Ob man sogar Desinfektionsmittel spritzen könnte, um das neuartige Coronavirus zu bekämpfen – diese Frage warf US-Präsident Trump im April in den Raum. Dass seine Ärzte während seiner eigenen Infektion mit dem Virus darauf verzichtet haben, ist offensichtlich, denn er scheint wieder gesund und munter zu sein. Berichten zufolge wurde er mit Remdesivir und einer Antikörper-Therapie behandelt. Eigenen Aussagen zufolge nahm er vor seiner Infektion prophylaktisch Hydroxychloroquin.
Was wir über Corona-Medikamente wissen
Mit Hochdruck wird weltweit an Medikamenten gegen Corona geforscht. Die meisten Kandidaten wurden allerdings im Kampf gegen andere Viren entwickelt. Erkenntnisse bezüglicher ihrer Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 erlangen wir nur langsam.
Die WHO veröffentlichte nun Zwischenergebnisse der großangelegten Solidarity-Studie auf einem Preprint-Server – das heißt, die Ergebnisse wurden noch nicht von anderen Wissenschaftlern auf mögliche Fehler überprüft. Im Fokus der WHO sind dabei vier Medikamente:
- Remdesivir, ursprünglich im Kampf gegen Ebola entwickelt,
- Hydroxychloroquin, ein Malariamittel,
- Lopinavir in Kombination mit Ritonavir, zwei HIV-Medikamente,
- und Interferon.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass keines der Medikamente einen großen Einfluss auf den Verlauf oder die Sterblichkeit einer Corona-Infektion hat. Eine Studie der Nationalen Gesundheitsinstitute der USA kommt immerhin zu dem Schluss, dass Remdesivir den Krankenhausaufenthalt bei schweren Verläufen von 15 Tagen auf zehn verkürzt. Die Studie bestätigt allerdings die Ergebnisse der WHO insofern, dass das Medikament keinen nennenswerten Einfluss auf die Sterblichkeit habe.
Medikamente nicht vollkommen nutzlos
Die großangelegte britische RECOVERY-Studie kam bereits im Juli zu dem Schluss, dass Dexamethason – ein Medikament, das eine Überreaktion des Immunsystems verhindern soll – die Sterblichkeit bei Patienten verringert, die beatmet werden müssen – allerdings nicht bei Patienten, die keinen Sauerstoff benötigen. Ein Vorteil von Dexamethason: Der Patentschutz dieses Medikaments ist bereits abgelaufen und es sind viele kostengünstige Generika auf dem Markt.
Aussichtsreich, aber noch ohne nachgewiesene Wirkung, ist die auch die Behandlung mit Antikörpern. Diese können aus dem Blut von bereits genesenen Patienten gewonnen werden. Im Blut von Infizierten wirken sie dann wie körpereigene Antikörper: Sie docken an das Virus an und hindern es so daran in Zellen einzudringen. Dabei werden vor allem solche Antikörper eingesetzt, die besonders wirksam sind – vielleicht wirksamer als die, die vom Immunsystem der Infizierten selbst produziert werden.
Die Firma Boehringer aus Ingelheim arbeitet zusätzlich an mehreren Wirkstoffen. Sie sind hauptsächlich in der Antikörper-Forschung tätig und haben ein Medikament erprobt, welches bei akuter Atemnot eingesetzt werden soll.
Antivirale Therapien sind kein Heilmittel
Dass antivirale Therapien grundsätzlich nicht die Lösung gegen Virus-Krankheiten sind, zeigt das Beispiel des humanen Immundefizienz-Virus HIV– seit fast 40 Jahren gilt es als pandemisch. Eine der wenigen Waffen, die wir im Kampf gegen HIV haben, ist die antivirale Therapie. Es ist zwar keine wirkungslose Waffe – in vielen Fällen kann die Viruslast soweit gesenkt werden, dass eine Übertragung nicht mehr möglich ist und AIDS sich nicht oder erst sehr spät manifestiert. Aber die Therapie ist kein Heilmittel – sie muss ein Leben lang fortgeführt werden.
Ein Grund dafür: Es gibt keine viruziden Medikamente, also Medikamente, die Viren im Körper unschädlich machen, sondern nur virostatische, die die Ausbreitung im Körper verlangsamen und im besten Fall stoppen sollen. Das funktioniert zum Beispiel dadurch, dass die Medikamente das Virus daran hindern, in die Zelle einzudringen oder sich in der Zelle zu vermehren. Bei bakteriellen Infektionen ist das anders: Antibiotika töten die Erreger ab. Bei Viren kann das nur das Immunsystem selbst.
Forschende arbeiten zusätzlich an Medikamenten, wie Nafamostat. Diese Arzneimittel hemmen bestimmte Enzyme – sogenannte Proteasen. Die braucht das Coronavirus, um in Zellen einzudringen.
Nur Impfung kann Ausbreitung stoppen
Medikamente gegen Corona sind also wie ein Löschwasserschlauch im Kampf gegen einen Waldbrand – mal hier, mal da wird vielleicht ein Haus vor den Flammen gerettet. Aber nur eine Schneise, die in den Wald geschlagen wird, kann die Ausbreitung stoppen – und das ist in dieser Metapher ein Impfstoff. Denn nur wenn genügend Menschen immunisiert werden, kann die Ausbreitung effektiv gestoppt und Menschenleben gerettet werden.