Frauen, Schwarze, Schwule

Was bedeutet die Löschung historischer Archivbilder in den USA?

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Stefan Troendle
Stefan Troendle, Reporter und Redakteur bei SWR Wissen aktuell und SWR Kultur Impuls.
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Lilly Zerbst
Portraitbild der Reporterin Lilly Zerbst.

Schwarze Soldaten und erfolgreiche Frauen: Die Trump-Regierungen hat solche Archivbilder in den USA gelöscht. Ein "Versuch, weiße, männliche Vorherrschaft durchzusetzen", sagt ein Medienexperte im Gespräch mit dem SWR.

Hintergrund der großen Lösch-Aktion ist das Vorgehen des US-Präsidenten Donald Trump gegen Diversität, Gleichheit und Inklusion - also gegen Frauen, Schwule, Lesben oder Transgender, gegen Minderheiten, gegen Behinderte.

"Gay" im Namen: Löschung von Atombomber-Fotos

Die Enola Gay war das Flugzeug, das am 6. August 1945 die erste Atombombe der Welt abgeworfen hat – auf Hiroshima. Die nach der Mutter des Piloten getaufte Maschine ist aus den staatlichen US-Archiven verschwunden, wohl weil der Begriff "gay" auch schwul bedeutet.

Archivbilder von Indigenen im Kriegsdienst ebenfalls betroffen

In den USA läuft eine gigantische Zensuraktion - nachträglich. Der Züricher Medienwissenschaftler Professor Roland Meyer sagt, man kommt kaum hinterher:

"Es wurden wohl auch Bilder der Navajo Code-Talkers gelöscht. Das sind jene Native Americans, die im zweiten Weltkrieg für die Armee geheime Botschaften verschlüsselt haben, einfach aufgrund ihrer ganz besonderen Sprachkenntnisse. Da wurde die Seite allerdings nach Protesten wohl wieder online gestellt."

Navajo Code-Talker Thomas Begay (links) zusammen mit seinem Sohn. Archivbilder, die das indigene Volk im Kriegsdinst zeigen, sind von der Löschung in den USA betroffen.
Navajo Code-Talker Thomas Begay (links) zusammen mit seinem Sohn. Archivbilder, die das indigene Volk im Kriegsdienst zeigen, sind von der Löschung in den USA betroffen.

Gegen Diversität, Gleichheit und Inklusion

Auch viele Fotos von Schwarzen Kriegshelden verschwinden und Forschungsanträge werden auf vermeintlich verdächtige Begriffe gescannt – immer geht es um Diversität, Gleichheit und Inklusion.

"Und auch von den Webseiten der Regierungsbehörden verschwindet alles Mögliche - alles, was nur entfernt mit der Sichtbarmachung von Frauen, von Schwulen, von Schwarzen zu tun hat. (...) De facto ist das tatsächlich der Versuch, weiße, männliche Vorherrschaft durchzusetzen auf allen Ebenen und mit sehr radikalen Mitteln."

Die Trump-Regierung versuche durch die Löschung der Archivbilder in den USA, eine "weiße, männliche Vorherrschaft" durchzusetzen, so Medienexperte Roland Meyer.
Die Trump-Regierung versuche durch die Löschung der Archivbilder in den USA, eine "weiße, männliche Vorherrschaft" durchzusetzen, so Medienexperte Roland Meyer.

Wie ist KI betroffen?

Die Säuberung der Archive birgt aber noch eine andere Gefahr sagt Roland Meyer: sie verändert die Trainingsgrundlage für die ohnehin schon männlich dominierte künstliche Intelligenz.

"Diese Bildgeneratoren haben ja ohnehin schon ein massives Problem mit rassistischer und sexistischer Diskriminierung. Das sind Klischee-Maschinen, die aber tatsächlich auch Stereotype sehr stark wiederholen und verstärken."

Beim Befehl "Zeig mir einen Soldaten" wäre dieser dann mit ziemlicher Sicherheit weiß.

KI mit Ideologie? Beliebt bei Musk, Trump und Co: Tickt die Bild-KI rechts?

Die AfD liebt Bild-KIs. Ebenso die autoritäre Rechte in den USA. Den Bildwissenschaftler Roland Meyer wundert das nicht. Zwischen beidem gebe es eine ideologische Affinität.

Medienexperte: Daten sollen auf ausländischen Servern gerettet werden

Unklar ist: Was verschwindet vorübergehend von den Websites und was wird tatsächlich dauerhaft gelöscht? Roland Meyer sagt, dass die berühmte Internet-Archive-Datenbank aus Kaliforniern damit beginnt, ihre Server in Kanada zu spiegeln – zur Sicherheit. Er selbst befürwortet Archive, die in Europa angesiedelt sind. Der Grund:

"Hier wird, wie es auch in totalitären Systemen auch zu beobachten ist, Geschichte umgeschrieben. Und eben auch Verhinderung und Behinderung von Forschung, die Vernichtung von Wissen. Das ist erschreckend", sagt der Züricher Medienwissenschaftler Professor Roland Meyer.

Geschichte Frauen, Schwarze, Schwule: US-Behörden löschen Fotos aus Archiven

Der Atombomber Enola Gay, schwarze Soldaten oder erfolgreiche Frauen: US-Behörden löschen offenbar Archiv-Bilder, die nicht zur Politik von Donald Trump passen. Er hat bereits viele Programme gestrichen, die sich für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion einsetzen.
Stefan Troendle im Gespräch mit Medienwissenschaftler Prof. Roland Meyer, Uni Zürich