Entlastung für Unternehmen

Wirtschaft fordert weniger Bürokratie in Baden-Württemberg

Stand

Bürokratie sorgt bei Unternehmen für großen Verdruss. Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) macht nun Vorschläge, wie es im Land einfacher gehen kann.

Die Wirtschaft mahnt die grün-schwarze baden-württembergische Landesregierung zu mehr Tempo beim Abbau von Belastungen für Unternehmen. "Entschiedener Bürokratieabbau ist ein echtes Konjunkturprogramm zum Nulltarif, das den Staat nichts extra kostet", sagte der Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK), Christian Erbe, in Stuttgart der Deutschen Presse-Agentur.

Das bringe obendrein zusätzlich Zeitersparnis auf den genauso belasteten Verwaltungsebenen mit sich, die dann anderweitig sinnvoller genutzt werden könnten. Die Belastungen für die BW-Unternehmen aus zahllosen Rechtsvorschriften haben nach Darstellung von Erbe längst ein existenzbedrohendes Ausmaß erreicht. "Viele Stunden und entsprechende Personalpower sind notwendig, dem geforderten Aufwand überhaupt irgendwie gerecht werden zu können."

Jede Kommunikation mit Behörden muss vollständig elektronisch möglich, jedes Verfahren vollständig digital abzuwickeln sein.

Der BWIHK-Chef mahnte eine konsequente Digitalisierung an. "Jedes Schriftformerfordernis kann auch durch elektronische Erklärung eingehalten werden. Jede Kommunikation mit Behörden muss vollständig elektronisch möglich, jedes Verfahren vollständig digital abzuwickeln sein." Zugleich sprach sich Erbe dafür aus, dass jede Genehmigung als erteilt gelten sollte, wenn die zuständige Behörde nicht binnen acht Wochen abschließend über den Antrag entschieden hat. "Die eingereichten Unterlagen gelten als vollständig, wenn die zuständige Behörde nicht binnen vier Wochen weitere Dokumente nachfordert." Und jede Nachweis-, Berichts- und Dokumentationspflicht lasse sich durch die Abgabe einer Selbsterklärung erfüllen. Kontrollen sollten stichprobenweise erfolgen.

Ministerium: 90 Prozent der Kosten auf EU und Bund zurückzuführen

Nach Angaben des Landeswirtschaftsministeriums in Stuttgart sind ungefähr 90 Prozent der Bürokratiekosten auf die Europäische Union oder auf den Bund zurückzuführen. Zehn Prozent entfielen auf das Land und die Kommunen. Konkrete Zahlen für die Belastungen in Baden-Württemberg durch den Vorschriften-Dschungel gibt es nicht. Im Bund lagen die jährlichen Bürokratiekosten der Wirtschaft 2023 bei ungefähr 66 Milliarden Euro, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage hervorging.

BWIHK-Präsident warnt vor Gleichbehandlungsgesetz

Erbe mahnte erneut, dass Grün-Schwarz auf zusätzliche Belastungen im Land verzichtet. Als Beispiel nannte er das umstrittene Gleichbehandlungsgesetz. Mit diesem sollen sich Bürgerinnen und Bürger nach den Vorstellungen der Regierung künftig leichter gegen eine Benachteiligung durch Behörden wehren können. Danach soll das Recht auf Gleichbehandlung auch beim Finanzamt, in der Ausländerbehörde oder auf dem Polizeirevier gelten.

"Ein solches Gesetz stünde im klaren Widerspruch zu den Abbauzielen", sagte Erbe. "Ich appelliere dringend, dass die Landesregierung auch auf den eigens einberufenen Normenkontrollrat hört. Wir haben jetzt entschieden andere Zeiten!" Auch der Normenkontrollrat hatte gewarnt, mit der Einrichtung einer zusätzlichen Ombudsstelle bei der bestehenden Antidiskriminierungsstelle und der vorgesehenen jährlichen Berichtspflicht werde weitere Bürokratie aufgebaut, die mit zusätzlichen Kosten verbunden sei.

Lob für Reform der Landesbauordnung

Der Chef des BWIHK hob zugleich hervor, dass die Politik sich bemühe, die Regelungsdichte zu reduzieren. "Die Landesregierung hat vor der Sommerpause durchaus für einige Lichtblicke für unsere Unternehmen gesorgt." Positiv bewertete er unter anderem, dass die Verwaltungsvorschrift Beschaffung des Landes im Hinblick auf Anwenderfreundlichkeit, Umfang und Regelungstiefe entschlackt worden sei. Die Reform der Landesbauordnung sei ebenfalls ein wichtiges Signal, auf das man gewartet habe. Verfahren sollen dadurch vereinfacht und beschleunigt werden.

Mehr zur Bürokratie in BW

Baden-Württemberg

Der ewige Kampf gegen "Brombeergestrüpp" Bremst die Bürokratie die Wirtschaft aus?

Unternehmen, Vereine und Verwaltungen klagen über die Bürokratie. Tausende Gesetze und Verordnungen werden zur Bremse. Wie lässt sich Politik machen, ohne Berge an neuen Regelungen?

Zur Sache Baden-Württemberg SWR BW

Baden-Württemberg

Angriff auf Koalitionsvertrag Kommunen und Wirtschaft BW wollen über Allianz für Bürokratie-Abbau grüne Projekte aushebeln

Nach der Pleite bei der Landtagswahl 2021 musste die CDU so manche Kröte schlucken. Nun wollen Kommunen und Wirtschaft zentrale grüne Projekte aufhalten - durch die Hintertür.

Baden-Württemberg

Deutschland zu langsam Kretschmann zu Bürokratie: "Werden so nicht mehr regieren können"

BW-Ministerpräsident Kretschmann hält einen Bürokratieabbau in Deutschland für dringend erforderlich. Die FDP fordert von Kretschmann, er solle Vorschläge dazu endlich umsetzen.

Sonntagmorgen SWR1

Baden-Württemberg

Harte Kritik vom Normenkontrollrat BW Überflüssig? Bürokratie-TÜV lehnt Gesetz gegen Diskriminierung ab

Bürger sollen sich nach Plänen der Grünen in BW künftig leichter gegen Diskriminierung durch Behörden wehren können. Der Normenkontrollrat rät jedoch dringend von dem Vorhaben ab.

Stand
Autor/in
SWR

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.