Unter Federführung der Europäischen Weltraumorganisation ESA haben tausende Menschen aus 21 Ländern die Euclid-Mission Wirklichkeit werden lassen.
Einer von ihnen ist Frank Grupp, Optiker und deutscher Projektmanager von Euclid. Am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching bei München war er verantwortlich für die Infrarot-Optik des Weltraumteleskops. Dementsprechend habe er beim Start der Mission am 1. Juli 2023 "ganz schön gefiebert“.
Euclid zeigt schon jetzt Millionen von Galaxien
Und das Fiebern hat sich offenbar gelohnt: Die erste große Veröffentlichung von Euclid-Daten zeigt hochauflösende Aufnahmen, auf denen 26 Millionen Galaxien zu sehen sein sollen. Von mehreren hunderttausenden konnten die Wissenschaftler auch Form und Entfernung bestimmen, heißt es.
Zum Vergleich: Wenn man mit bloßem Auge in den Nachthimmel blickt, kann man ungefähr zwischen 3.000 und 5.000 Sterne sehen. Und eine einzige Galaxie besteht wiederum aus unzähligen Sternen und anderen Himmelskörpern.
Bisher hat Euclid noch nicht einmal 0,5 Prozent der geplanten Himmelsfläche kartiert. "Also insgesamt erwarten wir am Ende anderthalb Milliarden Galaxien mit Euklid zu finden.“, sagt Grupp. Möglich wird das dank des enorm großen Gesichtsfelds des Teleskops.

Weltraumteleskop kombiniert zwei Optiken
Für seine Aufnahmen nutzt Euclid einerseits sichtbares Licht, so wie gewöhnliche Kameras. Damit kann die Form von Galaxien bestimmt werden. Außerdem nutzt Euclid ein Infrarot-Instrument für unsichtbare Lichtfrequenzen. Damit können die Forschenden die Entfernung der Galaxien messen.
Dafür nutzen sie den Doppler-Effekt. Den kennt man von schnellen Autos, die an einem vorbeifahren. Solange sie auf einen zufahren, klingen sie höher. Fahren sie wieder von uns weg, klingen sie tiefer.
„Galaxien tun das Gleiche. Wenn die sich auf uns zu bewegen, ist das Licht blau-verschoben. Dann werden die Galaxien ein bisschen blauer. Wenn die von uns wegfliegen, ein bisschen röter. Über den Effekt kann man über die Ausdehnung des Universums den Abstand messen.“, erklärt Grupp.

Aus Rohbildern soll 3D-Karte entstehen
Damit man all diese Daten überhaupt nutzen kann, müssen sie aber erst einmal aufbereitet werden. Maximilian Fabricius ist der Leiter des deutschen Science Data Centers von Euclid, ebenfalls am MPE in Garching. Der Astronom ist also für die Datenverarbeitung verantwortlich. Er sagt, das funktioniere mithilfe von sogenannten Pipelines, also Funktionen und Algorithmen:
"Wir nennen das Pipelines deswegen, weil das wirklich sukzessive von sehr rohen Daten immer weiter zu höher analysierten Daten übergeht. Also man kriegt Rohbilder, die wären für Menschen erstmal überhaupt nicht als Bilder von irgendwelchen Objekten am Himmel zu erkennen.“
Am Ende der Datenverarbeitung soll dann eine 3D-Karte eines Teils des Universums stehen. Dafür sind mehrere große Rechenzentren nötig.

Die Entwicklung des Universums verstehen
Eines der Ziele von Euclid ist nämlich, zu verstehen, wie sich der Kosmos entwickelt hat und warum.
Laut Projektmanager Grupp reichen die tiefsten Euclid-Aufnahmen etwa 10,5 Milliarden Lichtjahre zurück: "Das Universum ist vermutlich um die 14 Milliarden Lichtjahre alt. Also, wir sehen mehr als zwei Drittel der Entfernung oder der Zeit ins Universum zurück.“
Bei Euclid gehe es aber nicht um die am weitesten entfernten Galaxien. Für die Mission sei es wichtiger, Galaxien sehr genau zu kartographieren.

Dunkle Materie und Dunkle Energie
Das zweite große Ziel: Die Rolle von Dunkler Materie und Dunkler Energie verstehen.
Die Existenz von Dunkler Materie wird angenommen, weil offenbar eine noch unbekannte Masse darauf wirkt, wie sich Galaxien bewegen. Woraus diese Masse besteht, ist unklar. Dunkle Energie hat dagegen mit der Ausbreitung des Universums zu tun. Es wird angenommen, dass es sich seit dem Urknall immer weiter ausdehnt.
"Aber was wir erst seit etwa 20 Jahren wissen, ist, dass das offenbar beschleunigt passiert, und da scheint es eine antreibende Kraft zu geben und die nennen wir eben die Dunkle Energie. Und davon verstehen wir noch wesentlich weniger. Wir wissen einfach nicht, was es mit der auf sich hat.“, sagt Astronom Fabricius.

Datensatz ist Fundgrube für Forschende
Mit diesem ersten Datensatz könne man Dunkle Energie und Materie noch nicht untersuchen. Dafür hofft Fabricius auf deutlich mehr Daten bis November. Von den ersten Ergebnissen ist er trotzdem überzeugt:
"Nichtsdestotrotz ist es schon ein fantastischer Datensatz, um Galaxienentwicklung zu untersuchen, um die Co-Entwicklung von Galaxien und Schwarzen Löchern zu untersuchen, um im lokalen Universum sehr, sehr genau zum Beispiel die Struktur von Zwerggalaxien zu untersuchen.“