Die ersten Vergleiche mit Timo Boll schmeicheln Annett Kaufmann, doch die große deutsche Tischtennis-Hoffnung hält sie auch für überzogen. "Natürlich fühle ich mich geehrt, wenn Leute mich als neuen Timo Boll bezeichnen, aber ich würde da erst mal ein bisschen Abstand von nehmen und mir selber keinen Druck machen", sagte die 18-Jährige nach ihrem erneut herausragenden Auftritt bei der Halbfinal-Niederlage der deutschen Tischtennis-Frauen bei Olympia gegen Japan.
"Timo ist eine Legende, hat vieles erreicht - und das über Jahre." Sollte sie "im gleichen Alter von Timo so gut dastehen, dann kann man sagen: Okay, ich war die neue Timo Boll". Der 43-jährige Timo Boll hatte nach dem Viertelfinal-Aus der Männer gegen Schweden seine internationale Karriere beendet, in der er unter anderem vier Team-Medaillen bei Olympia gewann. Olympia-Debütantin Kaufmann steht erst am Anfang ihrer Laufbahn, zeigt in Paris aber bereits Weltklasse-Leistungen. Sie holte gegen die zwei Jahre jüngere Miwa Harimoto, immerhin Nummer acht der Weltrangliste, durch ein phänomenales 3:0 den einzigen Sieg beim 1:3 gegen Japan.
Tischtennis | Olympische Spiele Deutschland im Tischtennis dank Annett Kaufmann im Viertelfinale
Die erst 18 Jahre alte Deutsche Meisterin Annett Kaufmann aus Bietigheim gewann gegen die USA gleich beide ihrer Matches. Nun geht es im Viertelfinale gegen Indien.
Bundestrainerin über Annett Kaufmann: "Sie kann eine Topspielerin werden"
Unmittelbar nach ihrem Erfolg schlug sie ungläubig beide Hände vors Gesicht. "Ich habe es zunächst nicht geglaubt, Miwa ist eine super Spielerin und hat gegen super viele Spielerinnen gewonnen", sagte Kaufmann, "und dass es so klar war, hat mich ein bisschen geschockt". Ihr nächstes Ziel: Bronze. Auch Bundestrainerin Tamara Boros kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. "Was sie hier spielt, das ist Top Ten der Welt", sagte Boros: "Ich wusste, dass sie wirklich gut spielen kann. Aber nicht, dass sie das über fünf Spiele halten kann." Die in Bietigheim aufgewachsene Spielerin vom SV DJK Kolbermoor hat alle ihre fünf Spiele im Teamwettbewerb gewonnen. Sie war erst wenige Wochen vor Olympia durch den Ausfall von Ying Han in den Kader gerutscht.
Was sie mit ihren 18 Jahren hier zeigt, ist unglaublich. Sie spielt wie eine erfahrene Spielerin bei ihrer dritten oder vierten Olympia-Teilnahme.
Bundestrainerin Tamara Boros glaubt an eine große sportliche Zukunft der 18-Jährigen: "Sie muss in ihrer Karriere immer noch einen Schritt nach dem anderen machen, aber sie kann wirklich eine Topspielerin werden."
Annett Kaufmann: "Meine Familie gibt mir ganz viel Unterstützung"
Ihre Weltklasseleistung erklärt die in Paris von allen Seiten hoch Gelobte so: "Ich gehe selbstbewusst an den Tisch, egal wer auf der anderen Seite steht. Ich weiß, was ich kann, und dass die andere Person gegen mich taktisch gut spielen muss, um zu gewinnen. Das gibt mir Mut. Kaufmann ergänzt: "Meine Familie gibt mir von zu Hause aus hier ganz viel Unterstützung, auch U19-Bundestrainerin Lara Broich unterstützt mich, wo sie kann. Das bedeutet mir sehr viel und hilft mir auch."
Im Spiel um Bronze am Samstag (10.00 Uhr) gegen Südkorea will Kaufmann nachlegen und mit ihren Teamkolleginnen Yuan Wan und Xiaona Shan Edelmetall holen. "Wir werden kämpfen und denen kein leichtes Spiel machen", kündigte sie an: "Ich persönlich versuche auch, das zu genießen. Man steht nicht jeden Tag mal so bei Olympia und spielt um eine Medaille."
