für flüchtigen Enkel
Nach Angaben des LKA werden die Ermittlungskosten von der Polizei getragen, das sind die Kosten, die zur Ergreifung eines tatverdächtigen Menschen führen. Nur bei der Ergreifung eines Verurteilten trägt die Justiz die sogenannten Vollstreckungskosten, die sie dann bei den Betroffenen geltend machen können. Da es in dem Prozess um den Heilbronner aber noch kein rechtskräftiges Urteil gibt, folgt daraus, dass die Kosten von niemandem eingefordert werden können.
Nachdem der Prozess auf Eis liegt, gibt es vonseiten des Gerichts aktuell kaum Prozesskosten. Alle Termine wurden vorzeitig aufgehoben und spielen deshalb laut Landgericht Heilbronn keine wesentliche Rolle. Allen Beteiligten, Zeuginnen und Zeugen wurde zudem rechtzeitig abgesagt. Allgemein gilt bei den Prozesskosten, dass sie bei einer Verurteilung vom Angeklagten getragen werden müssen, bei einem Freispruch von der Staatskasse. Diese Entscheidung wird mit dem Gerichtsurteil getroffen.