Wirtschaftsbeziehung zur Alpenrepublik

Handelspartner Österreich: Unsicherheit in Baden-Württemberg

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Autor/in
Marcel Fehr
Marcel Fehr auf der CMT
Lutz Heyser

Die politische Situation in Österreich sorgt in Deutschland für Unsicherheit. In Baden-Württemberg ist die Alpenrepublik ein wichtiger Handelspartner. Alles Wichtige im Überblick.

Baden-Württemberg und Österreich unterhalten enge wirtschaftliche Beziehungen. Zahlreiche Unternehmen aus dem "Ländle" haben Niederlassungen und eigene Fabriken in der Alpenrepublik. Nach dem Rücktritt von Kanzler Karl Nehammer könnte die rechtspopulistische FPÖ erstmals die Regierungsführung übernehmen und den Kanzler stellen. Das wirft die Frage auf, welche Auswirkungen das auf die Handelsbeziehungen haben könnte.

Thomas Gindele: "FPÖ könnte Innovationen hemmen"

Ein zentrales Element der Handelsbeziehung zwischen Baden-Württemberg und Österreich ist die Automobilindustrie. Laut Thomas Gindele, Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich, würde die FPÖ in der Regierungsverantwortung darauf einwirken, fossile Brennstoffe in der Antriebstechnik möglichst lange aufrechtzuerhalten. Solche Maßnahmen empfindet Gindele beispielweise auch im Hinblick auf die Handelsbeziehungen mit dem Automobilstandort Baden-Württemberg als innovationshemmend.

FPÖ-Chef Herbert Kickl äußerte sich in einer Presseerklärung (Montag, 07.01) zur wirtschaftlichen Lage Österreichs. Er beschuldigte die ÖVP-geführte Vorgänger-Regierung unter Karl Nehammer, das Land wirtschaftlich "an die Wand gefahren zu haben." Es sei ein "politischer Feuerwehreinsatz" notwendig, um die wirtschaftliche Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Generell gibt sich Kickl EU-skeptisch, nennt Ungarns Regierungschef Viktor Orbán als Vorbild und gilt als Putin-freundlich, indem er viele der wirtschaftlichen Russland-Sanktionen ablehnt.

BW mit positiver Handelsbilanz gegenüber Österreich

In der baden-württembergischen Außenhandelsbilanz nimmt Österreich eine bedeutende Rolle ein. Bei den Exporten rangiert die Alpenrepublik noch vor Polen und Spanien auf Platz acht. Auch bei den Importen spielen die Österreicher eine Schlüsselrolle und liegen vor Polen und Tschechien ebenfalls auf dem achten Platz. Von Januar bis Oktober 2024 flossen rund 9,5 Milliarden Euro in Form von Exporten nach Österreich, während die Einfuhren bei etwa 7,9 Milliarden Euro lagen. Obwohl die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen sind, bleibt Österreich ein wichtiger Handelspartner für Baden-Württemberg.

Deutsche Unternehmen unterhalten rund 10.000 Standorte und Produktionsstätten in Österreich. Bei der Energieversorgung besteht eine enge Verflechtung, und selbst Hochschulen und Forschungseinrichtungen pflegen eine ganz enge Kooperation.

Positive Handelsbilanz zwischen Baden-Württemberg und Österreich.
Positive Handelsbilanz zwischen Baden-Württemberg und Österreich.

Wirtschaftspartner Österreich: Automobilindustrie und Tourismus

Zahlreiche österreichische Zulieferbetriebe, wie Magna Steyr, AVL oder Pierer Mobility AG, beliefern Unternehmen aus Baden-Württemberg mit hochentwickelten Komponenten und Systemen. Im Gegenzug exportieren Firmen aus Baden-Württemberg vor allem Maschinen, Metalle sowie Autos und Autoteile nach Österreich.

Doch nicht nur wirtschaftlich ist Österreich ein wichtiger Partner - auch als Reiseziel spielt das Nachbarland eine große Rolle. Rund 50 Prozent der Auslandsgäste kommen traditionell aus Deutschland, davon allein 15 Prozent aus Baden-Württemberg. Aber auch umgekehrt zeigt sich eine klare Präferenz: österreichische Touristen zählen nach den Schweizern, Niederländern, Franzosen und Amerikanern zur fünftgrößten Gruppe, die nach Baden-Württemberg reist.

Besonders die Landeshauptstadt Stuttgart mit ihrem Kulturangebot und der direkten Flugverbindung nach Wien sowie der Schwarzwald, insbesondere Rust mit dem Europa-Park, sind bei österreichischen Touristen äußerst beliebt.

Vertrauen in Standort Österreich könnte nachlassen

Thomas Gindele geht davon aus, dass baden-württembergische Unternehmen in Österreich auch weiterhin verlässlich Geschäfte machen können. Es sei für bestehende Produktionsstandorte und Kooperationen erstmal nicht notwendig, dass man Vorkehrungen treffen müsse. Trotzdem sei die EU-kritische Haltung von Herbert Kickl für die Wirtschaft und zukünftige Investitionen nicht vertrauensbildend.

Wenn Unternehmen zukünftig in Österreich investieren wollen, braucht es einen verlässlichen Rechtsrahmen. Wenn das auf den Prüfstand gestellt wird, ist das nicht vertrauensbildend.

Tourismus weiter auf hohem Niveau

Den Tourismusstandort in Österreich sieht Gindele nicht als gefährdet an. Er habe für die österreichische Wirtschaft eine deutlich größere Bedeutung als für Baden-Württemberg und sei nach wie vor auf einem hohen Niveau wettbewerbsfähig. Trotz Preissteigerungen und der politischen Unsicherheiten hat Gindele das Gefühl, dass schon viel passieren müsste, dass die Menschen auf ihren Urlaub verzichten. Er sieht bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass sich Touristen aufgrund der politischen Situation zurückhalten würden.

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