Streit um Termin für Neuwahlen im Bund

BW-CDU-Chef Hagel fordert Grüne zum sofortigen Ausstieg aus Bundesregierung auf

Stand
Autor/in
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik
Natalie Meyer
Natalie Meyer ist Teil des Teams von "Zur Sache! Baden-Württemberg".

Olaf Scholz will erst im Januar die Vertrauensfrage stellen. Die CDU BW drängt nun die Grünen, dies zu verhindern - mit einem klaren Schnitt.

Nach dem Ende der Ampel-Koalition hat Baden-Württembergs CDU-Landeschef Manuel Hagel die Grünen zum sofortigen Ausstieg aus der Bundesregierung aufgefordert. In der SWR-Sendung "Zur Sache! Baden Württemberg" fragte er Agnieszka Brugger, Grünen-Fraktionsvize im Bundestag: "Warum verlassen sie denn nicht diese Rest-Regierung? Es geht nur noch darum, weiter zu wurschteln."

Nach dem Rauswurf von Bundesfinanzminister Christian Lindner und dem Rückzug anderer FDP-Minister seien die Grünen die einzigen, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Treue hielten. Das sei verantwortungslos. "Sie werden keinen Haushalt hinbekommen, diese Regierung hat keine Mehrheit im deutschen Bundestag für irgendein Gesetzesvorhaben." Die Grünen müssten sofort aus der Regierung aussteigen und "den Weg freimachen für Neuwahlen".

Grünen-Fraktionsvize Brugger gegen schnelle Neuwahlen

Die baden-württembergische Grünen-Abgeordnete Brugger wies Hagels Forderung zurück. "Mit Neuwahlen jetzt sofort glaube ich nicht, dass wir zu sicheren Verhältnissen und guten und geordneten Verhältnissen beitragen und übergehen." Zum Beispiel müsse die Regierung noch über wichtige Beschaffungen für die Bundeswehr entscheiden. Das könne man nicht monatelang vertagen, "weil sie jetzt schnell Wahlkampf machen wollen", hielt die Grüne dem CDU-Landeschef vor. CDU/CSU sind laut Umfragen derzeit genauso stark wie alle drei ehemaligen Ampel-Parteien zusammen.

Brugger sagte aber auch: "Der Plan des Kanzlers ist für mich nicht in Stein gemeißelt." SPD und Grünen müssten sich mit der Union auf Entscheidungen zur Sicherheit und Wirtschaft einigen. "Da muss man gesprächsbereit sein, deshalb kann ich mir einen früheren Termin vorstellen."

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte zuvor im SWR ebenfalls auf rasche Neuwahlen gedrängt. "Ich kann nur raten, dass das so schnell und so zügig wie möglich geschieht. Alles andere ist nicht erklärbar", so Kretschmann. Alle Beteiligten müssten nun ihre Verantwortung wahrnehmen und das Wohl des Landes vor das ihrer Partei stellen.

Scholz will Vertrauensfrage erst Mitte Januar stellen

Trotz des Endes der Ampel will Scholz mit einer Minderheitsregierung aus SPD und Grünen bis Jahresende noch mehrere Gesetzesvorhaben durch das Parlament bringen - etwa zur Asyl-, Renten-, Steuer- und Industriepolitik. Scholz will erst Mitte Januar im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, um Wahlen "spätestens bis Ende März" möglich zu machen.

CDU-Bundeschef Friedrich Merz hat aber schon klargestellt, dass die Union erst nach der Vertrauensfrage zur Unterstützung bestimmter Gesetzesvorhaben bereit sei. "Vorher werden wir keine Gespräche über irgendein Thema mit der verbleibenden Restregierung führen", sagte Merz am Donnerstagabend im ARD-"Brennpunkt". Scholz hatte Merz am Vorabend angeboten, zusammen nach Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. Zudem brachte der Kanzler erneut ein Aussetzen der Schuldenbremse ins Gespräch, die er mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine begründete. Merz lehnte auch das ab.

Hagel zeigt sich offen für Ideen zur Reform der Schuldenbremse

CDU-Landeschef Hagel sagte in der SWR-Sendung "Zur Sache! Baden-Württemberg", auf die Vorschläge von Scholz in Sachen Schuldenbremse könne die Union nicht eingehen. "Weil Scholz ja die Schuldenbremse dahingehend abschaffen möchte, dass der Staat im Grund so viele Schulden machen kann wie er möchte." Deutschland laufe schon jetzt auf eine "Staatsschuldenkrise" zu. "Man kann nicht immer noch mehr Schulden machen."  

Hagel sagte aber auch: "Ich bin immer offen für gute Vorschläge. Wenn jemand einen Vorschlag hat, wie wir die Schuldenbremse so reformieren können, dass dieses Ziel erreicht bleibt, kann man mit mir immer über alles reden." Er fügte hinzu: "Ich würde mir nur eines wünschen, dass wir unsere staatlichen Ausgaben nicht immer nur verkonsumieren und in irgendwelche Subventionen und so weiter investieren, sondern investieren in Infrastruktur, in Schiene, in Sicherheit, in all diese Dinge."

Unter den CDU-Ministerpräsidenten gibt es seit Längerem Diskussionen darüber. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hatte sich offensiv dafür eingesetzt. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sowie Daniel Günther (Schleswig-Holstein) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt) sehen Handlungsbedarf.

Liveticker zum Ampel-Aus ++ Frühere Neuwahlen könnten Kommunen vor Probleme stellen ++ BW-CDU drängt Grüne zum Verlassen der Bundesregierung ++

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen und will im Januar die Vertrauensfrage stellen. Wie geht es nun weiter? Wie reagieren Politik und Wirtschaft in BW? Alles rund um das Ampel-Aus in diesem Liveticker.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Unternehmer warnt: Ohne Schuldenbremse gibt es kein Halten mehr

Der Ulmer Unternehmer Jan Stefan Roell warnte in der Sendung: "Wenn wir die Schuldenbremse schleifen, gibt es kein Halten mehr." Er glaube, "dass Politiker generell mit unserem Geld nicht gut umgehen". Roell, der auch im Vorstand des Arbeitgeberverbands Südwestmetall sitzt, kann sich aber Sonderfonds für bestimmte Investitionsprojekte vorstellen.

Weitere Hintergründe zum Aus der Ampel-Regierung

Baden-Württemberg

Nach Scheitern der Koalition Das bedeutet das Ampel-Aus in Berlin für Baden-Württemberg

Die Ampel-Koalition hat ihr Aus bekanntgegeben. Und das Nachbeben reicht bis nach Baden-Württemberg. Welche Auswirkungen hat das auf das Land?

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR BW

Baden-Württemberg

Zügige Neuwahlen gefordert Ampelkoalition gescheitert: So reagiert die Politik in Baden-Württemberg

Gegenseitige Vorwürfe zwischen SPD und FDP, scharfe Kritik an allen Ampel-Parteien bei der CDU: So fallen die Reaktionen aus BW auf das Ende der Ampelkoalition im Bund aus.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR BW

Stuttgart

Neuwahlen nach Ende der Ampel Meinung: Deutschland hat keine Zeit für Stillstand

Mit dem Ampel-Aus müssen Neuwahlen her - und das nicht erst im März, findet Peter Heilbrunner, Leiter der Multimedialen Aktualität BW im SWR. Denn für BW stehe viel auf dem Spiel.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR BW

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.