Vor dem Hintergrund eines durch den Klimawandel verursachten Anstiegs der Zeckenpopulation in Deutschland fand an der Universität Stuttgart-Hohenheim vom 26. bis zum 28. Februar der 7. Süddeutsche Zeckenkongress statt.
Zwar seien die Fälle der gefährlichen, durch die Zecken übertragene Infektionskrankheit FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) von 2022 bis 2023 leicht zurückgegangen. Doch die Zeckenpopulation unterliege einer Wellenbewegung mit einer Frequenz von bisher drei Jahren. Die langfristige Tendenz zeige deutlich steigende Zahlen. Und in den letzten Jahren habe sich diese Frequenz von drei auf zwei Jahre verkürzt, so die Experten.
Der Winter als Zecken-Regulativ fiel die letzten Jahre aus
Der Klimawandel greift massiv in die Entwicklung der Zeckenpopulation ein. Führten früher kalte Winter zu einem Absterben eines großen Teils der Zeckenpopulation, so sind die Zecken als Überträger von FSME mittlerweile ganzjährig aktiv. Auch das Ausbreitungsgebiet in Deutschland hat sich ausgeweitet.
Waren früher praktisch ausschließlich Bayern und Baden-Württemberg von den mit FSME infizierten Zecken betroffen, so trifft man die FSME-übertragenden Spinnentiere mittlerweile in allen Bundesländern an. In den Mittelgebirgen hat sich das Vorkommen von früher bis 500 Metern Höhe heute fast bis auf 1000 Meter erweitert.
Infizierte Zecken in „Naturherden“
Bei weitem nicht alle Zecken tragen das FSME-Virus in sich, erklärt die Parasitologin Ute Mackenstedt von der Universität Stuttgart Hohenheim. Vielmehr fänden sich die infizierten Zecken in aller Regel in „Naturherden“, die nicht größer seien als ein halbes Fußballfeld.
Warum sich hier die virentragenden Blutsauger konzentrierten und ein paar Meter weiter eine „gesunde“ Zeckenpopulation lebe, darauf habe die Forschung bisher keine Antwort. Doch ein Anstieg der Zahl dieser „Naturherde sei zu beobachten. Waren es 2007 noch acht solcher Herde im Kreis Ravensburg so lag die Zahl 2023 bereits bei 25.
FSME – eine gefährliche Krankheit
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis ist eine durch Viren verursachte Infektionskrankheit. Sie kann eine Entzündung des Gehirns und des Rückenmarks bewirken. Die Viren befinden sich im Speichel der Zecken. In Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit, nach einem Zeckenstich daran zu erkranken, bei ein bis zwei Prozent.
Nach ca. zehn Tagen Inkubationszeit leiden die Infizierten unter grippeähnlichen Symptomen. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen kommt es nach einer vorübergehenden Besserung zu einer zweiten Krankheitsphase. Bei schweren Verläufen treten Koordinationsstörungen, Sprech- und Bewusstseinsstörungen und epileptische Anfälle auf. In einem Prozent der Fälle verläuft die Krankheit tödlich.
Infektionszahlen höher als bisher angenommen
Für besondere Aufmerksamkeit auf dem Zeckenkongress sorgt eine Studie des Mikrobiologen Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Er hat Proben von 2200 gesunden Blutspendern aus einem Risikogebiet in Bayern auf Antikörper gegen FSME untersucht.
Mit 125 Personen lag die Zahl der Personen, die offenbar eine FSME-Infektion durchgemacht hatten, um ein Vielfaches über dem erwarteten Wert. Offenbar machen sehr viel mehr Menschen als bisher vermutet eine FSME-Erkrankung mit nur milden oder gar keinen Symptomen durch, sodass die FSME-Infektion nicht erkannt wird.
Impfung empfohlen
Für die Frühsommer-Meningoenzephalitis gibt es keine ursächliche Behandlung. Medizinische Maßnahmen können lediglich darauf abzielen, die Symptome zu lindern. In Apotheken und Hausarztpraxen finden sich Hinweise, wenn die entsprechenden Regionen als Risikogebiete eingeschätzt werden. Das Robert Koch-Institut empfiehlt dann eine Impfung gegen FSME. Vor allem für Personen, die sich viel in freier Natur aufhalten und für Personen über 60.