Das Esa-Weltraumteleskop „Euclid“ ist am 1. Juli 2023 erfolgreich mit einer „Falcon 9“-Rakete von SpaceX ins All gestartet. Ziel ist der von Erde etwa 1,5 Millionen Kilometer entfernte Erde-Sonne-Lagrange-Punkt L2. Hier befindet sich bereits das „James Webb“-Weltraumteleskop. „Euclid“ soll von dort aus sechs Jahre lang das Universum beobachten und eine 3D-Karte des Universums, mit der Zeit als dritter Dimension, erstellen.
Ziel der Mission ist nichts Geringeres, als die Entwicklung und Zusammensetzung des Universums zu verstehen. Dafür blickt Euclid bis zu 10 Milliarden Jahre in die Vergangenheit und beobachtet mehr als ein Drittel des gesamten Himmels.
Dunkle Materie großes Rätsel des Universums
Dunkle Materie kann nicht durch Licht oder andere elektromagnetische Wellen detektiert werden, das heißt: Sie ist unsichtbar. Und trotzdem macht sie 25 Prozent des Universums aus. Ein noch viel größerer Teil, etwa 70 Prozent des Universums, besteht aus Dunkler Energie. Diesen beiden Unbekannten soll nun die europäische Weltallmission Euclid auf den Grund gehen. Für Hans-Walter Rix, Direktor der Abteilung "Galaxien und Kosmologie" am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, der an der Euclid-Mission mitgearbeitet hat, eines der großen Rätsel des Universums:
Dunkle Energie sorgt dafür, dass sich das Universum immer schneller ausdehnt. Doch wie genau sie das macht und woraus sie besteht, ist nach wie vor ungeklärt.
Berühmter griechischer Mathematiker namensgebend
Über die Beschaffenheit des Raumes hat sich im dritten Jahrhundert vor Christus schon ein berühmter griechischer Mathematiker Gedanken gemacht. Ihm verdankt die Mission auch ihren Namen. "Euklid war der erste, der über die Geometrie des Raumes nachgedacht hat, nämlich, dass der Raum flach ist", erläutert Rix.
Flach bedeutet in diesem Fall, dass zwei Objekte, die sich beispielsweise in einem Meter Abstand voneinander in dieselbe Richtung bewegen, für immer diesen einen Meter Abstand haben werden - wenn sie nicht von außen beeinflusst werden. Zwei Parallelen bleiben also für immer parallel. Der Raum, den wir intuitiv kennen, den wir um uns herum wahrnehmen, ist dieser flache, euklidische Raum.
Die Dunkle Energie, die die Ausdehnung des Alls anscheinend beschleunigt, treibt alle Teile des Universums voneinander weg, erklärt Rix. Deswegen würden Parallelen eigentlich auseinanderdivergieren. "Auf der anderen Seite", sagt der Astronom, "Masse krümmt den Weg von Licht und würde zwei parallele Lichtstrahlen aufeinanderzubringen. Und es scheint so zu sein, dass die zwei Effekte sich genau gegeneinander aufheben, sodass das Universum ein flacher, dreidimensionaler Raum ist." Ob diese Annahme stimmt, soll mit Euclid nun besser erforscht werden.
3D-Karte des Weltraums
Das Weltraumteleskop wird eine dreidimensionale Karte erstellen, die diesem Phänomen auf den Grund gehen soll. Und sie soll die Verteilung von Dunkler Materie im Universum zeigen. Denn obwohl Dunkle Materie unsichtbar ist, macht sie sich durch ihre Masse bemerkbar. Ein großer Klumpen Dunkler Materie krümmt Lichtstrahlen, die sich an ihm vorbei bewegen - ähnlich wie eine Linse. Bilder von Galaxien erscheinen also verzerrt, wenn sich ein Klumpen Dunkler Materie zwischen der Galaxie und dem Teleskop befindet.
Euclid hat zwei Messgeräte an Bord, mit deren Hilfe die 3D Karte des Universums erstellt werden soll. "Das eine ist im Wesentlichen eine riesige Kamera und mit der wird es besonders scharfe Aufnahmen des halben Himmels machen", beschreibt Rix. Scharf genug, dass sie tatsächlich die einzelnen winzigen Galaxien sehen könne. Dadurch soll man laut Rix auch sehen können, ob deren Erscheinung durch den sogenannten Gravitationslinseneffekt verzerrt sind. "Und das andere ist eine Drei-Farben-Infrarot-Kamera, und die brauchen wir, um die Entfernung zu den Galaxien zu messen. Denn um eine 3D Karte zu machen, müssen wir nicht nur wissen, in welcher Richtung die Galaxien sind, sondern auch, wie weit sie weg sind", so Rix.
Himmelskarte als "astronomische Schatztruhe"
Die beiden Messgeräte sitzen hinter einem 1,20 Meter-breiten Spiegel, durch den das sichtbare und das Infrarotlicht aus dem Universum eingefangen werden. Sechs Jahre lang soll Euclid mit diesem Spiegelteleskop das Universum scannen, bis es ein Drittel der Himmelskugel abgedeckt hat. Die Ebene, in der die Milchstraße liegt, ist zu hell und dicht, um Licht aus weiter Ferne hindurchzulassen. Euclid richtet seinen Spiegel also vor allem in die sehr dunklen Bereiche unseres Nachthimmels. Trotzdem wird die dreidimensionale Karte auch für viele weitere astronomische Untersuchungen zum Einsatz kommen.