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Bewegt Euch! – Wie Kinder Lust auf Sport bekommen

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Marc Bädorf
Marc Bädorf
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Justina Bretzel
Candy Sauer

4 von 5 Kindern und Jugendlichen bewegen sich zu wenig

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Kindern und Jugendlichen, sich mindestens eine Stunde am Tag zu bewegen. Erschreckend ist, dass 80 Prozent dieser Altersgruppe in Deutschland dies nicht erfüllen.

Der Mangel an Bewegung hat sich während der Corona-Krise zusehends verschärft: Eine aktuelle Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zeigt, dass Vier- und Fünfjährige sich vor der Pandemie durchschnittlich 189 Minuten am Tag bewegten – das sind etwa 3 Stunden. Während des Lockdowns schrumpfte die tägliche Bewegung auf 63 Minuten, also nur noch eine Stunde am Tag, zusammen.

Auch Deutschlands Vereine klagen über eine Austrittswelle während der Corona-Pandemie. So zählte die DOSB, die Dachorganisation des deutschen Sports, eine Million weniger Mitglieder. Insbesondere Neuanmeldungen fehlten. Das bereite große Sorge mit Blick auf den Nachwuchs und die Zukunft der Vereine.

Bewegung fördert die kindliche und jugendliche Entwicklung

Sport ist gesund. Das dürfte inzwischen weitreichend bekannt sein. Doch insbesondere für Heranwachsende ist ausreichend Bewegung entscheidend. Das betont Prof. Christoph Breuer, Sportökonom an der Sporthochschule Köln.  Zum einen bedeute sie Spaß und einen Ausgleich zum durchgetakteten Alltag. Darüber hinaus seien Sport und Bewegung essenziell für die motorische und auch kognitive Entwicklung.

Höher, schneller, weiter? Bestleistung ist im Schulsport nicht alles

Hinsichtlich dieser alarmierenden wissenschaftlichen Befunde bedarf es dringend neuer Ideen und Konzepte, die junge Generation zu animieren. Dabei, so Christoph Breuer, dürfe man die deutsche Bewegungsflaute nicht ausschließlich einer augenscheinlichen Motivationslosigkeit der Kinder und Jugendlichen zuschreiben. Nach wie vor sei deren Lust und Bedürfnis groß, sich in ihrer Freizeit zu bewegen. Entscheidender sei hingegen die pädagogische Gestaltung des Schul- wie auch Vereinssports. Hier dominiere noch immer das klassische Leistungsprinzip, die Bedürfnisse der Kinder seien jedoch zu sehr aus dem Blick geraten: Je schneller, höher, weiter, desto besser.

„Wenn wir starr Leistungsnormen anlegen (…), dann taucht das Problem auf, dass manche Schülerinnen und Schüler von vornherein zum Scheitern verurteilt sind.“

Dass Kinder und Jugendliche sich untereinander verglichen, sei zwar ganz normal, problematisch werde das Ringen um Bestleistungen jedoch dann, wenn Chancenungleichheit herrsche. Das betont Prof. Sebastian Ruin, Bewegungs- und Sportpädagoge der Universität Graz. Besonders im Sportunterricht sei dies oftmals nicht gegeben: Während sich Kinder, die in ihrer Freizeit im Verein aktiv sind, problemlos eine Eins erturnen, haben andere womöglich noch nie einen Handstand gemacht.

Ungleiche Bedingungen führten oftmals zu Scham und Versagensängsten. Möglicherweise entwickelten benachteiligte Kinder sogar eine generelle Abneigung gegenüber sportlicher Aktivität. Deshalb fordern immer mehr Experten kindergerechteres Training, in dessen Zentrum der Spaß an der Bewegung steht, nicht die Leistung.

Fußballtraining in Kleingruppen: mehr kicken, mehr Tore, mehr Spaß

Auch im Fußball – nach wie vor die beliebteste Sportart bei Jungen und Mädchen in Deutschland – will man den Fokus wieder verstärkt auf die Bedürfnisse der Jüngsten lenken. Hierfür setzt sich insbesondere Markus Hirte, Sportlicher Leiter der Talentförderung des DFB, ein. Er möchte das Training reformieren: Kinder gehörten nicht an den Spielfeldrand, wo sie sehnsüchtig darauf warten, endlich eingewechselt zu werden, sondern auf den Fußballplatz. Sie möchten spielen, Tore schießen. Darum sei es Zeit gewesen, die alten Trainingskonzepte umzugestalten: Ersetzt man die zwei großen gegen Mini-Tore und lässt stattdessen viele kleine Teams gegeneinander spielen, so gebe man den Kindern endlich die Chance, öfter zu kicken, zu treffen und Erfolgserlebnisse zu haben.

Hanteln und Proteinshakes im Fitnesssport – alles für den Topkörper

Anders hingegen sieht es im Fitnesssport aus. Hier scheint nur das Endergebnis zu zählen: Ein schöner, athletischer Körper. Durch intensives Training sowie die ergänzende Einnahme von Protein-Shakes und Boostern jeglicher Art soll dieser möglichst schnell erreicht werden. Oftmals, um dann die Trainingsergebnisse zur Schau zu stellen, so beschreibt es Sebastian Ruin. Bizeps-Bilder und Workout-Videos finden sich inzwischen zuhauf auf Instagram oder Youtube. Dieser Fitness-Hype in den sozialen Medien wird angeführt von sogenannten Sport-Influencern, die mit ihren perfekt durchtrainierten und gestylten Körpern hunderttausende oder gar Millionen Follower mitreißen.

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Schlanke Mädchen, muskulöse Jungs – gefährliche Idealbilder?

Bereits Heranwachsende eifern diesen Fitness-Stars nach. Meist versprechen sie sich von einem fitten Körper und gesunden Lifestyle soziale Anerkennung. Sebastian Ruin sieht hier eine zunehmende Gefahr für junge Menschen. Schnell könnten selbstauferlegte Fitness- und Ernährungspläne in falschen Ehrgeiz und eine verzerrte Selbstwahrnehmung abdriften.

Eltern, Lehrer, Trainer: Freude an Bewegung vermitteln statt Leistungsdruck

Sebastian Ruin fordert Schulen, aber auch Sportvereine auf, sich kritisch mit dieser Entwicklung auseinandersetzen. Sei es im Schul-, Vereins- oder Leistungssport – Erwachsene prägen den Bewegungsalltag von Kindern und Jugendlichen und stellen für diese Vorbilder und Vertrauenspersonen dar. Wichtig ist, dass Lehrer, Trainer und Eltern diese bedeutende Rolle erkennen und nicht missbrauchen – etwa, wenn sie zu viel Leistungsdruck auf Heranwachsende ausüben. So können sie zur ausreichenden Bewegung junger Menschen und deren gesunden Entwicklung beitragen.

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