- Warum macht Schaukeln glücklich?
- Ist Schaukeln gut für die Seele?
- Ist Schaukeln gut für Sinne und Gehirn?
- Ist Schaukeln gut für Rumpf und Rücken?
- Warum wird uns beim Schaukeln schwindelig?
- Wie und womit schaukeln wir?
- Was lehrt uns das Schaukeln?
Psychologie und Wohlbefinden: Warum macht Schaukeln glücklich?
Es ist ein Gefühl des Fliegens: Beim Schaukeln wird das Glückshormon Endorphin ausgeschüttet. "Schaukeln macht tatsächlich glücklich", sagt SWR4 Psychologin Felicitas Heyne. Es trage zum Entspannen bei, wir bauen Stress ab, werden ruhiger, fühlen uns sicherer und geborgener. Eigentlich wissen wir das, das zeigt unser Instinkt, wenn wir ein weinendes Baby im Arm schaukeln und jemanden tröstend im Arm wiegen. "Das machen wir alle, ohne zu überlegen", sagt die Psychologin. Und es wirkt.
Wenn Erwachsenen schaukeln, können ihnen schöne Kindheitserinnerungen an ähnliche Erlebnisse in den Sinn kommen. Auch diese warmen, nostalgischen Gefühle machen einen glücklich, sagt Felicitas Heyne. Das funktioniere selbst bei Menschen, die man ansonsten kaum mehr erreicht, wie Demenzerkrankte oder Wachkoma-Patienten. Das hat eine Studie bereits Ende der 90er-Jahre an der US-Universität Rochester gezeigt. "Das Schaukeln funktioniert in jedem Lebensalter und bei allen Menschen", versichert die Psychologin Felicitas Heyne.
Psychische Gesundheit: Ist Schaukeln gut für die Seele?
"Schaukeln ist uns angeboren", sagt Philosoph und Schaukel-Experte Wilhelm Schmid. "Es ist mir ein Rätsel, warum wir irgendwann aufhören." Schaukeln soll schließlich einen ganzen Strauß an positiven Wirkungen haben – auf Körper, Kopf und Seele. Beginnen wir bei der Seele: "Studien belegen, dass das Schaukeln sogar Depression und Angst reduzieren kann", sagt Felicitas Heyne. Besonders regelmäßiges Schaukeln macht fröhlicher und ausgeglichener, man fühlt sich einfach rundum besser.
Viele, die regelmäßig schaukeln, verbessern schon nach kurzer Zeit ihr psychologisches und emotionales Wohlbefinden. Untersuchungen zeigen, dass das rhythmische Bewegen beim Schaukeln auf den ganzen Körper beruhigend wirkt. Es ist also mehr als eine Redewendung, dass man durch das regelmäßige Schaukeln wieder ins Lot kommt. Außerdem tut es auch gut, Abstand zu Bildschirmen zu haben, das Handy mal zur Seite zu legen und sich auf andere Aktivitäten zu konzentrieren.
Das Hirn beim Hin und Her: Ist Schaukeln gut für unsere Sinne?
Schaukeln soll dabei helfen, Schmerzen zu lindern – auch das zeigte die US-Studie aus Rochester. So konnten die Forscher dort feststellen, dass man durch regelmäßiges Schaukeln weniger Schmerzmittel benötigt. Es senkt die Herzfrequenz und die Temperatur der Haut, ohne groß anzustrengen. Gleichzeitig verbessert die Bewegung das Gefühl für den eigenen Körper, der Gleichgewichtssinn wird trainiert.
Daneben hilft sanftes Schaukeln beim Einschlafen – auch Erwachsenen. Das haben Forscher aus der Schweiz im Schlaflabor nachgewiesen. Das Bild, dass man im Schaukelstuhl einnickt, kommt somit nicht von ungefähr. Auch die Schlafqualität steigt: Die Versuchsteilnehmer blieben länger in der Tiefschlafphase und wachten zudem seltener auf. Ein erholsamerer Schlaf macht das Hirn leistungsfähiger. Das zeigten auch Gedächtnistests am nächsten Morgen. Das Erinnerungsvermögen verbessert sich, da sich Erinnerungen eher verfestigen.
Körper in Bewegung: Ist Schaukeln gut für Rumpf und Rücken?
"Das Schaukeln ist die beste Fitnessübung, die es gibt", sagt Schaukel-Philosoph Wilhelm Schmid. Es beschäftigt die Muskeln von den Halsmuskeln über die Bauchmuskel bis zum großen Zeh. Damit fördert es den Bewegungsapparat, also die Motorik: Je nach Schaukel und Intensität beansprucht das Hin und Her den Körper, es braucht Kraft im Rumpf, stärkt die Beweglichkeit und die Stabilität sowie die Koordination der Körperteile.
Regelmäßiges Schaukeln unterstützt somit dabei, die Körperhaltung zu verbessern. Es soll sogar durch den steten Wechsel von Wirkung der Schwerkraft und Entlastung das Knochenwachstum unterstützten. Wobei alleiniges Schaukeln gewiss kein Wunder- oder Allheilmittel ist.
Wer ambitioniert schaukelt und sich dabei anstrengt, der bringt zudem sein Herz-Kreislauf-System in Schwung. Natürlich ist dann die entspannende, beruhigende Wirkung von Schaukeln dahin – Schaukeln ist also nicht gleich Schaukeln. Am besten man probiert einfach aus, was einem gefällt.
Ein Schwung Übelkeit: Warum wird uns beim Schaukeln schwindelig?
Manchen wird auf der Schaukel allerdings schnell übel. Schuld ist unser Gleichgewichtsorgan im Ohr. Es verrät uns, wo sich unser Körper im Raum wie befindet. Sind wir lange nicht mehr geschaukelt, fehlt unserem Gleichgewichtssinn das Training. Erwachsen sind zudem mehr als Kinder gewohnt, im Zusammenspiel mit den Augen und Sinneseindrücken orientiert zu sein. Das Schaukeln stört diese Verortung im Raum. Daher hilft eventuell gegen Übelkeit, das Auge auf einen Punkt in einiger Entfernung zu richten.
Gesundheit Schwindel – Warum sich die Welt dreht
Der "gutartige Lagerungsschwindel" verschwindet durch einfache Körperübungen. Doch es gibt andere, schwieriger zu therapierende Formen des Schwindels. Die Ursache zu finden, kann Monate dauern.
Zudem lässt sich das Schaukeln wieder erlernen – durch allmähliches Erhöhen einer regelmäßigen Dosis. Das hilft auch in anderen Situationen, in denen Gleichgewichtssinn gefragt ist. In der Rehabilitation wird das deshalb auch gezielt eingesetzt.
Allerdings: Wie und wie viel Schaukeln wir vertragen, unterscheidet sich individuell stark: Es gibt Menschen, die trotz Training die Übelkeit nicht loswerden. Wer übrigens schon als Kind viel geschaukelt ist, tut sich als Erwachsener später wahrscheinlich leichter.
Schaukelstuhl und Hängematte: Wie schaukeln wir?
Ob nun das Schaukeln auf der Schaukel, im Schaukelstuhl oder der Hängematte: "Das folgt ja alles demselben Prinzip", sagt Felicitas Heyne. Für Nostalgiker und Schaukelfreudigen gibt es solide Schaukeln für den Garten – auch mit längeren Seilen und breiteren Sitzbrettern. Auf manchen Modellen kann man auch zu zweit sitzen oder gar mit der Familie. Und ja, es gibt auch Sportschaukeln zum Festschnallen mit Überschlag.
Wem das zu wild ist, kann in einem gemütlichen Korb zum Reinlegen abhängen. Oder zieht in die Hollywoodschaukel um. Die gibt es klassisch mit Sitzen, aber auch mit Liegen und Liegeflächen. Weniger raumfüllend sind Schaukelstühle – da gibt es unzählige Modelle. Auch die Hängematte lädt zum sanften Schaukeln ein – hier gibt es eine riesige Auswahl für Indoor oder Outdoor, zum Sitzen oder Liegen, mit Gestell oder zum Hängen an die Decke.
Das Leben als Auf und Ab: Was lehrt uns das Schaukeln?
Wer beim Schaukeln der Nostalgie föhnen will: Wie wäre es mal wieder mit einer Schiffsschaukel auf dem Jahrmarkt – sofern man noch eine findet? Die gibt es seit dem 17. Jahrhundert, sagt Kulturhistorikerin und Jahrmarkt-Schaustellerin Margit Ramus. Die ersten sind in Lustgärten Adeliger nachzuweisen. Für Margit Ramus hat die Schiffsschaukel und das Schaukeln überhaupt Parallelen zum Leben: "Man ist mal oben, mal unten – und man kann die Seele baumeln lassen."
Auch Schaukel-Experte Wilhelm Schmid lobt die Rückkehr zur Schaukel, das die meisten aus der Kindheit kennen. Das Schaukeln sei viel mehr als ein kurzes Vergnügen, es sei sogar eine Metapher für das Leben an sich. Es vereine alle Phasen des Menschenlebens wie in einer Nussschale: das Aufsteigen, das Losschaukeln, das Hochfliegen und Abstürzen, das Durchhängen, das sich wieder Anschubsen lassen – und am Ende das gekonnte Absteigen.