Sie lassen zur Zeit die Muskeln spielen: Die Spieler des VfB Stuttgart

Fußball | Bundesliga

"September-Meister" VfB Stuttgart vor Härtetest Wolfsburg: Darum kann die Serie halten

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Michael Bollenbacher

Der VfB Stuttgart ist zur Zeit eines der heißesten Teams der Bundesliga. Mit 19 Toren und 15 Punkte aus drei Spielen jagen die Schwaben ihre eigenen Uralt-Rekorde. Und es gibt Gründe, warum der Lauf auch gegen Wolfsburg anhalten kann.

Zugegeben, der inoffizielle Titel "Septembermeister" ist für den VfB Stuttgart letztlich wertlos, dennoch kann er ihn sich auf die weiß-roten Farben schreiben. Die Bilanz der Schwaben im vergangenen Monat liest sich beeindruckend: 14:2 Tore und vier Siege. Insgesamt schossen die Schwaben bisher 19 Tore, was es in diesem Zeitraum in 57 Jahren Bundesliga für sie noch nie gab, dazu wurden die letzten vier Liga-Spielen mit mindestens zwei Toren Vorsprung gewonnen.

Das macht den VfB gerade zu einem der heißesten Teams der Bundesliga. Mit dem VfL Wolfsburg kommt nun ein echter Brocken in die Stuttgarter Arena. Doch es gibt Gründe, warum der Höhenflug auch gegen die Wölfe anhalten kann.

Variable Offensivwucht

Trifft der eine nicht, macht's eben der andere. Möglicherweise wollte Serhou Guirassy nach der Übernahme der bundesdeutschen Fußball-Schlagzeilen die Bühne einfach mal den Kollegen überlassen. Der Zehn-Tore-Mann aus Guinea traf zwar nicht ins Tor, leitete aber das 2:0 von Deniz Undav per Umschaltpass maßgeblich mit ein. Undav traf gleich zwei Mal, was ihm selbst Auftrieb und dem VfB noch mehr nötige offensive Variabilität gibt. Denn trotz der überragenden Torquote Guirassys verteilt sich die Torgefahr bei den Stuttgartern auf mehrere Schultern.

Der schnelle Tempodribbler Chris Führich - plötzlich effizient - legte das 1:0 von Undav auf unverbuchte so bereits seinen sechsten Scorerpunkt. Damit hat er nach sechs Spielen nur einen weniger als in der gesamten Vorsaison. Hinten rechts initiiert Pascal Stenzel regelmäßig die VfB-Angriffe und steht auch schon bei drei Assists. Dazu hat sich der junge Franzose Enzo Millot weiterentwickelt. Millot hatte sein großes Potenzial schon zu Beginn unter Hoeneß angedeutet, inzwischen ist er ganz eindeutig Leistungsträger.

Trainer Sebastian Hoeneß

Viel wurde VfB-Coach Sebastian Hoeneß in den letzten Tagen und Wochen gelobt und gehuldigt. Selbst von außen betrachtet kann man nur sagen: Zurecht! Wie Hoeneß die Mannschaft anpackt, in der viele Spieler der Fast-Abstiegssaison noch heute spielen und die mit Endo, Mavropanos und Sosa einen gehörigen Substanz- und Erfahrungsverlust zu verkraften hatte, ist bemerkenswert. 2,11 Punkte pro Spiel (19 Partien, inklusive DFB-Pokal und Relegation) ist ein extrem starker Wert, die Spielweise ist offensiv und mutig. Zuhause verlor der VfB bislang nur ein Mal: das DFB-Pokalhalbfinale gegen Eintrracht Frankfurt im Mai.

Der 40-Jährige scheint ein Bessermacher zu sein, die Leistungssteigerung der Spieler zieht sich durch alle Mannschaftsteile. Clublegende Cacau beschreibt Hoeneß im Gespräch mit SWR Sport so: "Ein Trainer, der es schafft, die Mannschaft auch dahin zu bringen, dass sie diese Leistung dann auch auf dem Platz bringen kann."

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Der Höhenflug des VfB Stuttgart hat viele Gesichter, etwa Serhou Guirassy, Chris Führich, Enzo Millot oder Alexander Nübel. Doch der entscheidende Faktor für den Erfolg ist Trainer Sebastian Hoeneß, findet SWR-Sportredakteur Johann Schicklinski.

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Resizilienz

Der etwas akademisch anmutende Begriff Resilienz bedeutet frei übersetzt so viel wie Widerstandsfähigkeit. Schon zwei Mal hat der VfB diese auf den Platz bringen können. In Köln bewiesen die Stuttgarter Geduld, erzielten im letzten Drittel des Spiels noch die beiden siegbringenden Tore und spielten ihren Stiefel cool zu Ende. Mainz kassierte der VfB den 1:1-Ausgleich, überstand aber diese Phase und konnte das Spiel noch mit 3:1 gewinnen. Beim Freitagabend-Flutlichtspiel gegen Darmstadt lag man früh 0:1 zurück und gewann ebenfalls, am Ende hochüberlegen mit 3:1. Auch das ist eine Steigerung zur vergangenen Saison, wo der VfB oft früh in Rückstand geriet, diesen aber nicht mehr drehen konnte.

Das Momentum

Wenn's läuft, dann läuft's ist wohl das Antonym zum legendären "Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß". Der VfB kann derzeit von Ersterem ein Lied singen. Entscheidend ist hierbei auch der gute Saisonstart mit den - bis auf Freiburg und Leipzig - verhältnismäßig dankbaren Gegnern.

Ein guter Saisonstart kann viel ins Rollen bringen, in der vergangene Saison hing die Sieglosigkeit wohl wie Blei über den Schultern der Spieler. So dauerte es 22/23 bis zum 10. Spieltag, ehe die Schwaben den ersten Sieg einfahren konnten. In der Saison 21/22 gab es zwar am 1. Spieltag ein 5:1 gegen Fürth, in den darauffolgenden fünf Spielen aber keinen Dreier mehr. Ganz anders in dieser Spielzeit: Zuletzt gelangen vier Siege mit mindestens zwei Toren Vorsprung. Das gab es zuletzt März 1997 unter Jogi Löw. Sollte der Hoeneß-Elf nun gegen den VfL Wolfsburg noch einen fünften Sieg mit einem solchen Vorsprung gelingen, wäre dies ein Vereinsrekord. Ein Fan auf dem Wasen kommentiert es mit: "Jetzt sind wir endlich mal wieder stolz auf unseren Verein und wir freuen uns!"

Rückhalt - im Tor und auf den Rängen

Alexander Nübel kam, sah und hielt. Die Bayern-Leihgabe spielte nun schon drei Mal zu Null, was dem VfB Stuttgart in der gesamten Vorsaison nur zwei (!) Mal gelang. Der 27-Jährige fängt Flanken ab, zeigt starke Reaktionen im Eins-gegen-Eins und gibt seinen Vorderleuten Sicherheit.

So hat Dan-Axel Zagadou, zuvor auch gerne mal als Unsicherheitsfaktor ausgemacht, mit knapp 74 Prozent die zweitbeste Zweikampfquote aller Bundesliga-Verteidiger. Der frühere Dortmunder, erst 24 Jahre alt, kam in allen sechs Spielen zum Einsatz. Hiroki Ito macht Borna Sosa auf der linken Seite vergessen und auch Neuzugang Anthony Rouault hat sich beim 2:0 in Köln gut eingefügt.

Kapitän Waldemar Anton ist seit Wochen in Topform, zeigt gutes Tempo und räumt hinten vieles ab. Einige fordern jetzt sogar die Nominierung für die DFB-Elf. Die Fans, ohnehin in Stuttgart eine Macht, honorieren dies mit lautstarkem Support und kollektiver Euphorie. Zwar ist das keine Garantie für einen Sieg gegen den VfL Wolfsburg, doch es sprechen einige Faktoren dafür, dass die VfB-Erfolgsserie auch am Samstag gegen 17:25 Uhr noch nicht zu Ende sein muss.

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Michael Bollenbacher