Martin Roth, der dem Forstrevier Meersburg (Bodenseekreis) vorsteht, ist einer der drei Finalisten für den bundesweiten Titel "Förster des Jahres" im Rahmen des Deutschen Waldpreises 2023. In seinem Profil wird er dort als "Digitalförster" vorgestellt. Der Meersburger ist nämlich Förster aus Leidenschaft, verbunden mit der Begeisterung für digitale Hilfsmittel, die ihm die Arbeit im Wald erleichtern und die Ergebnisse weitaus exakter machen. Konkurrenz um den Titel macht ihm eine Kollegin aus Bayern und ein Kollege aus Rheinland-Pfalz - abstimmen kann man noch bis Sonntag.
SWR-Moderatorin Rebecca Lüer hat ihn in seinem Forsthaus besucht und gefragt, ob ein "Digitalförster" nur vom Schreibtisch aus arbeitet und welche Probleme in den Wäldern rund um Meersburg akut sind:
Digitale Rückegassen und Drohnen zur Ortung von Sturmschäden
Martin Roth ist für Wälder im Raum Meersburg, Immenstaad und Salem zuständig. Er nutzt die moderne Technik zum Beispiel, wenn nach einem Sturm auf vielen Flurstücken Bäume umgefallen sind. Die seien dann schnell Opfer von Borkenkäfern, deshalb gelte: Je eher die Waldbesitzer die Stämme aus dem Wald holen, umso besser. Mithilfe einer Drohne kann Martin Roth die umgestürzten Bäume und Schäden innerhalb eines Tages den Besitzern der Flurstücke zuordnen. Früher, sagt er, hätte er dafür Wochen gebraucht.
Ein anderes Beispiel für den Segen moderner Technik im Wald sind für Martin Roth digitale Rückegassen. Wenn man mit einer Großmaschine in den Wald fahre, entstehe eine Fahrspur, die den Boden verdichte. Um diese Bodenverdichtung so gering wie möglich zu halten, sollte man am besten die nächsten 100 Jahre genau auf dieser Fahrspur fahren und nicht fünf Meter daneben. Mithilfe unter anderem einer Präzisions-Satellitenantenne lässt sich die Fahrspur laut Roth mittlerweile auf einen halben Meter genau erkennen. Diese Daten werden dann auf die Großmaschine übertragen, die dann wie auf einem Leitstrahl in der alten Fahrlinie fahre, egal, ob die Spur noch sichtbar ist oder nicht.
Wärme, Trockenheit und Stürme - toxische Kombination für alte Waldbestände
Im Bereich Immenstaad sei seiner Schätzung nach in den Waldgebieten, für die er verantwortlich ist, in den letzten sechs Jahren rund die Hälfte der alten Bäume verloren gegangen. Der Hauptgrund ist die Mischung aus Wärme, Trockenheit und Stürmen, erläutert Martin Roth. Dazu kommen der Borkenkäfer oder beim sogenannten Eschensterben ein Pilz, die vielen Bäumen den Garaus machen.
Der Wald sehe zwar grün aus, weil es von unten jung nachwachse - doch der alte Wald sei weg, so Roth. Normalerweise sollten sich pro Jahr nur ein Prozent und nicht zehn Prozent im Wald von alt auf jung verändern. Im Bereich Meersburg und Salem seien die Böden etwas besser, aber man sehe, dass der Wald überall angeschlagen sei. Gerade das trockene, warme Wetter der vergangenen Wochen sei da nicht gut.
Esskastanien und Platanen: Besser für Klimawandel im Bodenseeraum gerüstet
Eine Lösungsmöglichkeit ist, auf andere Baumarten auszuweichen wie Esskastanien oder Platanen, die wesentlich besser mit Trockenheit und Wärme zurecht kämen - und beharrlich nachzupflanzen. In ein bis zwei Jahrzehnten werde es immer noch Wald geben im Bodenseeraum, sagt Roth. Aber der Wald werde aus anderen Baumarten bestehen, und weil die Verluste bei alten Bäumen so hoch sei, werde es ein junger Wald sein.
Der Deutsche Waldpreis ist eine Initiative verschiedener Forstzeitschriften, Unternehmen und Interessensgemeinschaften, die mit Holz und Wald zu tun haben. Neben dem Titel "Förster des Jahres" gibt es noch zwei weitere Kategorien zum Bereich Forstunternehmen und Waldbesitz. Der 1. deutsche Waldpreis wurde nach eigenen Angaben 2018 verliehen.