Die Infektionszahlen sind auch in Deutschland derzeit auf Rekordniveau. Die deutlich ansteckendere Omikron-Variante breitet sich immer mehr aus. Dabei hat sich gezeigt: Auch Geimpfte können sich infizieren.
Insgesamt ist das Risiko für einen schweren Verlauf bei einer Omikron-Infektion geringer – was bereits erste Studien aus den USA und Portugal in großen Analysen beobachtet haben. Das Risiko für eine Krankenhauseinweisung nach einer Omikron-Infektion hat sich demnach mehr als halbiert. Da stellt sich vielleicht die Frage: Was bringen überhaupt noch Impfungen? Reicht es nicht aus, wenn man sich möglicherweise willentlich mit Corona infiziert und damit „immunisiert?“
Infektion auch bei Geimpften möglich
Klar ist: Durch die Impfung bilden sich Antikörper gegen das Coronavirus. Vor allem die Antikörper in Rachen und Nase können die Omikron-Variante aber schlecht erkennen. Die Folge: Auch Geimpfte können sich leicht mit der Omikron-Variante infizieren: Der zweite Teil des Immunsystems, bei dem sich Gedächtniszellen bilden, kann die Variante noch immer rechtzeitig erkennen und schwere Verläufe verhindern. Deshalb schütze die Impfung laut Prof. Christine Falk von der Deutschen Gesellschaft für Immunologie noch immer vor einem schweren Verlauf – auch im Falle einer Omikron-Infektion.
Impfung schützt relativ gut vor schweren Verläufen
“Wer geimpft ist, kann sich auch gut geschützt fühlen - vor allem vor einem schweren Verlauf. Wer noch nicht geimpft ist, hat noch immer das Risiko, dass man nicht genau sagen kann, wie diese Infektion genau ausgeht”, sagt die Immunologin Prof. Christine Falk.
Auch die geschäftsführende Oberärztin und Leiterin des Freiburger Labors für Infektionsserologie Dr. med. Daniela Huzly bestätigt das. "Wir haben inzwischen gelernt, dass wir nicht mit einem einzelnen Kontakt mit einem SARS-Coronavirus schon eine sichere Immunität aufbauen, sondern dass es dafür mehrere Kontakte braucht. Idealerweise natürlich in Form der Impfung und nicht in Form der Infektion."
Bei den über-60-Jährigen schützen die Impfungen laut Robert Koch-Institut derzeit zu 93 Prozent vor einem schweren Verlauf. Diese Impfeffektivität wird aus den Klinikdaten der vergangenen vier Wochen berechnet.
Auch Infektion mit Omikron birgt Risiken
Weil sich in der Lunge Omikron etwa zehn Mal langsamer ausbreitet als die früheren Varianten, sind schwere Verläufe insgesamt seltener. Aber ein Restrisiko bleibt. Selbst milde Krankheitsverläufe könnten vor allem für bislang Ungeimpfte ein Problem sein. Eine Studie des Uniklinikums Hamburg deutet darauf hin, dass es auch bei scheinbar harmlosen Corona-Infektionen zu Organschäden kommen könnte.
Des Weiteren führen milde Verläufe zu einer geringeren Immunantwort, so dass einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass eine milde Omikron-Infektion eventuell gar keine effiziente Immunität hinterlässt.
Außerdem wisse man noch nichts über Long Covid nach einer Omikron-Infektion, betont Prof. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie am Klinikum Schwabing in München. Er warnt: Ein milder Verlauf sei nicht automatisch harmlos. Eine israelische Studie hat gerade gezeigt, dass Geimpfte viel seltener an Spätfolgen einer Infektion leiden als Ungeimpfte.
Ungeimpfte sind nach einer Omikron-Infektion schlechter geschützt
Wer geimpft ist, hat womöglich auch langfristig einen Vorteil: Denn Ungeimpfte, die sich jetzt in der Omikron-Welle zum ersten Mal infizieren, sind vor früheren Coronavarianten nur schlecht geschützt. Darauf weisen mehrere Laborstudien hin. Das heißt: Das Immunsystem lernt also nur die mildere Omikron-Variante kennen.
Eine Omikron-Infektion führt laut dem Virologen Christian Drosten zu keinem ausreichenden Immunschutz vor den älteren Virusvarianten. Bisher hätten die Virusvarianten alle einen gegenseitigen Kreuzschutz hervorgerufen. "Und jetzt bei Omikron sieht man erstmalig, dass das nicht mehr so ist”, sagte Drosten im NDR-Podcast Coronavirus Update. Ungeimpfte und Menschen, die sich jetzt zum ersten Mal mit dem Coronavirus infizieren, sind demnach langfristig vor anderen Virusvarianten schlechter geschützt.
Immunschutz breiter bei Geimpften
Geimpfte dagegen können sich jetzt zwar leicht mit der Omikron-Variante infizieren. Die Impfungen schützen aber auch vor den früheren Varianten, die in ähnlicher Form in Zukunft nochmal zurückkommen könnten. Geimpfte haben also einen breiteren Immunschutz gegenüber Coronaviren als Ungeimpfte. Dazu die Immunlogin Christine Falk:
Für die Immunologin sei es am besten, erst geimpft zu sein und sich dann Omikron einzufangen. So entstehe eine langfristige Immunität. Diese langfristige Immunität durch die Impfungen könnte wichtig werden, wenn womöglich weitere besorgniserregende Varianten entstehen. Ob und wie wahrscheinlich solche Varianten nochmal entstehen, lässt sich nicht vorhersagen, es ist aber auf jeden Fall im Bereich des Möglichen.
Die geschäftsführende Oberärztin und Leiterin des Freiburger Labors für Infektionsserologie Dr. med. Daniela Huzly beschreibt auch die Möglichkeit, dass diese Viren sich dann hocheffizient vermehren und gleichzeitig eine starke Erkrankung auslösen könnten. Daher wäre es ideal, wenn davor die Bevölkerung bereits immunisiert wäre gegen Sars-CoV-2-Viren. Sie empfiehlt allen sich boostern zu lassen, damit man keine Befürchtungen mehr haben muss vor den nächsten Mutationen.