Alternative Medien

Verbot von Medienaufsicht: Umstrittener Kanal AUF1 darf nicht per Satellit senden

Stand
Autor/in
Kai Laufen

Die Kooperation eines Stuttgarter Unternehmens mit dem österreichischen Internetkanal "AUF1" verstößt laut Medienaufsicht gegen den Medienstaatsvertrag. Der Sender will rechtliche Schritte prüfen.

Der umstrittene österreichische Internetkanal "AUF1" darf nicht per Satellit senden. Laut Medienaufsicht verletzt die Kooperation mit dem Stuttgarter Unternehmen "schwarz rot gold tv" den Medienstaatsvertrag.

"Es ist ein Mordkomplott gegen das deutsche Volk", behauptet der AfD-Politiker Björn Höcke in einem Gespräch mit dem österreichischen Internetkanal "AUF1". Gemeint ist die Migrations- und Familienpolitik der Bundesregierung. Als "großes 'AUF1'-Interview" bewirbt der Sender das Gespräch. Kritische Nachfragen gibt es keine.

Korrespondent arbeitete bereits für "Compact"-Magazin

Rund eine Stunde verbreitet der AfD-Fraktionsvorsitzende im thüringischen Landtag seine Positionen - ohne dass diese hinterfragt werden. Der Bundesverfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bezeichnete Höcke als Rechtsextremisten, aber das scheint sein Gegenüber nicht zu stören: Die Stichworte für das vermeintliche "Große Interview" liefert der Deutschland-Korrespondent von "AUF1", Martin Müller-Mertens, der zuvor jahrelang für das ebenfalls vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingeschätzte Wochenmagazin "Compact" gearbeitet hat. 

Screenshot von der Website des Kanals "AUF1".
So bewirbt der Internetsender "AUF1" ein "Interview" mit dem AfD-Politiker Björn Höcke.

Beiträge wie die Höcke-Rede strahlt "AUF1" europaweit via Satellit aus. In dem Programmangebot von Astra heißt der Kanal aber nicht "AUF1" sondern "SRGT". Auf seiner Webseite erklärt "AUF1", man habe "Sendezeit (…) bei 'SRGT' gekauft" und sieht sich mit diesem Coup auf der Gewinnerstaße: "Satellitenfernsehen ist mit einem Anteil von knapp 50 Prozent der gefragteste TV-Empfangsweg in Deutschland".

Gründer bläst zum "Großangriff aufs Medienkartell"

Stefan Magnet, Gründer von "AUF1", soll laut österreichischen Medien und dem Dokumentationsarchiv Österreichischer Widerstand (DÖW) seit langem in dortigen rechtsextremen Netzwerken tätig gewesen sein. Zum Sendestart auf Astra hatte Magnet verkündet, dies sei ein "Großangriff aufs Medienkartell".

Und genau darum scheint es dem österreichischen Anbieter zu gehen: Der angeblich "Alternative, unabhängige Fernseh-Kanal1" - wie "AUF1" ausgeschrieben heißt - wird zwar in Österreich und fast ausschließlich von Österreichern betrieben. Aber sein Publikum sucht dieses Medienprojekt verstärkt in Deutschland. Dieses hat sich der Sender vor allem bei Telegram aufgebaut. Allein dort hat "AUF1" insgesamt mehr als 250.000 Abonnenten. 

Screenshot aus einem Telegram-Kanal von "AUF1"
Bei Telegram hat "AUF1" insgesamt mehr als 250.000 Abonnenten und Abonnentinnen.

Man wollte "die Gutgesinnten" verbinden, heißt es auf der Webseite. Anlass für die Gründung der Internetplattform sei die Corona-Pandemie gewesen, in der sich gezeigt habe, "wie schnell Andersdenkende von den Mächtigen stigmatisiert, ausgegrenzt und regelrecht bekämpft" würden.

Zielgruppe: "Querdenker" und "Reichsbürger"

Der Verfassungsschutz Baden-Württemberg teilte dem SWR auf Anfrage mit, "dass 'AUF1' als ein 'alternatives Medium' auch von Personen rezipiert wird, die dem hier bearbeiteten Phänomenbereich 'Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates' zugeordnet werden." Gemeint sind damit von Teilnehmern der "Querdenken"-Bewegung bis hin zu sogenannten Reichsbürgern. Vertreter von "AUF1" seien im Protestgeschehen gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen in Baden-Württemberg präsent gewesen, berichtet der Verfassungsschutz.

Ausstrahlung ab sofort verboten

Mittlerweile spielt Corona nur noch eine geringe Rolle im "AUF1"-Programm. Stattdessen wird längst ein breites Spektrum an einschlägigen Verschwörungsideologien bedient und AfD-Politikerinnen und -Politikern wir Alice Weidel und Björn Höcke eine Bühne geboten - sowohl im Internet als auch europaweit im Satellitenfernsehen. Letzteres jedoch erst einmal bis heute. Denn zumindest diesen Verbreitungsweg hat die Landesmedienanstalt in Baden-Württemberg (LFK) aufgrund der Beurteilung der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) mit sofortiger Wirkung verboten.

Grund seien nicht die verbreiteten Inhalte, sondern Verstöße gegen deutsche Gesetze, die die Medienfreiheit schützen sollen. Demnach habe die schwarz rot gold tv GmbH, welche die Lizenz für den Satellitenkanal "SRGT" besitzt, ein Geschäft mit der Media in res Medien GmbH abgeschlossen: Sechs Stunden tägliche Sendezeit für "AUF1" auf dem "SRGT"-Kanal gegen eine öffentlich nicht bekannte Summe. Doch dieses Geschäft verstößt laut der ZAK gegen den Medienstaatsvertrag. Es handle sich um eine verbotene "Themenplatzierung" durch Dritte, denn "SRGT" habe keine redaktionelle Kontrolle über die von "AUF1" ausgestrahlten Inhalte.

ZAK sieht Verstoß gegen Medienstaatsvertrag

"Die redaktionelle Unabhängigkeit eines Rundfunkveranstalters ist eine Kernvoraussetzung unserer Medienordnung. Dass 'schwarz rot gold TV' im vorliegenden Fall umfangreich Sendezeit gegen Entgelt an Dritte überlässt, erachtet die ZAK als einen Verstoß gegen das Verbot der programmlichen Einflussnahme nach dem Medienstaatsvertrag. Diese Praxis des Veranstalters wird beanstandet und untersagt", erklärte Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der ZAK und der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) dem SWR. "Der Verstoß muss nun vom Veranstalter unverzüglich beendet werden."

Als Geschäftsführer der "SRGT" widerspricht Wilfried Geissler auf Nachfrage dieser Darstellung: "Meinerseits halte ich mich an die Auflagen der LfK, insbesondere der Programmhoheit." "AUF1" hat dem SWR gegenüber angekündigt, juristische Schritte gegen die Entscheidung zu prüfen.

In einer Email gibt sich Chefredakteur Stefan Magnet kämpferisch: "Wir werden immer Wege und Mittel finden, unser 'AUF1'-Programm in die Breite zu bringen." Und er versäumt nicht die Gelegenheit, ein weiteres Mal staatliche Institutionen in Frage zu stellen: "Wir lassen uns bestimmt nicht aufhalten, auch nicht von Behörden-Willkür."

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