So erlebte der Journalist Werner Sonne den Angriff der Hamas auf Israel

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Moderator/in
Nicole Köster
Moderatorin Nicole Köster aus dem SWR1 Team moderiert täglich ausßer samstags zwischen 10 und 12 Uhr die Sendung SWR1 Leute

Wohin steuert der Nahostkonflikt zwischen Israel und der Hamas? Werner Sonne war bereits über 50 Mal in Israel. Er berichtet über seine Erfahrungen und schätzt die Lage ein.

Mit diesen Spielern im nahen Osten wird es eine Lösung nicht geben. Nur wenn überall ein Neuanfang zustande kommen würde, kann man überhaupt eine Hoffnung haben.

Angriff der Hamas und die inneren Kämpfe Israels

Werner Sonne kennt die Situation in Nahost, seit er als junger Hörfunkreporter 1973 aus Israel berichtete. Er verfolgt die politische Entwicklung bis heute, auch die aktuellen Proteste gegen die geplante Justizreform von Benjamin Netanjahu, die im Januar 2023 begannen.

Der Kern dieses Problems war ja: Wie soll es mit dem Staat der Juden weitergehen. Soll es weiter eine weltoffene, liberale Gesellschaft sein oder soll es ein Gottesstaat werden?

Und dann erlebt Werner Sonne vor Ort den 7. Oktober 2023, als in Israel um 6.30 Uhr morgens Sirenen heulen, ihn aufschrecken und zwei Explosionen folgen. Der brutale Angriff der Hamas führt zum aktuellen Krieg in Nahost.

Die israelische Gesellschaft befinde sich in einem Dilemma, sagt Sonne. Die Forderung nach Geiselbefreiung und Kampf gegen Hamas vermische sich mit dem immer lauter werdenden Ruf nach Neuwahlen in Israel und dem Protest gegen Netanjahu.

Diese Situation sei nicht so einfach, meint Werner Sonne: Noch habe die Regierung in der Knesset, dem Parlament von Israel, die Mehrheit. Nur wenn die Knesset sich auflöse, könne es zu Neuwahlen kommen — daran habe die gegenwärtige Regierungsmehrheit kein Interesse.

Wie schwierig sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel?

"Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsraison – das haben wir nach dem Überfall der Hamas immer wieder gehört", sagt Werner Sonne. Schnell seien Rüstungsgüter geliefert und die Genehmigung für Waffenlieferungen im Oktober 2023 auf 320 Millionen Euro verzehnfacht worden.

Das habe sich nach dem ersten Vierteljahr des Krieges aber relativ schnell verändert. Bereits am 18. Januar habe die Bundesregierung die Waffenlieferungen eingestellt. Außenministerin Annalena Baerbock sei immer wieder nach Israel gereist und habe bei jedem Besuch ihre kritischen Töne deutlich verschärft.

Ein komplizierter Spagat für die Bundesregierung, meint Werner Sonne: einerseits die grundsätzliche Solidarität zum Staat der Juden, andererseits die Kritik und Forderungen, die kritische humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen zu verbessern.

Kann es eine Lösung für den Nahostkonflikt geben?

Werner Sonne blickt wenig optimistisch auf den Konflikt in Nahost: Noch gebe es keine Lösung, wie es mit dem Gaza-Streifen weitergehe. Und: dahinter stehe auch noch die viel größere Palästinenser-Frage. Mit der aktuellen Regierung Israels könne keine Lösung gefunden werden, da diese sofort auseinanderfallen würde. Auch sei die Hamas kein Partner, mit dem man eine Zwei-Staaten-Lösung verhandeln könne, ebenso wenig wie die "hochkorrupte Führung in Ramallah unter Mahmud Abbas", so Sonne.

Seine Einschätzung: Nur ein Neuanfang auf allen Seiten können überhaupt Hoffnung auf eine Lösung des Konflikts geben.

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