Wie hat man Erfolg?
Meine persönliche Formel für nachhaltigen Erfolg eines Fußballvereins lautet kurz und knapp: eine qualitativ hochwertige Achse so lange wie möglich zusammen spielen zu lassen. Die etwas älteren Fußballfreunde erinnern sich in Bezug auf den VfB Stuttgart natürlich an die Herren Ohlicher, Müller, Förster, Allgöwer, Buchwald oder auch Klinsmann in den 70er- und 80er-Jahren. Kurz vor der Jahrtausend-Wende zauberte sich das "Magische Dreieck" mit Balakov, Bobic und Elber durch die Arenen. In den Nuller-Jahren sorgten die legendären "jungen Wilden" dafür, dass sie bei Manchester United äußerst ungern an diesen Champions-League-Abend am 1. Oktober 2003 zurückdenken.
Garniert wurden die jeweiligen Achsen dieser Kader-Positionen übergreifend mit Topspielern: Spontan fallen mir da Namen wie Soldo, Hleb, Cacau, Meira, Bordon oder Gomez ein. Namen, die auf der Stuttgarter Königsstraße jedem Kind ein Begriff waren. Meistens, so mein Eindruck, konnten zu diesen Zeiten herausgelöste Puzzleteile auch adäquat ersetzt werden. Die letzten zehn Jahre war das nicht mehr der Fall. Ob die gerade vergangene Saison wieder eine Zeitenwende markiert, muss sich erst noch herausstellen.
Wie ist die Lage?
Keine Frage, ein erfolgreicher Kader weckt Begehrlichkeiten bei Vereinen, die in der Nahrungskette höher eingestuft werden. Hiroki Ito ist schon bei den Bayern und im schlimmsten Falle verabschieden sich auch die vier deutschen Nationalspieler des VfB und Top-Torjäger Serhou Guirassy. Nix ist fix, aber die Wahrscheinlichkeit sehr groß. Das wäre eine Vollkatastrophe für die Schwaben in Bezug auf meine Eingangs-These. Aber Vereine wie der VfB Stuttgart sind gut beraten, nur zu einem gewissen Grad zu versuchen, diese Angriffe von finanziell potenteren Klubs unter allen Umständen parieren zu wollen. Die berühmt-berüchtigte "Champions-League-Falle" dürfte mittlerweile jedem Manager ein Begriff sein. Gehälter verdoppeln und teuer einkaufen ist, wenn überhaupt, nur noch in der Premier League im Trend. Und keiner garantiert, dass Einnahmen aus der Königsklasse zu einem Dauerzustand werden.
Wie geht's weiter beim VfB Stuttgart?
An die Zukunft zu denken und mit einer sorgfältigen Weitsicht Spieler zu verpflichten, abzugeben oder weiter zu beschäftigen, gehört natürlich zu den Kernaufgaben von Sportvorstand Fabian Wohlgemuth und dem Leiter der Lizenzspielerabteilung Christian Gentner. Laut diversen Medienberichten müssen die Verantwortlichen beim VfB auch dieses Jahr mit Transfer-Überschüssen die klammen Kassen (Stadionumbau, Kredit-Tilgungen) füllen. Vor diesem Hintergrund steht der VfB zwar unmittelbar vor den Spielen in der Champions-League, aber zum anderen auch vor einem größeren personellen Umbruch. Zum Teil wurde der Kader schon aufgefüllt. Das wird aber noch nicht reichen um den königlichen Qualitätstest zu bestehen und auch die Doppelbelastung auszuhalten. Es ist davon auszugehen, dass der Verein etwa bei Deniz Undav nicht "all-in" gehen wird.
Fußball | Bundesliga Medien: Waldemar Anton wechselt von Stuttgart zum BVB
Bei der EM ist Waldemar Anton noch nicht zum Einsatz gekommen. Seine Club-Zukunft soll er angeblich aber geklärt haben.
Um womöglich vier Nationalspieler und mit Serhou Guirassy den zweitbesten Goalgetter der Bundesliga zu ersetzen, braucht es wohl das gesamte Netzwerk von Wohlgemuth, Gentner und Co, um das Qualitäts-Defizit nicht zu groß werden zu lassen. Das wird auf jeden Fall kostspielig. Preiswerte Top-Talente, die kaum einer kennt, gibt es nicht mehr. Kreativität beim Scouting und natürlich das gewisse Quäntchen Glück gehören dazu. Einfacher wäre es, man könnte sich im hauseigenen Nachwuchsleistungszentrum NLZ bedienen. Aber wo die nachwachsenden Top-Talente des VfB Stuttgart bleiben, ist ein anderes Thema.
Es könnte alles so schön sein bei den Roten: nach der Vizemeisterschaft auf die Reise durch Europa gehen und die Arenen rocken. Jetzt, da sich die Kinder auf der Königstraße gerade an die Namen der Spieler gewöhnt haben.