"Ich plane nicht, in eine Partei wieder einzutreten"

Volker Wissing zur Vertrauensfrage und seinem Verhältnis zur FDP

Stand
Das Interview führte
Jürgen Kurth
Interview mit
Volker Wissing, Bundesminister für Justiz, Digitales und Verkehr
Onlinefassung
SWR1

Heute stellt Bundeskanzler Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage. Wenn er sie verliert, ist der Weg für Neuwahlen im Februar frei. Über die Entwicklungen sprechen wir mit Volker Wissing.

Dr. Volker Wissing ist Bundesminister für Justiz und Bundesminister für Digitales und Verkehr. Nach seinem Austritt aus der FDP, ist er außerdem auch ein parteiloser Bundestagsabgeordneter.

Bundeskanzler stellt Vertrauensfrage im Bundestag

SWR1: Sie vertrauen und stimmen gleich für den Kanzler Olaf Scholz (SPD)?

Volker Wissing: Selbstverständlich.

SWR1: Es gibt keine Enthaltung, wie es bei den Grünen empfohlen wird?

Wissing: Nein. Ich habe keinen Grund, dem Bundeskanzler zu misstrauen.

Volker Wissing über das Ampel-Aus

SWR1: Was sind Ihre Empfindungen am heutigen Tag? Trauern Sie der Ampel-Koalition noch nach?

Wissing: Ich finde es schade, dass unsere Demokratie um Optionen ärmer geworden ist. Ich habe es immer als meine Aufgabe gesehen, mich in der Politik zu engagieren, um die Demokratie zu bereichern. Durch die Art und Weise, wie dieses Bündnis nun zu Ende geht, bleiben nur noch wenige Regierungskonstellationen als denkbare Möglichkeiten übrig. Und das ist schade. Dadurch wird die Demokratie ärmer.

SWR1: Sie haben es kommen sehen, dass es mit der Ampel zu Ende geht. Kannten Sie dieses "D-Day"-Papier?

Wissing: Ich will mich über diese Dinge rückblickend nicht äußern. Das müssen andere beurteilen und andere bewerten, wie genau man hier agiert hat. Es ist Aufgabe von Politikern, Brücken zu bauen und Kompromisse auszuhandeln.

Es ist Aufgabe von Politikern, Brücken zu bauen und Kompromisse auszuhandeln.

Ich habe den Eindruck, dass manche vergessen haben, dass in einer Demokratie der Kompromiss das Ziel ist und eben keine Belastung oder eine zweitbeste Lösung. Sondern der Kompromiss ist das Ziel, weil nur auf der Grundlage von Kompromissen ein Ausgleich unterschiedlicher Interessen möglich ist.

Wenn die Einen glauben, sie müssen so lange Neuwahlen machen, bis sie sich gegen andere durchsetzen können, wird die Gesellschaft im Zusammenhalt nicht gestärkt. Ich finde, dass dieser Gedanke offensichtlich vielen abhandengekommen ist.

Wie geht es nach Neuwahlen weiter?

SWR1: Sie sind aus der FDP ausgetreten. Was bleibt vom Verkehrsminister Wissing, wenn diese Bundesregierung dann eine Nachfolgeregierung findet?

Wissing: Es ist nicht meine Rolle, eine Bilanz zu ziehen über meine eigene Arbeit, aber wir haben viel auf den Weg gebracht. Wir haben im Bereich der Digitalisierung inzwischen über 97 Prozent Netzabdeckung im Mobilfunk in Deutschland, sind damit in eine Spitzenposition in Europa vorgerückt.

Wir haben gerade am Samstag die Riedbahn eingeweiht und damit gezeigt, dass wir ein großes Bahnsanierungskonzept erfolgreich umsetzen können. Wir haben das Deutschland-Ticket eingeführt und damit eine Revolution im ÖPNV angestoßen und auch mehr Digitalisierung im ÖPNV.

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Volker Wissing und die FDP

SWR1: Wie ist Ihre Haltung zur FDP? Ist das Thema erledigt oder geht da in Zukunft noch etwas?

Wissing: Ich habe mich von den Grundwerten des Liberalismus und dem Schutz der Entscheidungsfreiheit von Individuen nicht verabschiedet oder mich politisch neu orientiert.

Ich habe meine Haltung und meine Überzeugung, was Verantwortung in Regierungsämtern heißt, deutlich gemacht und musste am Ende mich zwischen dem Staatsamt und der Partei entscheiden. Ich habe mir nicht ausgesucht, in eine solche Situation zu geraten. Das haben andere entschieden.

Ich plane nicht, in eine Partei wieder einzutreten.

Video: Wie geht es nach der Vertrauensfrage weiter?

SWR1: Wenn Sie sagen, Sie haben noch Freunde in der FDP und identifizieren sich auch weiterhin mit den Werten der FDP, heißt das dann ab April sehen wir Sie wieder in der FDP, vielleicht auch in der Rheinland-Pfalz FDP?

Wissing: Ich habe jetzt eine Entscheidung getroffen und ich glaube, das ist eine klare Entscheidung gewesen. Jetzt schauen wir nach vorne. Ich bin ja noch im Amt und habe hier sehr viel zu tun. Es ist in dieser laufenden Amtsperiode noch einiges auf den Weg zu bringen, es sind auch noch viele Fragen zu klären bei der Bahn. Aber um es klar zu sagen: Ich plane nicht, in eine Partei wieder einzutreten.

Das vollständige Interview könnt ihr oben im Audio anhören.

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