Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will vorübergehende Binnengrenzkontrollen an allen deutschen Landgrenzen anordnen und der EU-Kommission die Information zukommen lassen. Damit sind in bestimmten Fällen an den Grenzen auch Zurückweisungen nach dem europäischen und nationalen Recht möglich. Die Gründe für die Kontrollen seien neben der Begrenzung der irregulären Migration aufgrund der andauernden hohen Gesamtbelastung Deutschlands auch der Schutz der inneren Sicherheit vor den aktuellen Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und grenzüberschreitende Kriminalität.
Welche Landesgrenzen sollen kontrolliert werden?
Ab dem 16. September sollen auch an den Landesgrenzen zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark für sechs Monate Grenzkontrollen möglich sein. Zu Österreich sind die Kontrollen aktuell bis zum 11. November 2024 angeordnet, an den Grenzen zur Schweiz, zu Tschechien und Polen bis zum 15. Dezember 2024. Grenzkontrollen an diesen Landesgrenzen sollen laut Innenministerium verlängert werden.
Was bedeuten die Grenzkontrollen für BW?
Mit der Anordnung zu Grenzkontrollen an allen deutschen Landesgrenzen ändert sich für Baden-Württemberg zunächst nichts. Zur Schweiz wurden im Oktober 2023 wieder stationäre Kontrollen eingeführt. An der deutsch-österreichischen Landgrenze gibt es solche Kontrollen, die mit der irregulären Migration begründet werden, bereits seit September 2015. Für die Fußball Europameisterschaft der Männer und die Olypmpischen Spiele in Paris wurden Kontrollen an der deutsch-französischen Grenze angeordnet. Die Grenzkontrollen sollten eigentlich zum 30. September auslaufen, werden laut Faeser aber nun verlängert.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) begrüßte die Entscheidung zu Grenzkontrollen an den Binnengrenzen Deutschlands. Ein besserer Schutz der Grenzen sei ein guter Schritt in die richtige Richtung, um die Zahl illegaler Einreisen zu senken und Migration gezielt zu steuern und zu begrenzen. Er forderte: "Wir brauchen dauerhaft einen funktionierenden Schutz der Binnengrenzen, bis der Schutz der EU-Außengrenzen funktioniert."
Auch die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) freute sich über diesen Schritt, auch wenn dieser für sie zu lange gedauert hat: "So lange wir noch keine nachhaltige Sicherung der EU-Außengrenzen haben, sind wir auf die Grenzkontroll-Maßnahmen dringend angewiesen", sagte sie am Montag im SWR. Es sei eine von ganz, ganz vielen Maßnahmen, die helfen können, die Lage beherrschbar zu machen.
Was bringen bestehende Grenzkontrollen zur Schweiz?
Nach der Einführung der Grenzkontrollen zur Schweiz hat die Zahl der unerlaubt Einreisenden wieder abgenommen. Das zeigt eine Statistik der Bundespolizei. Allein im Jahr 2023 hatten die Beamtinnen und Beamten mehr als 18.000 unerlaubt eingereiste Personen an der Grenze zur Schweiz registriert. Zunehmend mehr Menschen werden von an der Grenze zurückgeschickt - im ersten Halbjahr 2024 waren es laut Bundespolizei rund 6.000. Zudem wurden 2023 insgesamt 102 mutmaßliche Schleuser festgenommen, im ersten Halbjahr 2024 waren es bereits 87.
Die Zahl dieser Zurückweisungen ist laut Bundespolizei drastisch angestiegen. Im vergangenen Jahr wurden mehr als vier Mal so viele Menschen zurückgeschickt wie im Jahr zuvor. 2024 waren es bislang etwa 6.000 Personen.
Immer mehr Schleuser werden gefasst Wie wirkungsvoll sind die Grenzkontrollen zur Schweiz?
Vor knapp einem Jahr wurden an der Grenze zur Schweiz vorübergehend wieder Kontrollen eingeführt. Laut Bundespolizei wirken sie. Über eine Verlängerung wird schon diskutiert.
Zurückweisungen an deutschen Landgrenzen gibt es derzeit nur in bestimmten Fällen: wenn jemand mit einer Einreisesperre belegt ist oder kein Asyl beantragt. Zurückweisungen an den deutschen Binnengrenzen sind grundsätzlich nur da möglich, wo es Kontrollen direkt an der Grenze gibt.
Regierung hat Modell für Zurückweisungen entwickelt
"Wir tun alles, um die Menschen in unserem Land dagegen zu schützen", sagte Faeser bei einer Pressekonferenz zur Ankündigung der Grenzkontrollen am Montag. Nach dem Migrationstreffen mit Unionsfraktion und Ländervertretern in der vergangenen Woche habe die Regierung nun zudem ein "Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt", hieß es vom Innenministerium. Dieses Modell gehe über die derzeit erfolgenden Zurückweisungen hinaus.
Wie der neue Vorschlag genau aussieht, ließ Faeser zunächst offen. Sie sagte, sie habe dies der Unionsfraktion mitgeteilt und vertrauliche Gespräche dazu angeboten. Ein solches Gespräch mit der CDU/CSU-Fraktion und dem Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz ist für diesen Dienstag anvisiert.