Fußball | Meinung

Neue Spieler, neue Chance, neues Glück für den VfB Stuttgart?

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Autor/in
Kersten Eichhorn

Trotz des Einzugs in die Champions League verlassen mehrere Leistungsträger den VfB Stuttgart. Der Weggang von Spielern wie Ito, Anton oder Guirassy kann für den Vizemeister aber auch eine neue Chance sein, sagt SWR-Sportredakteur Kersten Eichhorn.

Guirassy ist also der Nächste. Nach den Abwehrsäulen Hiroki Ito und Waldemar Anton verlässt auch der Top-Torjäger Stuttgart.

Man könnte es sich jetzt auch ganz einfach und bequem machen und dem Meinungs-Mainstream rund um den VfB folgen. Ab ins Tal des Jammerns und Wehklagens. Ito weg, Anton weg, Guirassy weg, eventuell auch Chris Führich, dazu der Transfer von Deniz Undav fraglich. Eine erfolgreiche Mannschaft wird auseinandergekauft. Zum Heulen. Frust macht sich breit am Neckar, sportliche Zukunftsangst. Was nun? Wo soll das noch hinführen?

Inzwischen aber sehe ich die Situation aus einer völlig anderen Perspektive. Nach dem Motto: neues Spiel mit neuen Spielern, neue Chance, neues Glück für den VfB. Zugegeben, natürlich hätte jeder Stuttgarter diese so attraktiv aufspielende Mannschaft liebend gerne auch in der kommenden Saison, zumal für die Champions League qualifiziert, am Ball gesehen. Natürlich kann man die genannten Spieler nicht unbedingt von heute auf morgen Eins-zu-Eins ersetzen. Natürlich musst du erst ein neues, funktionierendes Gefüge zusammenbasteln. Das kann mitunter dauern.

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Fressen und gefressen werden

Andererseits: Man kann es nicht ändern, das sind nun mal die Gesetze des modernen Fußballgeschäfts. Fressen und gefressen werden. Von oben nach unten: Bayern bedient sich an Stuttgart und Leverkusen (Ito und Tah), Dortmund frisst den VfB (Anton und Guirassy), der VfB lockt Kölner Jungs (Chabot und Diehl), Gladbach shoppt in Heidenheim (Kleindienst), die Heidenheimer wiederum holen Ulms Top-Scorer (Scienza). Und so weiter. Das war in der Bundesliga schon immer so und wird sich bei unverändert unterschiedlicher Finanzlage nie ändern. Auch die - Achtung: Stuttgarter Unwort des Jahres - sogenannten Ausstiegsklauseln gehören längst dazu.

Und außerdem: Hätte es eine Art Garantie dafür gegeben, dass die Spieler, die jetzt den VfB für immerhin gutes Geld verlassen, auch in Zukunft weiter duchgestartet und ohne Verletzungen durchgekommen wären, ähnlich herausragende Leistungen wie in der vergangenen Saison gezeigt hätten, das Team genauso funktionieren würde?

Verwiesen sei an dieser Stelle an die Geschehnisse vor gerade mal einem Jahr, als Stuttgart auch mit den jetzt so gehypten Itos, Antons, Guirassys und Führichs beinahe in die 2. Liga abgestiegen wäre. So schnell können sich Zeiten und Formkurven im Fußball ändern. In die eine wie in die andere Richtung.

Kein Platz für Fußball-Romantik

Und die Fußball-Romantik im Profigeschäft haben wir uns sowieso längst abgewöhnen müssen. Irgendwelche Treuebekundungen nach noch so langfristigen Vertragsunterschriften - selbstredend mit Ausstiegsklausel - sind nett gemeint, aber selten ernst zu nehmen. Bei Verdoppelung oder gar Verdreifachung von Gehältern, dazu noch Unterschriftsboni samt üppiger Beraterprovisionen kann niemand einem wechselwilligen Profi wie dem in den vergangenen Tagen in den Sozialen Medien von den Fans vielgescholtenen Waldemar Anton wirklich böse sein. Enttäuscht ja, das gehört zur Emotion des Fußballs einfach dazu.

VfB-Verkäufe bringen volle Kassen

Und schließlich sind die bereits vollzogenen und bevorstehenden Verkäufe von Leistungsträgern auch eine Stuttgarter Win-Situation, weil unverzichtbares Geschäftsmodell. Knapp 70 Millionen Euro Ablöse allein für Ito, Anton und Guirassy sind schon ein dickes Pfund, mit dem der VfB Ordnung in seine Haushaltskasse bringen und darüber hinaus selbst den einen der anderen interessanten Transfer tätigen kann.

Zur Erinnerung: Auch letztes Jahr im Sommer herrschte zunächst tiefer Frust bei den VfB-Anhängern, als mit Endo, Mavropanos und Sosa drei Stars (auch für hohe Ablösesummen) den Verein verließen. Was passierte? Die "neue" Mannschaft katapultierte sich vom Fast-Absteiger zum Vizemeister binnen zwölf Monaten. Das Trio war - bei allen Verdiensten der Vergangenheit - schnell Vergangenheit.

Vertrauen in Fabian Wohlgemuth und Sebastian Hoeneß

Und so sollte man auch jetzt dem umsichtigen Geschick des künftigen Sportvorstands Fabian Wohlgemuth und einem exzellenten Spielerentwickler wie Trainer Sebastian Hoeneß vertrauen, dass sie in der Lage sind, dem Stuttgarter Team erneut einen frischen Anstrich zu verpassen. Wer, bitteschön, hätte nur im Ansatz daran gedacht, dass die letztjährigen VfB-Transfers Alexander Nübel, Maxi Mittelstädt, Angelo Stiller und Deniz Undav allesamt zu Volltreffern auf dem Spielermarkt werden?

Neue spannende Namen wie Chabot und Rieder beim VfB

Der unermüdliche Kaderplaner Wohlgemuth konnte im aktuellen Transferfenster schon wieder spannende Namen ans Neckarland ziehen. Spieler, auf die man sich freuen sollte: Mit Jeff Chabot aus Köln und dem Schweizer EM-Spieler Fabian Rieder sind gestandene Fußballer dabei, die schnell in der Lage sein könnten, entstandene Lücken zu füllen. Mit Yannik Keitel aus Freiburg, dem Bremer Nick Woltemade und dem Kölner Justin Diehl kommen - zumal ablösefrei - hochtalentierte deutsche U-Nationalspieler, die in den nächsten Jahren im VfB-Trikot für Furore sorgen könnten. Weitere Neue werden folgen.

Sind wir abschließend doch mal ehrlich. Selbst bei einem Verbleib von Ito, Anton und Guirassy hätte kein Mensch vom VfB eine Wiederholung der letzten Rekordsaison erwarten dürfen. Statt Trübsal zu blasen, freuen wir uns jetzt doch lieber auf die bevorstehende Bundesligasaison samt Champions-League-Abenden. Mit neuen Spielern, neuen Chancen und neuem Glück für Stuttgart.

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Kersten Eichhorn

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