Nach dem Ende der Ampel-Koalition hat Baden-Württembergs CDU-Landeschef Manuel Hagel die Grünen zum sofortigen Ausstieg aus der Bundesregierung aufgefordert. In der SWR-Sendung "Zur Sache! Baden Württemberg" fragte er Agnieszka Brugger, Grünen-Fraktionsvize im Bundestag: "Warum verlassen sie denn nicht diese Rest-Regierung? Es geht nur noch darum, weiter zu wurschteln."
Nach dem Rauswurf von Bundesfinanzminister Christian Lindner und dem Rückzug anderer FDP-Minister seien die Grünen die einzigen, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Treue hielten. Das sei verantwortungslos. "Sie werden keinen Haushalt hinbekommen, diese Regierung hat keine Mehrheit im deutschen Bundestag für irgendein Gesetzesvorhaben." Die Grünen müssten sofort aus der Regierung aussteigen und "den Weg freimachen für Neuwahlen".
Grünen-Fraktionsvize Brugger gegen schnelle Neuwahlen
Die baden-württembergische Grünen-Abgeordnete Brugger wies Hagels Forderung zurück. "Mit Neuwahlen jetzt sofort glaube ich nicht, dass wir zu sicheren Verhältnissen und guten und geordneten Verhältnissen beitragen und übergehen." Zum Beispiel müsse die Regierung noch über wichtige Beschaffungen für die Bundeswehr entscheiden. Das könne man nicht monatelang vertagen, "weil sie jetzt schnell Wahlkampf machen wollen", hielt die Grüne dem CDU-Landeschef vor. CDU/CSU sind laut Umfragen derzeit genauso stark wie alle drei ehemaligen Ampel-Parteien zusammen.
Brugger sagte aber auch: "Der Plan des Kanzlers ist für mich nicht in Stein gemeißelt." SPD und Grünen müssten sich mit der Union auf Entscheidungen zur Sicherheit und Wirtschaft einigen. "Da muss man gesprächsbereit sein, deshalb kann ich mir einen früheren Termin vorstellen."
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte zuvor im SWR ebenfalls auf rasche Neuwahlen gedrängt. "Ich kann nur raten, dass das so schnell und so zügig wie möglich geschieht. Alles andere ist nicht erklärbar", so Kretschmann. Alle Beteiligten müssten nun ihre Verantwortung wahrnehmen und das Wohl des Landes vor das ihrer Partei stellen.
Scholz will Vertrauensfrage erst Mitte Januar stellen
Trotz des Endes der Ampel will Scholz mit einer Minderheitsregierung aus SPD und Grünen bis Jahresende noch mehrere Gesetzesvorhaben durch das Parlament bringen - etwa zur Asyl-, Renten-, Steuer- und Industriepolitik. Scholz will erst Mitte Januar im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, um Wahlen "spätestens bis Ende März" möglich zu machen.
CDU-Bundeschef Friedrich Merz hat aber schon klargestellt, dass die Union erst nach der Vertrauensfrage zur Unterstützung bestimmter Gesetzesvorhaben bereit sei. "Vorher werden wir keine Gespräche über irgendein Thema mit der verbleibenden Restregierung führen", sagte Merz am Donnerstagabend im ARD-"Brennpunkt". Scholz hatte Merz am Vorabend angeboten, zusammen nach Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. Zudem brachte der Kanzler erneut ein Aussetzen der Schuldenbremse ins Gespräch, die er mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine begründete. Merz lehnte auch das ab.
Hagel zeigt sich offen für Ideen zur Reform der Schuldenbremse
CDU-Landeschef Hagel sagte in der SWR-Sendung "Zur Sache! Baden-Württemberg", auf die Vorschläge von Scholz in Sachen Schuldenbremse könne die Union nicht eingehen. "Weil Scholz ja die Schuldenbremse dahingehend abschaffen möchte, dass der Staat im Grund so viele Schulden machen kann wie er möchte." Deutschland laufe schon jetzt auf eine "Staatsschuldenkrise" zu. "Man kann nicht immer noch mehr Schulden machen."
Hagel sagte aber auch: "Ich bin immer offen für gute Vorschläge. Wenn jemand einen Vorschlag hat, wie wir die Schuldenbremse so reformieren können, dass dieses Ziel erreicht bleibt, kann man mit mir immer über alles reden." Er fügte hinzu: "Ich würde mir nur eines wünschen, dass wir unsere staatlichen Ausgaben nicht immer nur verkonsumieren und in irgendwelche Subventionen und so weiter investieren, sondern investieren in Infrastruktur, in Schiene, in Sicherheit, in all diese Dinge."
Unter den CDU-Ministerpräsidenten gibt es seit Längerem Diskussionen darüber. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hatte sich offensiv dafür eingesetzt. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sowie Daniel Günther (Schleswig-Holstein) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt) sehen Handlungsbedarf.
Das war der Liveticker zum Ampel-Aus ++ Habeck will Kanzlerkandidat der Grünen werden ++ Frühere Neuwahlen könnten Kommunen vor Probleme stellen ++
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen und will im Januar die Vertrauensfrage stellen. Die Ampel-Koalition ist damit gescheitert.
Unternehmer warnt: Ohne Schuldenbremse gibt es kein Halten mehr
Der Ulmer Unternehmer Jan Stefan Roell warnte in der Sendung: "Wenn wir die Schuldenbremse schleifen, gibt es kein Halten mehr." Er glaube, "dass Politiker generell mit unserem Geld nicht gut umgehen". Roell, der auch im Vorstand des Arbeitgeberverbands Südwestmetall sitzt, kann sich aber Sonderfonds für bestimmte Investitionsprojekte vorstellen.